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Wilde Schafsjagd

Wilde Schafsjagd

Titel: Wilde Schafsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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verstehe kein Wort«, sagte mein Partner.
    »Ich kann dir nicht alles sagen. Du kommst sonst nur in Schwierigkeiten. Schließlich hast du Familie.« Noch während ich sprach, dachte ich an seine noch nicht abbezahlte Luxuseigentumswohnung, 5-Zimmer-Küche-Bad, seine hypotonische Ehefrau und seine beiden altklugen Söhne. »So sieht die Sache aus, mit einem Wort.«
    »Verstehe.«
    »Jedenfalls muss ich morgen verreisen. Einen Monat, zwei, vielleicht auch drei. Ich weiß es selbst nicht genau. Vielleicht komme ich auch gar nicht wieder zurück nach Tokyo.«
    »Hm.«
    »Ich möchte, dass du die Firma übernimmst. Ich steige aus. Sonst hast du nur Ärger. Meine Arbeit hab ich so weit erledigt, und gemeinsame Firmenleitung und so: Da hab ich eh gebummelt, die wichtigen geschäftlichen Dinge hattest du ja sowieso immer in Händen.«
    »Aber von den Details hab ich doch keine Ahnung!«
    »Begrenz das Schlachtfeld – so wie früher. Gib das Anzeigengeschäft auf und die Herausgebertätigkeit, alles, und kehr wieder zum einfachen Übersetzungsbüro zurück. Genau, wie du neulich gesagt hast. Behalt nur das eine Mädchen, die Aushilfen müssen gehen. Du brauchst dann ja keine mehr. Gib jedem zwei Monatsgehälter und eine Abfindung, dann kann sich niemand beschweren. Das Büro solltest du auch verkleinern, zieh um. Die Einnahmen werden sich verringern, sicher, dafür aber auch die Ausgaben; außerdem kannst du meinen Anteil übernehmen. Für dich wird sich also nicht viel ändern. Die Steuern werden weniger und auch die Sorgen um das, was du Ausbeutung nennst. Genau wie du wolltest.«
    Mein Partner war eine Weile still. Er überlegte.
    »Unmöglich«, sagte er. »Das geht garantiert nicht gut.«
    Ich steckte mir eine Zigarette zwischen die Lippen und suchte nach meinem Feuerzeug. Noch bevor ich es gefunden hatte, entzündete die Kellnerin ein Streichholz und gab mir Feuer.
    »Keine Angst, das läuft, glaub mir. Dein alter Mitstreiter sagt dir das.«
    »Eben, es lief, weil du dabei warst«, sagte er. »Alleine ist mir bisher noch nie etwas geglückt, egal was.«
    »Hör zu. Ich sage doch nicht, dass du expandieren sollst. Ich sage: Verkleinere den Laden. Geh zurück vor die industrielle Revolution, mach übersetzerische Handarbeit – wie früher. Du und ein Mädchen, dazu fünf, sechs externe Rohübersetzer und zwei Profis. Wo ist da das Problem?«
    »Du verstehst mich eben nicht!«
    Klirrend fiel ein Zehner durch. Ich warf drei Münzen nach.
    »Ich bin anders als du«, sagte er. »Du kommst alleine zurecht. Ich nicht. Ich brauche jemanden, bei dem ich mich ausweinen und mit dem ich mich beraten kann. Sonst komme ich nicht vorwärts.«
    Ich deckte die Muschel ab und seufzte. Welch prachtvoller Kreislauf! Ein Mops kommt in die Küche und stiehlt dem Koch ein Ei …
    »Hallo«, sagte mein Partner.
    »Ich höre«, sagte ich.
    Am anderen Ende der Leitung waren streitende Kinderstimmen zu vernehmen. Es ging ums Fernsehprogramm.
    »Denk doch an deine Kinder«, sagte ich. Nicht gerade fair, aber ich hatte keine Wahl. »Kannst du dir leisten, dich so zu beklagen? Wenn du’s nicht schaffst, bricht die ganze Familie auseinander. Das Leben ist schwer, beklag dich nur, aber dann setz keine Kinder in die Welt. Pack’s an, arbeite, und hör mit dem Trinken auf!«
    Mein Partner sagte lange nichts. Die Kellnerin brachte mir einen Aschenbecher. Ich bestellte per Handzeichen noch ein Bier.
    »Du hast Recht«, sagte er. »Ich versuch’s. Aber dass das gut geht, wage ich zu bezweifeln.«
    »Das geht gut. Wie war’s denn vor sechs Jahren? Wir hatten kein Geld, keine Verbindungen, nichts, und haben es doch zu was gebracht!«, sagte ich, nachdem ich mir Bier eingegossen und einen Schluck getrunken hatte.
    »Du hast keine Ahnung, wie sehr mich beruhigt hat, dass ich mit dir zusammen war«, sagte er.
    »Ich melde mich wieder.«
    »Okay.«
    »Vielen Dank für all die Jahre. Es war schön«, sagte ich.
    »Wenn du alles erledigt hast und nach Tokyo zurückkommen solltest – lass uns wieder zusammen arbeiten, ja?«
    »Klar.« Damit legte ich auf.
    Allerdings wusste er so gut wie ich, dass wir kaum wieder zusammen arbeiten würden. So viel weiß man nach sechs Jahren gemeinsamer Arbeit.
    Ich nahm die Flasche Bier und das Glas und ging zu meinem Tisch zurück. Dort trank ich den Rest.
    Nun, da ich meine Arbeit los war, ging es mir besser. Mein Leben wurde immer simpler. Ich hatte meine Stadt verloren und meine Jugend; ich hatte meinen Freund verloren,

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