Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen
sich einrichten.«
Marciac ließ geknickt die Schultern hängen und machte bereits Anstalten, sich zu trollen. Doch dann drehte er sich noch einmal um und hielt Gabrielle als Friedensangebot den Ring hin, den er dem Marquis de Brévaux beim Duell abgewonnen hatte. »Ein kleines Geschenk.«
Gabrielle bemühte sich, unbeeindruckt zu wirken. Doch ihre Augen funkelten mit dem eingefassten Saphir um die Wette. »Diebesgut?«, fragte sie misstrauisch.
»Du beleidigst mich. Er wurde mir von seinem früheren Besitzer aus freien Stücken überlassen.«
»Gab es dafür auch Zeugen?«
»Jawohl. Orvand war dabei. Du kannst ihn fragen.«
»Er besucht uns nicht mehr.«
»Dann werde ich dafür sorgen, dass er bei Euch vorspricht.«
»Das ist ein Männerring.«
»Aber der Stein ist doch wunderschön.«
Das schien sie ein wenig zu erweichen. »Das ist allerdings wahr.«
Mit einem Schulterzucken und einer flinken Geste nahm Gabrielle den Ring entgegen. Dann drohte sie Marciac mit dem Finger: »Glaube nur nicht, damit sei dir schon alles vergeben!«
Erleichtert warf ihr Marciac einen schmeichelnden Blick zu. »Aber es ist doch ein Anfang, oder?«
16
In der Raststätte an der Straße nach Clermont wagte keiner der Gäste mehr zu sprechen, seit die fünf finsteren Gesellen eingetreten waren. Nur der Anführer der Truppe war in Plauderstimmung.
»Malefiz«, sagte er und strich sich die flachsfarbenen Haare hinters Ohr. »Das ist doch ein Pseudonym, das im Gedächtnis bleibt, oder etwa nicht?«
Nachdem er sich zu Leprat an den Tisch gesetzt hatte, hatte er einen Krug Wein bestellt und sich über das restliche
Hühnchen hergemacht, das dort auf den Teller lag. Seinem dreisten Gebaren zufolge musste man davon ausgehen, dass er etwas im Schilde führte.
Drei seiner Kumpane hatten sich hinter ihm aufgebaut, während der vierte, ein Draq mit schiefergrauen Schuppen, die Tür bewachte und alle Gäste in Schach hielt.
»Und dennoch sagt dir mein Name nichts«, fing Malefiz wieder an. »Weißt du auch, warum das so ist?«
»Nein«, antwortete Leprat unbeeindruckt.
»Der Grund ist einfach: Alle, denen ich mich vorstelle und die nicht zu meinen Verbündeten werden, springen über die Klinge.«
»Aha.«
»Beunruhigt dich das etwa nicht?«
»Kaum.«
Malefiz kratzte sich mit dem Fingernagel die Narbe am Mundwinkel, die seine Lippen zu einem ständigen Grinsen verzog. »Du hast recht. Denn, weißt du, heute bin ich irgendwie gnädig aufgelegt. Ich bin bereit, die Schwierigkeiten zu vergessen, die du uns bereitet hast. Ich bin sogar geneigt, dir die beiden Verluste zu verzeihen, die du uns auf der Brücke in der Nähe der Grenze beschert hast. Genauso wie das üble Spiel, das du mit uns in Amiens gespielt hast. Aber …«
»Aber?«
»Aber du musst uns sagen, was du weißt.«
Die unheilvollen Gesellen zweifelten keinen Augenblick an ihrer Überlegenheit. Sie waren schließlich zu fünft und hatten nur einen Gegner vor sich, der auf keinerlei Unterstützung hoffen konnte. Sie grinsten und warteten nur darauf, das Schwert zu ziehen.
Leprat schien sich die Sache durch den Kopf gehen zu lassen, dann sagte er: »Verstanden.«
Langsam griff er mit der linken Hand in die Innentasche seines staubigen Wamses und zog einen mit rotem Wachs versiegelten Brief daraus hervor. Er legte das gefaltete Schriftstück auf den Tisch, schob es ein wenig von sich weg und wartete.
Malefiz beobachtete ihn angespannt und mit zusammengezogenen Augenbrauen.
Doch er machte keine Anstalten, den Brief, der bereits zwei Leben gekostet hatte, entgegenzunehmen.
»Und das ist alles?«, fragte er ungläubig.
»Ja, das ist alles.«
»Du gehorchst einfach so? Du versuchst nicht einmal, dich zu widersetzen?«
»Mir scheint, ich habe genug getan. Ich werde zwar zweifelsohne dafür geradestehen müssen, aber es nützt mir ja auch nichts, wenn ihr dieses Stück Papier meinen kalten, toten Händen entreißt. Im Übrigen muss ich verraten worden sein, sonst hättet ihr mich unmöglich so schnell finden können. Irgendjemand hat euch über meine Route informiert. Ich schätze, das macht mich ein wenig freier im Umgang mit den Wünschen meiner Auftraggeber. Wer mich täuscht, dem bin ich auch nichts schuldig.«
Da der andere immer noch zögerte, fuhr Leprat fort:
»Willst du den Brief? Dann nimm ihn. Er gehört dir.«
In der düsteren Gaststube, in der nur noch das rot glühende Kaminfeuer für Licht sorgte, breitete sich angespannte Stille aus, wie in dem
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