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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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vergessen – ich hingegen kann mich daran nicht mehr erinnern.“
    Sie starrte Sean an, und innerlich überschlugen sich ihre Gedanken, als sie versuchte, die Tragweite dieser Worte zu ermessen. „Wie alt war er damals?“
    „Er war zehn, ich acht. Von diesem Moment an war Devlin für mich Vater und Bruder zugleich.“
    „Wie furchtbar“, meinte Virginia leise, „und wie gut für Sie, dass Sie sich an nichts erinnern können. Ich vermag mir nicht auszumalen, wie ich mich fühlen würde, wenn ich Zeuge der Ermordung meines Vaters wäre. Ich vermute, ich würde den Wunsch verspüren, den Mörder zu töten.“ Und da begann sie allmählich zu verstehen, was in Devlins Kopf vor sich gehen mochte. Gewiss war er ein hartherziger, kalter Mann. Als kleiner Junge hatte er eine furchtbare Lehrstunde erhalten, eine, die gewiss auf seinen Charakter und sein ganzes Wesen abgefärbt hatte. Vielleicht hatte er deshalb das raue und gnadenlose Leben auf hoher See gewählt.
    „Dann haben Sie und ich vielleicht mehr gemeinsam, als wir glauben“, ließ sich plötzlich Devlins Stimme vernehmen.
    Virginia wirbelte herum und sah ihren Entführer an der Schwelle stehen. Er wirkte entspannt und war so edel gekleidet wie sein Bruder, allerdings trug er die Marineuniform. In seinem blauen Gehrock mit den goldenen Epauletten und Knöpfen, den weißen Breeches und den Strümpfen gab er eine beeindruckende Figur ab. Virginia spürte ihr pochendes Herz. Nein, die Brüder konnte man nicht miteinander vergleichen, nicht jetzt, und auch sonst nicht. Sean mochte über Taktgefühl und eine innere Güte verfügen, die Devlin womöglich nie besitzen würde, aber es war Devlin, der sie über alle Maßen zu fesseln verstand.
    Sie zitterte leicht. „Es tut mir leid, dass Ihr Vater ermordet wurde“, sagte sie zaghaft.
    Er zuckte die Schultern, betrat den Salon und bedachte sie mit einem kühlen, gleichgültigen Blick. „Das Leben ist voller Überraschungen, nicht wahr?“ Langsam glitt sein Blick über ihr Gesicht, ihr Haar, ihre bloßen Schultern und schließlich über ihr Dekollete.
    Sein Blick wärmte sie in der gleichen Weise wie sein Liebesspiel in der letzten Nacht an Bord. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie vermochte kein Wort hervorzubringen, da sie nur daran dachte, wie wundervoll es wäre, in der kommenden Nacht in seinem Bett zu liegen, in seinen Armen.
    „Sean, geleite Virginia hinein“, sagte Devlin.
    Virginia zuckte zusammen, überrascht und enttäuscht, und als sie sich umdrehte, bot Sean ihr den Arm. Sein Blick war düster. Rasch schenkte sie ihm ein Lächeln, doch ihre Augen folgten Devlin, der sich von ihnen abgewandt hatte und sich Champagner eingoss.
    „Einige Tabakfarmer schützen die Setzlinge mit dünnen Baumwollnetzen“, erzählte Virginia froh gelaunt. Ihr munteres kleines Gesicht leuchtete, die violetten Augen strahlten. „Aber das ist viel zu kostspielig und in unserer Gegend nicht wirklich nötig, da es nie so kalt wird. Wir haben festgestellt, dass Mulch ebenso hilfreich ist. Wir benutzen eine dünne Schicht Stroh und geschnittenes Gras. Die große Aufgabe ist das Verpflanzen der Setzlinge nach etwa acht oder neun Wochen. Der Boden muss entsprechend vorbereitet sein, daher hat die Krume fein, frei von Krankheiten und ziemlich feucht zu sein. Wir verbrennen die Böden jedes Frühjahr. Man muss achtgeben, dass die Samen in gleichen Abständen gesetzt werden, daher machen wir die Aussaat mit der Hand.“
    Sean schüttelte bewundernd den Kopf. „Gibt es etwas, was Sie nicht über Tabakanbau wissen, Virginia?“ Seine Augen schienen zu tanzen.
    „Da gibt es bestimmt etwas, was ich nicht weiß.“ Virginia lächelte ihn an.
    Sean erwiderte das Lächeln.
    Devlin lehnte lässig in dem Stuhl am Kopf des langen Tisches und sagte auch jetzt kein Wort. Seine Miene und seine Haltung vermittelten zwar, dass er gelangweilt war, aber insgeheim ärgerte er sich über die beiden, die rechts und links von ihm an der Tafel saßen. Langsam glitt sein wacher Blick über Virginia, die seine Gegenwart während des Essens scheinbar vergessen hatte. Vielleicht nicht verwunderlich, denn sein Bruder gab den Gentleman, brachte dem Gast Bewunderung und Aufmerksamkeit entgegen und war vielleicht der begeistertste Zuhörer, den sie bislang gehabt hatte. Und sie lechzt geradezu nach Aufmerksamkeit, dachte er verstimmt.
    Seine Augen nahmen ihre kleine Nase, den vollen Mund, den tiefen Ausschnitt ihres Abendkleides und die

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