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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Degengurt um, griff nach dem Federhut und warf sich den Mantel zusammengefaltet über die Schulter. Schon schlug die Kirchenglocke von Sainte-Opportune zur halben Stunde, und fast im selben Moment stimmte auch die Glocke der Kirche von Saints-Innocents in das Geläut mit ein.

20
    Im Freudenhaus Zum Fröschchen erwachte Marciac glücklich und zufrieden in einem ziemlich zerwühlten Bett. Er stützte sich mit einem Ellbogen auf, um Gabrielle dabei zu beobachten, wie sie sich noch halbnackt an ihrem Toilettentischchen frisierte.
    Der Anblick erfreute ihn sehr. Sie war wunderschön. Das bisschen Stoff, das sie mehr schlecht als recht verhüllte, umspielte ihren Körper so elegant wie der Faltenwurf einer antiken Statue, und das Sonnenlicht, das durch das Fenster hereinfiel, ließ ihr weiches Haar schimmern. Es schmeichelte ihrem grazilen Nacken und den runden, blassen Schultern und setzte einen bernsteinfarbenen Glanz auf ihren weich geschwungenen Rücken. Es war einer dieser perfekten Momente, in dem sich die ganze Harmonie der Welt vereinte. Im Zimmer war es still, und nur das Geräusch der Bürste, die durch weiches, glattes Haar strich, war zu hören.
    Einige Augenblicke später bemerkte Gabrielle den Blick ihres Geliebten im Spiegel. Ohne sich umzudrehen, durchbrach sie die zauberhafte Stimmung: »Du solltest den Ring besser behalten.«
    Der Gascogner betrachtete den Ring, den er im Duell gewonnen hatte. Gabrielle hatte ihn vom Finger genommen und neben ihr Schmuckkästchen gelegt.
    »Ich habe ihn dir geschenkt«, widersprach Marciac. »Da werde ich ihn doch nicht wieder zurücknehmen.«
    »Aber du brauchst ihn doch.«
    »Aber nein.«
    »Doch, um die Rabier auszuzahlen.«
    Marciac setzte sich im Bett auf. Gabrielle, die ihm immer
noch den Rücken zuwandte, fuhr scheinbar ungerührt fort, sich zu kämmen.
    »Du weißt es also.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Natürlich. In Paris spricht sich alles herum. Man muss nur ein wenig die Ohren spitzen … Bist du ihr viel schuldig?«
    Marciac antwortete nicht. Er ließ sich mit weit ausgebreiteten Armen seufzend ins Kissen fallen und starrte an den Baldachin.
    »So viel?«, fragte Gabrielle.
    »Ja.«
    »Wie ist es nur dazu gekommen, Nicolas?«
    Ihre Stimme klang vorwurfsvoll und mitfühlend zugleich – fast schon mütterlich.
    »Ich spielte ein wenig, gewann viel, und dann verlor ich das Dreifache«, erklärte der Gascogner.
    »Die Rabier ist eine bösartige Frau. Sie kann dir sehr schaden.«
    »Ich weiß.«
    »Und die Männer, die für sie arbeiten, haben Blut an den Händen.«
    »Auch das weiß ich.«
    Gabrielle hörte auf, sich zu kämmen, drehte sich zu ihm um und sah ihn ruhig, aber eindringlich an. »Du musst sie auszahlen. Reicht der Ring dafür?«
    »Es wäre ein Anfang.«
    »Dann ist es entschieden.«
    Sie lächelten einander an, sie voll Zuneigung, er voll Anerkennung.
    »Danke«, sagte er.
    »Lass uns nicht mehr daran denken.«

    »Ich müsste dich bei all meinen Entscheidungen zu Rate ziehen.«
    »Es würde schon reichen, wenn du immer genau das Gegenteil dessen tätest, was dir deine leichtfertigen Launen diktieren.«
    Lächelnd erhob sich Marciac und fing an, sich anzukleiden, während seine Geliebte ihr Untergewand anlegte – wieder so ein Anblick, von dem er sich nichts entgehen ließ.
    Da sagte Gabrielle ganz unvermittelt: »Es ist ein Brief für dich angekommen.«
    »Wann?«
    »Heute.«
    »Und weil du wütend auf mich warst«, mutmaßte der Gascogner, als er in seine Schuhe schlüpfte, »hast du ihn verbrannt.«
    »Nein«
    »Aber zerrissen?«
    »Nein.«
    »Nicht einmal zerknüllt?«
    »Du gehst mir langsam auf die Nerven, Nicolas!«, rief Gabrielle.
    Sie hatte fast geschrien und blickte nun wie versteinert vor sich hin.
    Da solche Neckereien zwischen ihnen ganz üblich waren, konnte er sich ihre heftige Reaktion kaum erklären. Mit nacktem Oberkörper stand er da und sah die Frau, die er liebte, eindringlich an. Da bemerkte er ihre Angst.
    »Was hast du, Gabrielle?«
    Mit den Fingern wischte sie sich unauffällig eine Träne vom Gesicht. Er trat hinter sie und nahm sie zärtlich ihn die Arme.

    »So sag es mir doch«, flüsterte er.
    »Verzeih mir. Hier, nimm.«
    Marciac griff nach dem Brief, den sie ihm hinhielt, und als er das rote Wachssiegel erkannte, verstand er, was sie so aufgewühlt hatte.
    Es war das Siegel des Kardinals.
    »Ich hatte geglaubt …«, sagte Gabrielle mit erstickter Stimme, »ich hatte geglaubt, dieser Abschnitt deines Lebens

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