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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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gar nicht, was sie da reden …«
    »Ich sage Euch doch, Ihr könnt ganz unbesorgt sein,« versetzte der andere und versuchte es mit einem beruhigenden Lächeln.
    »Versprecht mir wenigstens, keinen allzu großen Wirbel zu veranstalten«, bat ihn der Wirt eindringlich.
    »Ich verspreche Euch, was das betrifft, mein Möglichstes zu tun.«
    Meister Leonard wischte sich seine vor Aufregung feuchten Hände an der Schürze ab und ließ Ballardieu schweren Herzens passieren.
    Der Veteran mit dem Holzbein erblasste, als er ihn auf den Tisch zukommen sah. Seine drei Tischnachbarn aber ließen sich von seinem höflichen Auftreten täuschen.
    »Verzeiht die Unterbrechung, meine Herren …«
    »Aber ich bitte Euch, Monsieur«, sagte einer der Kaufleute. »Wie können wir Euch behilflich sein? Setzt Euch doch zu uns an den Tisch.«

    »Ich habe nur eine Frage.«
    »Wir sind ganz Ohr.«
    »Ich möchte wissen, welchem von Euch vieren ich zuerst den Schädel einschlagen soll.«

18
    Ein Geräusch weckte Saint-Lucq, der vor sich hingedöst hatte.
    Es hörte sich an wie ein unregelmäßiges, aber wiederholtes Kratzen, das manchmal ganz verstummte, nur um sich dann doch fortzusetzen. Es klang wie das Kratzen von Krallen. Krallen auf Holz.
    Das Mischblut seufzte und richtete sich im Bett auf. Es musste bereits spät am Nachmittag sein.
    »Was gibt es denn?«, fragte die junge Frau, die neben ihm lag, müde.
    »Hörst du gar nichts?«
    »Doch.«
    »Was ist das?«
    »Nichts. Leg dich wieder schlafen.« Damit drehte sie sich wieder um, wobei sie die Decke mit sich zog.
    Da er zwei, drei Stunden totschlagen musste, hatte Saint-Lucq sie in der Rue de Glatigny aufgegabelt, einem Gässchen in der Innenstadt, wo schon seit dem Mittelalter die Freudenmädchen ihrer Beschäftigung nachgingen. Er hatte ihr angeboten, sie großzügig zu entlohnen, wenn er sich bei ihr ausruhen durfte. Nachdem sie sich einig geworden waren, hatte sie ihn in ihr kleines Mansardenzimmer nahe des Palais
de Justice mitgenommen. »Du bist nicht mein Erster«, hatte sie gesagt, nachdem sie die Reptilienaugen des Mischbluts entdeckt hatte.
    Dann hatte sie sich ausgezogen.
    Eine Stunde später war sie eingeschlafen. Saint-Lucq aber hatte noch eine Weile an die Decke gestarrt, von der der Putz bröckelte. Die Gesellschaft von Prostituierten war im Grunde nicht nach seinem Geschmack, aber ihre bezahlte Gastfreundschaft hatte auch ihr Gutes – im Gegensatz zu den Hoteliers führten sie kein Gästebuch.
    Das Kratzen hörte nicht auf.
    Saint-Lucq stand auf, schlüpfte in Hose und Hemd, spitzte die Ohren und ging dann ans Fenster. Er zog den schäbigen braunen Fetzen zur Seite, der als Vorhang diente. Das Geräusch schien von dort zu kommen. Licht flutete ins Zimmer, und er erblickte die Silhouette eines kleinen schwarzen Draguns hinter dem Fensterglas.
    Das Mischblut war verblüfft und starrte das Reptil einen Augenblick reglos an.
    »Ist das deiner?«
    Die junge Frau, die sich Madeleine nannte, setzte sich auf, blickte mit zusammengekniffenen Lidern ins Gegenlicht und brummte: »Nein. Aber er scheint es zu glauben … Ich habe den Fehler gemacht, ihn zwei- oder dreimal zu füttern. Und jetzt kommt er immer wieder bei mir betteln.«
    Wild lebende Dragune gab es in Frankreich fast kaum noch. Doch einige, die verloren, entwischt oder von ihren Herren ausgesetzt worden waren, führten in den Städten ein Streunerleben, wie fliegende Katzen.
    »Besorg ihm etwas zu fressen«, befahl Saint-Lucq und öffnete das Fenster.

    »Ach nein! Ich will ihm beibringen, woanders zu betteln. Und das gelingt mir bestimmt nicht, wenn …«
    »Ich zahle auch dafür. Du wirst doch irgendetwas haben, das ihm schmeckt, oder nicht?«
    Madeleine, völlig nackt, erhob sich, während das Mischblut und der Dragun einander verhalten betrachteten. Die Schuppen des kleinen Reptils schimmerten im Licht der Mittagssonne.
    »Hier«, sagte Madeleine, als sie mit einem an den Ecken zusammengeknoteten Tüchlein zurückkam.
    Saint-Lucq faltete es auseinander und fand darin ein nicht mehr besonders frisches, bereits ziemlich trockenes Wurststückchen. »Ist das alles?«
    »Das ist alles«, bestätigte die junge Frau, die sich schon wieder hingelegt hatte. »Aber an der Straßenecke ist eine Garküche, wenn dir das eher zusagt …«
    Mit der flachen Hand hielt das Mischblut dem Dragun das Wurststückchen hin. Das kleine Tier zögerte, schnupperte und schnappte dann mit spitzer Schnauze nach dem Futter. Dann kaute es

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