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Wild und frei

Wild und frei

Titel: Wild und frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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aufgerollt und gegen die Wand gelehnt, der Boden war gefegt und geschrubbt. Die Türen von Sir Christophers Kleiderschrank standen offen und gaben den Blick frei auf die gähnende Leere darin.
    Verzweifelt lief sie von einer Ecke in die andere, sah in die Schränke, öffnete Türen und Schubladen. Alles war ausgeräumt und fortgeschafft. Es schien, als hätte Sir Christopher niemals dieses Zimmer bewohnt – fast als hätte er nie gelebt.
    Sie rannte treppab in die Küche, wo Thomas noch beim Frühstück saß, den Kopf über Haferbrei und Milch gebeugt. Er blickte auf und runzelte die Stirn, als er sie sah.
    “Mistress?”
    “Die Kammer meines Vaters – ich hatte doch befohlen, dass nichts darin angerührt werden sollte!”
    “Ja, Mistress, das habt Ihr.”
    “Warum ist der Raum dann vollkommen leer geräumt? Und wo sind die Sachen meines Vaters?”
    Thomas starrte sie an, offensichtlich verwirrt. “Aber, Mistress, das war doch Euer Befehl, dass der Raum saubergemacht werden soll und wir die Sachen vom Master in den Keller bringen.”
    “Es war
mein
Befehl?”
    “Jawoll – so hat es Master Bosley Hattie und mir gesagt. Er hat gesagt, Ihr wärt so durcheinander, dass Ihr den Anblick von dem Zimmer nicht ertragen könnt, deshalb sollten wir es saubermachen. Er hat uns ein paar Heller gegeben, damit wir’s gründlich tun.” Mit seinen sanften blauen Augen sah er über den Rand seiner Breischüssel zu ihr auf. Lieber argloser, vertrauensseliger Thomas. Bosley hatte sicher alle Wertsachen vorher weggeräumt und sie auf seinen gelegentlichen Ausflügen nach Falmouth verkauft.
    “Wann war das?” wollte sie wissen.
    “Na ja, ein paar Tage nachdem Sir Christopher uns verlassen hatte. Master Bosley sagte, Ihr würdet draußen im Moor sein und nichts davon sehn wollen …” Er sah sie traurig an. “Aber Mistress, wir haben es nicht böse gemeint.”
    “Das weiß ich doch, Thomas.” Rowena seufzte und wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber doch noch einmal rasch um und sah ihm ins Gesicht. “Thomas, wo warst du, als mein Vater starb?”
    “Als ich Euch rufen gehört hab, war ich in der Küche, sollte Brühe holen für Mistress Sibyl. Sie war in einem von den Gästezimmern, um sich hinzulegen – weil es ihr nicht gut ging.”
    “Dann war also Bosley allein mit meinem Vater?”
    “Jawoll.” Er sah sie ausdruckslos an. “Dem alten Master schien es noch ganz gut zu gehen, als ich gegangen bin. Aber der Doktor meinte, solche Anfälle, wie er sie hatte, könnten ganz plötzlich kommen.”
    “Und was war mit Dickon? Wo war er?”
    Thomas blinzelte. “Na, das weiß ich nicht, Mistress. Er kann weggelaufen sein. Ein launischer Bursche ist er. Er ist seitdem nicht zurückgekommen. Der junge Will sagt, ihm geht’s nicht gut.”
    Rowena nickte und beschloss, ihre Vermutungen lieber für sich zu behalten. “Als ich an jenem Tag nach oben kam, habe ich etwas gehört, das mir wie ein Streit vorkam. Kannst du mir sagen, worum es dabei ging?”
    “Streit?” Thomas blinzelte wieder. “Wenn ich die Wahrheit sagen soll, Mistress, ich kann mich nicht dran erinnern. Ist schon wahr, Sir Christopher war wohl nicht glücklich, Master Bosley zu sehen. Aber wenn sie sich gestritten haben, dann erst, als ich nicht mehr im Zimmer war.”
    “Ich verstehe.” Eindringlich musterte sie das ernsthafte, sommersprossige Gesicht des Dieners. War es Bosley gelungen, Thomas auf seine Seite zu ziehen, oder war er einfach nicht fähig, jemandem zu misstrauen? So oder so, sie konnte es nicht wagen, sich ihm anzuvertrauen.
    “In Zukunft, Thomas, denkst du bitte daran, dass du deine Befehle nur von mir bekommst, nicht von Bosley, ist das klar?”
    “Jawoll, Mistress.”
    “Und wenn er dir Fragen stellt nach mir oder irgendetwas über die Haushaltung wissen will, dann kommst du zu mir und sagst es mir sofort.”
    “Jawoll.” Er senkte den Blick auf seine schwieligen Hände, die so riesig waren, dass der Löffel fast völlig darin verschwand.
    “Mistress?”
    Rowena hatte sich erneut zum Gehen gewandt, aber der eindringliche Klang seiner Stimme ließ sie stehen bleiben. “Was gibt es?”, fragte sie.
    “Master Bosley hat mich nach John Savage gefragt.”
    Ihr blieb fast das Herz stehen. “Wann war das?”
    “Gestern. Nachdem Ihr nach oben gegangen wart. Mistress Sibyl war bei ihm.”
    “Und was hast du ihm erzählt?” Rowena versuchte, Haltung zu bewahren, aber trotzdem bekam sie weiche Knie. Alles um sie herum schien

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