Wilde Rose der Prärie
zu sicher", meinte Rafe. „Ich passe."
„Vielleicht blufft sie nur", gab der Captain zu bedenken und betrachtete Lorelei so eindringlich, dass sie es unter anderen Umständen als unangenehm empfunden hätte. Er warf drei Zehner in den Pot.
Holt tat kommentarlos das Gleiche, so wie nach ihm auch Lorelei. Sie konnte nur hoffen, dass sie richtig lag. Im Pot befand sich jetzt mehr als ein Dollar, und das war eine Menge Geld.
Rafe hatte sich in der Zwischenzeit hinter sie gestellt, um einen Blick auf ihre Karten zu werfen.
„Helfen Sie mir nicht", bat sie ihn und schaute dabei zu Mr. Kahill, der nur grinste und noch einen Grashalm auszupfte, um darauf zu kauen.
„Ich erhöhe." Der Captain legte eine Dollarnote in die Mitte.
Loreleis Augen wurden größer, und sie hielt gebannt den Atem an.
„Ich will sehen", sagte Holt und trennte sich ebenfalls von einem Schein.
Lorelei biss sich auf die Lippe und drehte sich zu Rafe um, der keine Miene verzog.
Kahill beobachtete sie, genauso wie es die anderen Männer taten.
Sie warf ihren gesamten Gewinn der ersten Partie in die Mitte.
„Ich will auch sehen", forderte der Captain sie auf.
Als Lorelei daraufhin ihre Karten zeigte, begann Holt zu johlen, und der Captain fluchte leise.
„Hab ich gewonnen?", fragte sie.
„Oh ja", erwiderte Rafe. „Das haben Sie allerdings."
Lorelei sammelte ihren Gewinn ein, dann gab sie Holt zurück, was er ihr zu Beginn vorgelegt hatte.
„Ich finde, das ist genug Poker für heute", erklärte der Captain und griff nach seinem Hut.
„Ach, finden Sie das?", meinte Holt daraufhin amüsiert und stand auf. Er hielt Lorelei eine Hand hin, die sie nach kurzem Zögern ergriff. Es war, als würde sie in einen Blitz fassen!
Sie errötete und wich seinem Blick aus, dennoch spürte sie sein Grinsen so klar und so warm wie die Mittagssonne.
„Ich sehe besser mal nach Tillie", sagte sie und ging los. Mit einer Mischung aus Bestürzung und Freude bemerkte sie, dass Holt ihr folgte und sie nach wenigen Schritten eingeholt hatte.
„Was ist denn mit Tillie?", wollte er wissen.
Lorelei seufzte. „Sie ist nur etwas erschöpft, das ist alles."
„Wieso?"
Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Sie fragen wieso? Weil sie in den letzten Tagen eine Menge durchgemacht hat. So wie wir alle."
„Tillie ist zäher als die meisten Männer, die ich kenne. Wenn sie krank ist, Lorelei, dann sollten sie es mir besser sagen."
Hätte sie doch Tillies Namen gar nicht erst in den Mund genommen! Es kam ihr wie ein Verrat vor, hinter ihrem Rücken über sie zu reden, aber Holt hatte Lunte gerochen, und er würde keine Ruhe geben, solange er nicht die Wahrheit erfahren hatte.
„Sie ist verängstigt", gestand Lorelei leise ein, damit niemand sonst mithören konnte. Es war schon schlimm genug, dass sie es Holt verriet. „Dieser Ort hier macht ihr zu schaffen. Sie sagt, sie kann die anderen Mönche sehen, und die sind alle tot."
„Mein Gott!", hauchte er. „Neigt sie dazu, dass sie ... dass sie Dinge sieht?"
„Ja." Während er sprach, war er bereits auf dem Weg zu den Quartieren, die der Padre für die Frauen bereitgestellt hatte.
Lorelei lief ihm nach und bekam es mit der Angst zu tun. „Stellen Sie ihr jetzt keine Fragen, Holt, bitte nicht!" Es kostete sie viel Überwindung, dieses ,bitte' anzuhängen. „Sie ist völlig aufgeregt."
„Genau deshalb will ich ja nach ihr sehen", antwortete er und ging unverändert zügig weiter. Lorelei war sich sicher, dass er reingestürmt wäre und Tillie zur Rede gestellt hätte, doch dann entdeckte er im letzten Moment Mr. Cavanagh, der sich an seinem Wagen aufhielt und die Hühner rupfte, die sie an diesem Tag den Davis' abgekauft hatten.
Abrupt änderte Holt die Richtung, was Lorelei nutzte, um vor ihm nach Tillie zu sehen.
Tillie lag auf dem mittleren Bett und hielt das Baby an sich gedrückt, beide schliefen fest. Sorrowful hatte es sich daneben auf dem Boden bequem gemacht und hielt traurig Wache. Als er Lorelei sah, winselte er leise.
„Schhht", machte sie und bückte sich, um über seinen Kopf zu streicheln.
In diesem Moment bewegte sich Tillie und schluchzte leise, wachte aber nicht auf.
Lorelei faltete eine Decke auseinander und legte sie behutsam über die junge Frau, dann verließ sie das Zimmer.
Sorrowful folgte ihr, seine Krallen tippten bei jedem Schritt leise auf den sauberen Steinfußboden.
Draußen angekommen entdeckte sie, dass sich der Padre zu Holt und Mr. Cavanagh gestellt
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