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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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ihm einen kernigen Charme. Sein Auftreten war kämpferisch. Man ahnte, dass er selten lachte, wenig redete und nicht bemüht war zu gefallen. Er ging wohl auf die vierzig zu. Das markante, klar geschnittene Gesicht zeugte von Ehrenhaftigkeit, Pflichtbewusstsein und der Furchtlosigkeit derer, die alle Übel der Welt bereits kennengelernt haben. Einem kleinen Mädchen aber, das auf dem Schoß seiner Mutter saß und ihre Patschehändchen in eine Schale steckte, um sich dann mit Marmelade zu beschmieren, schenkte er einen freundlichen Blick.
    Leprat ließ die Tür hinter sich zufallen. Als er durch die Gaststube schritt, klirrten die Sporen an seinen eisenbeschlagenen Stiefel leise. Allen, an denen er vorbeiging, fiel der einzigartige Degen an seiner Seite auf. Griff und Korb ragten aus dem Futteral und schienen aus einem Stück gefertigt zu sein. Das Material hatte den milden Glanz geschliffenen Elfenbeins.
    Es war ein weißes Rapierschwert.
    Das genügte, um allseits Aufmerksamkeit zu erregen. Man stieß einander diskret mit dem Ellbogen an, und bei vielen wich die Neugier der Furcht.
    Leprat wählte einen kleinen freien Tisch. Dort saß er mit dem Rücken zu einem Fenster, durch das er mit einem Blick über die Schulter den Hof im Auge behalten konnte.
    Der Wirt, mit strähnig-fettigem Haar und einer fleckigen
Schürze über dem beachtlichen Bierbauch, eilte auf ihn zu. »Willkommen, mein Herr. Zu Euren Diensten.«
    »Bringt mir Wein«, sagte Leprat und legte seinen Hut und das Rapier neben sich auf den Tisch. Nachdem er einen schnellen prüfenden Blick auf das Geflügel geworfen hatte, das sich am Spieß über der Feuerstelle drehte, fügte er hinzu: »Und eines des Brathähnchen dort. Und auch etwas Brot.«
    »Sofort, mein Herr. Eine furchtbare Hitze, nicht war? Viel zu heiß zum Reisen. Man glaubt sich schon im Sommer.«
    »Mhm.«
    Der Wirt verstand, dass dieses Gespräch damit beendet war, und trollte sich, um die Bestellung an eine Dienstmagd weiterzugeben.
    Das Essen ließ nicht lange auf sich warten, und Leprat nahm es hastig und ohne den Blick vom Teller zu heben zu sich. Seit dem Vorabend war er ohne Pause geritten und spürte nun, dass er nicht nur erschöpft, sondern auch richtiggehend ausgehungert war. Noch dachte er nicht an die Rückenschmerzen, die ihn quälen würden, sobald er erst einmal seinen Hunger gestillt hätte. Schon vor drei Tagen war er mitten in der Nacht in Brüssel aufgebrochen. Seither eilte er von Etappe zu Etappe, denn er wollte noch heute Abend in Paris eintreffen.
    Der Hund, der auch ihn begrüßt hatte, schlug erneut an.
    Leprat warf einen Blick über die Schulter aus dem Fenster und sah eine Gruppe Reiter auf den Hof kommen. Er erkannte sie sogleich wieder, denn er war schon an der Grenze zwischen Frankreich und den spanischen Niederlanden ihrem Hinterhalt entkommen und hatte angenommen, dass er sie später bei Amiens abgehängt hätte.
    Er hatte sich wohl getäuscht.

    Gelassen winkte er die Saalmagd herbei. Sie hatte braunes Haar, war mehr als rundlich und sah dem Wirt so ähnlich, dass es sich um seine Tochter handeln musste.
    »Sie wünschen, mein Herr?«
    »Schließt doch bitte die Vorhänge.«
    Das Mädchen zögerte, denn es gab nur das eine Fenster, durch das Licht in die Wirtsstube fiel.
    »Schließt die Vorhänge!« Leprat beharrte darauf.
    »Wie der Herr wünschen.«
    Sie kam seinem Wunsch nach und zog die Vorhänge zu. Plötzlich lag die Gaststube im Halbdunkel. Doch als die anderen Gäste sahen, auf wessen Geheiß das Mädchen gehandelt hatte, wagte sich niemand zu beschweren.
    »Bitte sehr, mein Herr.«
    »Seht Ihr die Frau mit der weißen Haube? Die, die das kleine Mädchen auf dem Schoß hält?«
    »Ja.«
    »Schafft sie hier heraus. Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Sagt der Mutter, es drohe Gefahr, und sie möge sich zur Sicherheit des Kindes unverzüglich zurückziehen.«
    »Aber, mein Herr, wie …«
    »Tut, was ich sage.«
    Eingeschüchtert fügte sich die junge Frau. Leprat beobachtete, wie sie sich diskret mit der Mutter verständigte. Diese runzelte besorgt die Stirn, schien aber unentschlossen …
    … zumindest, bis sich die Tür öffnete.
    Als sie sah, wer da hereinkam, zögerte sie nicht mehr und beeilte sich, mit dem Töchterchen auf dem Arm hinter der Saalmagd in der Küche zu verschwinden.
    Eine Gruppe furchterregender Haudegen polterte herein, und sie schienen daran gewöhnt zu sein, Angst und Schrecken
zu verbreiten. Sie waren mit Degen bewaffnet,

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