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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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war geschwängert von den Ausdünstungen ungewaschener Körper, betrunkener Kehlen, dichtem Tabakrauch und den übel riechenden Relikten, die an den Sohlen von Füßen hafteten, die sich in den dreckigen Ecken von Paris herumgetrieben hatten. Hier sprach jeder lauthals. Dadurch waren alle anderen dazu genötigt, ebenfalls die Stimme zu erheben, um sich Gehör zu verschaffen, und es herrschte ein fast ohrenbetäubendes Geschrei. Hier betrank man sich aus gutem Grunde. Gelächter erschallte, und schnell brachen Querelen aus, die dann ebenso rasch wieder beigelegt wurden. Gelächter kommentierte die Faxen der Betrunkenen. Auf Bestellung gab ein Leierspieler beliebte Melodien zum Besten, und von Zeit zu Zeit zeugte Jauchzen und Klatschen vom flüchtigen Glück beim Würfelspiel.
    Auch wenn es nicht so schien, Saint-Lucq hatte seine Augen überall.
    Er beobachtete, wer aus der kleine Pforte am oberen Ende der Treppe trat, wer durch die Tür ging, die dem Wirt und den Animiermädchen vorbehalten war, wer sich zu wem gesellte und wer allein am Tisch blieb. Doch er starrte dabei niemanden an und wich den Blicken der Vorbeigehenden flink aus. Allerdings interessierte sich sowieso kaum jemand für ihn, und genau das hatte er beabsichtigt, als er in diesem dunklen Winkel des Wirtshauses Platz genommen hatte. Er lag auf der Lauer und achtete auf jede Veränderung, die Gefahr bedeuten könnte. Alles war verdächtig: zwei scheinbar
Fremde, die sich zuzwinkern, ein schäbiger Mantel, unter dem eine erstklassige Waffe hervorblitzt, eine fingierte Fehde, die nur der Ablenkung dient. Saint-Lucq entging nichts. Er wusste, dass die Welt ein einziges großes Täuschungsmanöver war, in der sich der Tod im Gewand des Alltäglichen verbarg und jeden Augenblick zuschlagen konnte. Und er war sich dessen umso sicherer, da er selbst manches Mal sein Handlanger gewesen war.
    Gleich nach seiner Ankunft hatte er einen Krug Wein bestellt, ihn aber bisher nicht angerührt. Die junge Frau, die ihn bediente, hatte ihm auch ihre Gesellschaft angeboten, doch er hatte mit einem kühlen, entschiedenen »Nein« abgelehnt. Daraufhin zog sie sich zu zwei der anderen Mädchen zurück, die sie bei ihren Bemühungen beobachtet hatten, und unterhielt sich mit ihnen. Offensichtlich hatte Saint-Lucq ihre Neugier geweckt, denn er schien ihnen zu gefallen. Er war noch recht jung, gut gekleidet und auf eine düstere Art attraktiv, die dunkle und aufregende Geheimnisse versprach. War er von Adel? Möglicherweise. Schwert und Gewand jedenfalls trug er selbstsicher, gelassen und mit Eleganz. Er hatte schöne Hände und frisch rasierte Wangen. Gewiss, seine Stiefel waren recht verdreckt. Aber sie waren aus erstklassigem Leder, und wer konnte schon von sich behaupten, er sei vor den Verunreinigungen der Pariser Straßen gefeit, sobald er aus der Kutsche stieg. Nein, wahrhaftig, dieser Kavalier, ganz in Schwarz gekleidet, hatte alles, was es brauchte, um den Frauen zu gefallen. Und dann trug er auch noch diese ungewöhnlichen roten Augengläser, die seinen Blick verbargen und ihn noch geheimnisvoller wirken ließen.
    Da Saint-Lucq eine kleine Brünette abgewiesen hatte, versuchte nun eine große Blonde ihr Glück – mit ebenso wenig
Erfolg. Die Saaldame drehte sich enttäuscht und verärgert um, zuckte mit den Schultern und kehrte zu ihren Kameradinnen zurück, denen sie zuflüsterte: »Dieser Mann kommt gerade aus dem Bordell. Oder er ist verliebt.«
    »Ich sage dir, er zieht Männer vor«, fügte die Brünette mit einem Schmollmund hinzu, der ihren gekränkten Stolz verriet.
    »Möglich«, ließ eine Dritte fallen.«Doch da er weder sein Glas noch uns anrührt – was hat er dann hier zu suchen?«
    Die beiden anderen waren sich jedoch einig, dass man nicht insistieren sollte, und Saint-Lucq, der das Geplänkel aus dem Augenwinkel beobachtet hatte, glaubte, von nun an Ruhe vor ihnen zu haben.
    Also setzte er seine Beobachtungen fort.
     
    Kurz nach Mittag betrat der, auf den Saint-Lucq gewartet hatte, die Taverne.
    Er war ziemlich groß, schlecht rasiert, hatte langes, fettiges Haar und trug einen Degen an der Hüfte. Sein Blick war voll Heimtücke. Er nannte sich Metzler und wurde von zwei zwielichtigen Gestalten begleitet, die ebenso verschlagen und brutal wirkten wie er. Sie traten an einen besetzten Tisch, der sogleich frei wurde, und noch bevor sie sich bemühen mussten, ihre Bestellung aufzugeben, eilte der Wirt bereits voll furchtsamer Aufmerksamkeit mit den

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