Wilde Rose der Prärie
nicht vertrauen."
„Himmel und Hölle", murmelte Holt. „Ich habe nie irgendwelche Versprechungen gebrochen." Während er weiterredete, ging er weg und schlug sich wiederholt den Hut auf seinen Oberschenkel. „Ich will nur diese Herde nach San Antonio bringen ..."
„Jetzt wird er sogar noch unleidlicher als sonst sein", meinte Rafe amüsiert und resigniert zugleich. Er stand dicht neben Lorelei, die beinahe einen Satz in die Luft gemacht hätte, da er wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Ein Glück, dass sie das Gewehr unter dem Wagen zurückgelassen hatte, sonst hätte sie vielleicht vor Schreck abgedrückt.
„Und was ist jetzt mit den Indianern?", wollte sie wissen. „Kommen die nun, oder kommen die nicht?"
„Man könnte meinen, dass Sie eine Party geben und Indianer eingeladen haben", kommentierte Rafe grinsend, bückte sich, hob das Gewehr auf und gab es ihr. „Die sind in aller Regel nicht besonders gesellig." Lorelei legte die Waffe auf die Ladefläche des Wagens.
„Sie sollten besser die Munition rausnehmen", riet Rafe ihr. „Sonst holpert John über einen Stein, und plötzlich fehlt ihm ein Ohr."
Seufzend gab sie zurück: „Man muss hier an so viele Sachen denken, die ich mir gar nicht alle merken kann."
Rafe kümmerte sich um das Gewehr und steckte die Patronen in eine Tasche seiner Lederweste. „Haben Sie schon mal überlegt, sich woanders als in Texas niederzulassen? Zum Beispiel in Arizona?"
Verwundert betrachtete Lorelei ihn. Er erweckte nicht den Eindruck, als wolle er sie auf den Arm nehmen. „Gibt es da keine Indianer?"
„Doch, Apachen", gab Rafe zurück. „Aber da oben im Norden lassen sie uns meistens in Ruhe. Wenn sie für Ärger sorgen, dann in der Gegend um Tucson."
„Warum sollte ich nach Arizona ziehen?", fragte sie. „Ich habe meine Ranch." Seufzend sah er seinem Bruder nach, der inzwischen wieder auf seinem Appaloosa saß und sich bereit machte, weitere Befehle zu erteilen. Lorelei hatte noch immer kein Stück vom Hühnchen abbekommen. Dann auf einmal begriff sie, was Rafe meinte.
Erschrocken legte sie eine Hand vor den Mund. Sie hatte gedacht, ihr Geheimnis sei sicher, doch jetzt konnte sie das nicht mehr mit Gewissheit sagen. „Hat er Ihnen von letzter Nacht erzählt?"
„Er musste mir nichts erzählen", erwiderte Rafe und drückte ihre Schulter. „Ich erkenne es, wenn Holt diesen Gesichtsausdruck hat."
„Ich bin ja so dumm", flüsterte sie, konnte aber Rafe nicht in die Augen sehen. Rafe nahm ihren Hut hoch und gab ihr einen brüderlichen Kuss auf den Kopf. „Seien Sie vorsichtig". Er setzte ihr den Hut wieder auf und ging weg. Bevor Lorelei sich auch nur rühren konnte, saß er auf seinem Pferd und ritt zu Holt. Haben Sie schon mal überlegt, sich woanders als in Texas niederzulassen? Zum Beispiel in Arizona?
Er musste mir nichts erzählen. Ich erkenne es, wenn Holt diesen Gesichtsausdruck hat.
Seien Sie vorsichtig.
Nur ein paar Worte, aber Lorelei wusste, sie würde sich den Rest des Tages damit befassen.
Mr. Cavanagh half Melina auf den Wagen, dann öffnete er die Klappe, damit der Hund auf die Ladefläche springen konnte.
Lorelei bekam Seesaws Zügel zu fassen, warf sie über seinen Nacken und setzte einen Fuß in den Steigbügel. Der Sattel erschien ihr höher und härter als zuvor, außerdem lag vor ihnen ein breiter Strom, der durchquert werden musste. Wenn sie dabei nicht ertrank, waren da immer noch die Komantschen, die ihrem Leben ein Ende setzen konnten.
Sie drückte den Rücken durch, holte tief Luft und ließ Seesaw lostraben. Ob sie jemals überlegt hatte, nach Arizona zu ziehen? Liebe Güte, sie hatte genug damit zu tun, in Texas zu überleben.
34. Kapitel
Nach zwei anstrengenden, zermürbenden Tagen erreichten sie endlich und unversehrt die äußerten Viertel von Laredo. Nach Holts Meinung kam das einem Wunder gleich, denn die Komantschen waren zwar immer wieder in der Ferne zu sehen gewesen, doch aus einem unerfindlichen Grund griffen sie nicht an. Anstatt das mit einer gewissen Beruhigung zur Kenntnis zu nehmen, machte es ihn nur noch unruhiger.
Sein Instinkt sagte ihm, dass die Indianer abwarteten und ihn beobachteten - und dass sie ihn genau das wissen lassen wollten.
Am Stadtrand bezahlte Holt einen hiesigen Rancher, damit die Tiere bei ihm untergebracht und mit Gras und kostbarem Wasser versorgt wurden. Am Abend des 9. September, als Lorelei und Melina wieder sicher bei Heddy, Tillie und dem Baby untergebracht waren,
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