Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen
mit einem Scheit zu, das er von einem Holzstoß entwendet haben musste. Almadès hob seinen Degen, um den Schlag abzufangen. Das Scheit traf die Glocke des Rapiers so heftig, dass dem Spanier die Waffe aus der Hand flog. So kam es zum Faustkampf zwischen den beiden Männern. Sie rangen verbissen miteinander, schleuderten sich gegen Hauswände und stießen einander zu Boden. Dann rammte Almadès seinem Widersacher das Knie in die Seite.
Malefiz ließ zwar von ihm ab, schaffte es dabei aber noch, ihm eins mit dem Holzscheit überzuziehen. Benommen geriet der Spanier ins Taumeln und wich stolpernd zurück. Sein Blick verschwamm, und in seinen Ohren begann es zu rauschen. Ihm war, als würde der Boden unter seinen Füßen schwanken.
Er ahnte bereits, dass Malefiz gleich zum Degen greifen würde.
Er ahnte auch, dass der tödliche Stoß kurz bevorstand. Dann sank er kraftlos und geschlagen zu Boden.
Wie durch Watte hörte er einen Schuss.
Malefiz brach zusammen.
Zehn Meter von ihnen entfernt stand La Fargue und hielt eine Waffe im Anschlag. Aus ihrem Lauf quoll Rauch.
15
Drei Reiter warteten an der Place de la Croix-du-Trahoir , einer einfachen Kreuzung in der Nähe des Louvres, dort, wo die Rue de l’Arbre-Sec die Rue Saint-Honoré kreuzte. Schweigend und regungslos standen sie neben dem Springbrunnen mit dem Kreuz, dem der Platz seinen Namen verdankte. Einer von ihnen war ein hochgewachsener Mann mit blassem Teint und einer auffälligen Narbe an der Schläfe. Nicht jeder erkannte in ihm gleich den Grafen von Rochefort, Richelieus dunklen Schatten. Doch sein finsteres Gebaren bereitete den Passanten unübersehbar Unbehagen.
Da fuhr eine Kutsche ohne Wappen vor, gezogen von einem stattlichen Gespann. Sie hielt vor den Männern.
Rochefort stieg vom Pferd, übergab die Zügel einem seiner Begleiter und sagte: »Wartet hier auf mich.«
Dann stieg er in die Kutsche, die alsbald davonfuhr.
Die ledernen Vorhänge waren zugezogen, so dass es im Inneren des Wagens recht düster war. Doch zu beiden Seiten der Sitzbank brannten zwei weiße Wachskerzen. Auf der Bank saß ein sehr eleganter Edelmann. Dichtes langes Haar, das an den Schläfen bereits leicht ergraute, fiel ihm auf die Schultern, und er trug ein Wams aus Brokat, dessen Glanz von einer Achselschnur aus Gold unterstrichen wurde. Er zählte an die fünfzig Jahre, damals bereits ein respektables Alter, aber er war noch immer kräftig und voller Schwung, ja, sein Charme hatte sogar mit den Jahren zugenommen. Der Bart war akkurat gestutzt, und auf den Wangenknochen zeichnete sich eine kleine Narbe ab.
Der Mann, der neben ihm saß, machte dagegen keine besonders gute Figur.
Er war klein, glatzköpfig und einfach gekleidet. Er trug einen braunen Rock, weiße Hosen und Schnallenschuhe, und hielt sich untertänig im Hintergrund. Zwar schien er kein Diener zu sein, aber wohl ein Untergebener, ein Bürgerlicher, der sich durch Eifer und Arbeit über seinen Stand erhoben hatte. Er musste zwischen dreißig und fünfunddreißig sein. Sein Gesicht war eines von denen, die nicht auffielen – und selbst wenn man ihn wahrnahm, vergaß man ihn sofort wieder.
Rochefort nahm ihnen gegenüber Platz.
»Beunruhigt Euch etwa Ignacio? Vergesst ihn einfach. Er zählt nicht. Er ist eigentlich gar nicht da.«
»Nun gut … Der Kardinal lässt Euch wissen, dass die Klingen nun bereitstehen.«
»Schon?«
»Ja. Alles war längst vorbereitet. Es galt nur noch, ihre Antworten auf den Aufruf abzuwarten.«
»Auf die sie nicht lange haben warten lassen, nehme ich an … Und La Fargue?«
»Er hat den Befehl übernommen.«
»Gut. Was weiß er?«
»Er weiß, dass er einen gewissen Chevalier d’Irebàn finden soll, dessen Verschwinden in Madrid Besorgnis hervorgerufen hat, weil er der Sohn eines spanischen Granden ist.«
»Das ist alles?«
»Wie Ihr es angeordnet hattet.«
Pontevedra nickte und dachte einen Moment nach. Der Schein einer Kerze fiel auf sein Profil. »Das Wichtigste ist, dass Hauptmann La Fargue nicht die wahren Gründen für dieses Manöver erfährt«, sagte er schließlich.
»Ihre Eminenz wird dafür sorgen.«
»Wenn er erführe, dass …«
»Darüber müsst Ihr Euch keine Sorgen machen, Graf. Euer Geheimnis ist sicher. Allerdings …« Rochefort ließ seinen Satz in der Luft hängen.
»Ja, was denn?«, drängte Pontevedra.
»Allerdings müsst Ihr wissen, dass der Erfolg der Klingen nicht garantiert ist. Und für den Fall, dass La Fargue und seine Männer
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