Wild und frei
Hand von ihrem Mund nahm, damit sie antworten konnte.
“Lasst ihn gehen, Bosley!”, flehte sie. “Der Mann ist nicht mein Liebhaber! Ich schwöre es beim Grab meiner Eltern!”
“Ihr lügt, meine Liebe. Ihr würdet alles schwören, nur um ihn zu retten.”
“Ich lüge
nicht
!”, widersprach Rowena heftig.
“Aber ich möchte wetten, dass Ihr lügen
würdet
. Was würdet Ihr sonst noch tun, um diesen schwarzäugigen Bastard zu retten, Rowena?”
Sie fühlte, wie die Knie unter ihr nachgaben. “Alles”, flüsterte sie. “Ich würde alles tun!”
“Alles?” Bosley kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und leckte sich die Lippen.
“Aber nur, wenn Ihr seine Wunde verbindet und ihn freilasst. Wenn Ihr ihm etwas antut, dann gnade Euch Gott, dann werde ich Euch mit meinen eigenen Händen töten!”
Bosley blickte um sich, und es war nicht zu verkennen, wie sehr er diesen Anblick genoss: Rowena, verzweifelt flehend in den Armen ihres Wächters; der Wilde, in hilfloser Wut von den beiden Bauern gegen die Wand gedrängt; die Pferde, die aus ihren Ställen herübersahen, unschuldige Zeugen der Schrecken, die kommen würden.
Er wandte sich Rowena zu. “Ihr werdet also mein Weib, in der vollen Bedeutung des Wortes?”
“Ja.” Sie starrte nach unten ins Stroh, unfähig, ihn oder den Wilden anzusehen.
“Ihr gebt mir Euer Wort?”
“Ja, das tue ich. Nun erlaubt mir, die Wunde des Zigeuners zu verbinden, ehe er ohnmächtig wird. Wenn er stirbt, sind alle Versprechen, die ich gemacht habe, nichtig!”
“Genauso, wie sie es sein werden, falls ich ihn freilasse.” Bosley grübelte einen Augenblick, dann drehte er sich um zu den beiden Männern, die John Savage an der Wand festhielten. Das Gesicht des Wilden war inzwischen aschfahl geworden. Nur noch die Augen waren lebendig. Sie brannten in ihren Höhlen wie zwei glühende Kohlen.
“Bringt den Lump ins Haus zu Bessie, damit sie seine Wunde versorgt”, sagte Bosley. “Dann schafft ihn in den Keller hinunter – fragt sie nach dem Weg. Sperrt ihn in den Kerker, und legt ihm die Eisen an. Hier sind die Schlüssel.” Er griff in seine Tasche und zog sie heraus. “Wenn ihr ihn gefesselt und weggesperrt habt, kommt zu mir, und ich zahle euch, was ich euch versprochen habe.”
“Nein!” Rowena versuchte erneut, sich ihrem Bewacher zu entwinden. Doch er ließ nicht locker, obwohl sie ihn bei ihrem vergeblichen Versuch freizukommen gegen das Schienbein trat. “Du hast mir dein Wort gegeben, du schleimige Kröte! Du hast versprochen, ihn freizulassen, wenn ich zustimme, dich zu heiraten!”
“Und das werde ich auch. Am Morgen nach unserer Vermählung, wenn ich mir sicher bin, dass Euer Körper als Eheweib und Eure weltlichen Besitztümer mir gehören, dann wird der dunkelhäutige Bastard aus der Grafschaft gejagt, und er kann gehen, wohin er will. Aber wenn Ihr Euch widersetzt …” Bosley runzelte die Stirn und verzog das Gesicht zu einer bedrohlich finsteren Miene. “Eine falsche Bewegung von Euch, meine Liebe, und Euer Zigeuner kann für den Rest seines erbärmlichen Lebens durch einen Strohhalm pissen!”
Die beiden stämmigen Bauern schleiften den Wilden in Richtung Tür. Er hing zwischen ihnen, totenblass, nicht mehr fähig, auf eigenen Beinen zu stehen. Blut – so viel Blut – hatte seinen Ärmel durchnässt und tropfte seinen Arm hinunter.
“Lasst mich mit ihnen gehen und die Wunde selbst versorgen!”, bettelte Rowena. “Bessie versteht nichts von diesen Dingen. Er bekommt eine Blutvergiftung und stirbt. Und was wollt Ihr dann tun?”
“Ich könnte es in Erwägung ziehen”, stellte er fest und machte eine Pause, um das mit Glassteinen besetzte Heft seines Schwertes gegen eine Stallwand zu stellen. “Als ein frisch verlobter Mann bin ich schon in der Stimmung, großzügig zu sein. Aber das hat seinen Preis – einen Kuss von Euren süßen Lippen.”
Rowena stand wie versteinert da, als die rauen Bauernhände ihre Umklammerung lösten. Ihr Blick schweifte zu dem Wilden, der zwischen seinen beiden Bewachern zusammengesunken war, mehr tot als lebendig, während der kostbare rote Lebenssaft aus ihm herausströmte.
Als sie sich wieder Bosley zuwandte, funkelten ihre Augen hasserfüllt. “Auf ewig soll Eure Seele in der Hölle schmoren!”, sagte sie mit leiser, bebender Stimme.
Bosley grinste und breitete die Arme aus.
Sie zögerte und warf sich ihm schließlich voller Verzweiflung entgegen, hoffend, dass es schnell
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