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Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Titel: Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag , Lynn Vincent
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zu wohnen. Das ist das Tolle am Segeln – man trifft überall supernette und interessante Leute. Schnell werden aus Fremden Freunde, verbunden durch die gemeinsame Liebe zum Meer. Zum Abschied schenkte mir der Norweger das Buch
Der kleine Hobbit
von J. R. R. Tolkien, als Lektüre für meine langen, einsamen Tage auf See.
    Am 1. November verließen wir den Hafen von Newport und segelten los, vor uns eine Wetterfront. Die
Wild Eyes
zu segeln – bei dem Wetter und bei wechselndem Wind – war zuerst etwas gewöhnungsbedürftig, doch allmählich lernten wir sie immer besser kennen. Dann, als wir das offene Meer erreicht hatten, war sie ganz in ihrem Element, und das Segeln mit ihr war einfach traumhaft!
    Am zweiten Tag frischte der Wind ziemlich auf. Wir flogen mit ihr über die hohe Dünung und surften die Wellentäler hinunter – es war der absolute Wahnsinn!
    Alles in allem reagierte die
Wild Eyes
sehr sensibel. Zwar war sie etwas „kippelig“, aber sie ließ sich gut am Wind segeln. Wenn man in einer Bucht segelt, verliert man manchmal durch Kreuzen fünf bis zehn Meilen an Geschwindigkeit. Doch wenn man auf offener See weite Distanzen zurücklegt, bleibt die Segelstellung manchmal für lange Zeit dieselbe. Starke Winde waren für die
Wild Eyes
kein Problem. Und sie war niemals nachtragend, sondern verzieh großzügig unsere Fehler. Bei starken Böen zum Beispiel oder bei zunehmendem Wind, wenn mehr Druck auf die Segel einwirkte und es nötig war, die Segel zu reffen (das heißt die Segelfläche zu verkleinern), gab sie dem Druck nach und war leicht im Handling. Unter solchen Bedingungen werden viele Boote „leegierig“, sie fallen vom Wind ab oder drehen in den Wind und werden langsamer oder kommen ganz zum Stillstand. Doch die
Wild Eyes
war so gut konstruiert, dass sie Situationen mühelos meisterte, die andere Boote in Schwierigkeiten gebracht hätten. Je länger ich sie segelte, desto mehr verliebte ich mich in dieses Boot.
    Auf unserem Trip nach Fort Lauderdale konnte mein Vater sich endlich einmal zurücklehnen. Sonst, wenn wir mit der Familie segeln gingen, war immer er der Skipper, selbst wenn Zac und ich mitsegelten. Er trug die Verantwortung. Diesmal war es anders. Er war zwar da, wenn wir, Zac und ich, Hilfe brauchten, doch die meiste Zeit über hielt er sich im Hintergrund, wie ein guter Fahrlehrer. Er saß sozusagen auf der Rückbank und überließ uns das Steuer.
    Für mich war die Überführung eine super Gelegenheit, mich mit der
Wild Eyes
vertraut zu machen. Dabei wurde mir klar, dass sie mich voll und ganz fordern würde. Sie war zwar auf leichte und sichere Einhandbedienung konstruiert, aber sie war immer noch ein Rennboot. Ihre – für die hohen Geschwindigkeiten notwendige – große Segelfläche bedeutete auf alle Fälle auch mehr Arbeit und Konzentration. Ein schnelles Boot ist toll, aber es heißt auch, dass man schneller reagieren muss. Und wenn etwas schiefgeht, hat man nicht lange Zeit zum Überlegen. Aber ich glaube, auf unserer ersten Segeltour mit der
Wild Eyes
fasste mein Papa jede Menge Vertrauen in mich und in das Boot.
    Segler an der amerikanischen Ostküste versuchen normalerweise zu vermeiden, gegen den Golfstrom anzusegeln. Der Golfstrom ist eine warme, rasch fließende Meeresströmung, die aus dem Golf von Mexiko mit hoher Geschwindigkeit an der Küste entlang nach Norden fließt. Kommt dazu noch starker Wind auf, entstehen ganz schnell schwarze, steil aufgerichtete Wellen und kabbelige „Kreuzseen“, wenn die Wellen aus unterschiedlichen Richtungen aufeinandertreffen. Als mein Vater sah, wie problemlos die
Wild Eyes
die schwierigen Bedingungen meisterte, war er überzeugt, dass wir mit ihr eindeutig das richtige Boot für mich gefunden hatten.
    Einmal wurden wir von einem Hubschrauber der US-Küstenwache angefunkt, die auf der Suche nach einem Boot war, das ein Notsignal gesendet hatte.
    „Nein“, antwortete mein Papa. „Wir waren das nicht. Bei uns ist alles okay.“
    Nun, fast alles. Alles bis auf die Schiffstoilette. Ich habe noch keine Toilette an Bord erlebt, die nicht kaputtging. Auch die der
Wild Eyes
streikte schon am dritten Tag. Leider ließ sie sich nicht reparieren, sodass wir für die nächsten paar Tage auf die Eimermethode zurückgreifen mussten. Igitt.
    Unterwegs nach Fort Lauderdale liefen wir zwei Häfen an: Fort Pierce (um die Toilette zu reparieren, was zum Glück funktionierte!) und West Palm wegen einer weiteren Reparatur. Die Leine eines

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