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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Jenny schüchtern auf der Stelle trippelte, rieb Tabitha Lucys samtig weiches Fell an ihrer Wange. »Du brauchst keine Angst zu haben. Lucy hat kleine Mädchen wirklich gern.«
    Jenny streckte eine ihrer Hände zögernd, doch voller Vertrauen aus. Zu Tabithas Überraschung ergriff sie jedoch nicht das Kätzchen, sondern eine Strähne ihres feuchten Haars.
    Tabitha sank auf die Knie, als Jenny an ihren Haaren zog. Anscheinend hatte nicht Lucy, sondern ihre Haare die Kleine fasziniert! Jenny betastete die dicken Strähnen und sah Tabitha mit einem wehmütigen Lächeln an.
    Selbst als Lucy sich zappelnd ihrem Griff entwand und auf den Boden sprang, hielt Tabitha aus Angst, die Kleine könnte fliehen, völlig still. Dann rannte Jenny zielstrebig zum Tisch und packte den Dolch, den Tabitha vor ihrem Bad dort unbekümmert abgelegt hatte.
    Die Lady sprang auf ihre Füße. »Jenny, nein! Leg das Messer wieder hin. Es ist furchtbar scharf.«

    Grimmig nickte Jenny. Sie wies auf Tabithas Schopf, ehe sie eine Hand voll ihrer eigenen hüftlangen Haare packte und Tabitha bedeutete, dass sie sie ebenfalls abzusäbeln beabsichtigte.
    Tabitha ging wieder in die Knie. Vielleicht war dies Jennys erster Versuch zu kommunizieren, seit Brisbanes Männer ihr so Schreckliches angetan hatten. Aber als sie erkannte, was das Mädchen von ihr wollte, antwortete sie: »Oh, Jenny, du kannst doch wohl unmöglich annehmen, dass ich deine Haare so kurz schneide wie meine? Was würde deine Mutter dazu sagen?« Sie ergriff eine Strähne von Jennys Haaren und nahm unter all dem Schmutz einen leichten goldenen Schimmer wahr. »Deine Haare sind so schön.«
    Das Kind trat einen Schritt zurück und schüttelte vehement den Kopf. Tabitha nahm in ihren Augen einen Funken Hass, nicht auf die Männer, die sie vergewaltigt hatten, sondern auf sich selber, wahr.
    Eine Träne rann der Älteren über das Gesicht. »Allmächtiger«, flüsterte sie. »Sie haben dir gesagt, deine Haare wären hübsch, nicht wahr? Die Männer, die dir wehgetan haben?«
    Die Kleine nickte, ehe sie ihre Fäuste in den Zotteln zu beiden Seiten ihrer Ohren vergrub und daran zerrte, bis sie vor Schmerz unwillkürlich weinte.
    »Sie haben dich an den Haaren festgehalten, während sie…?« Tabitha schloss die Augen, denn die Vorstellung war absolut unerträglich.
    Eine kleine Hand strich über ihre Wange und brachte sie dazu, die Lider wieder zu heben. Jenny blinzelte sie, als wolle sie sie trösten, mit ihren ernsten grünen Augen an.
    Hätte Tabitha in diesem Moment ihr Amulett bei sich gehabt, hätte sie sich gewünscht, dass das Mädchen seinen eigenen
Wert wieder erkannte. Sie hätte Jenny ihre Stimme wieder gegeben und ihr die Einsicht beigebracht, dass nicht sie die Schuld trug an dem Grauen, das ihr widerfahren war.
    Aber so blieb Tabitha nur eines übrig. Sie rappelte sich auf und wischte entschieden ihre Tränen ab. »Du kannst wohl kaum erwarten, dass ich derart dreckige Haare schneide, kleines Fräulein«, sagte sie. »Wenn du willst, dass ich das tue, musst du mich sie vorher waschen lassen.«
    Jenny bedachte die Wanne mit einem argwöhnischen Blick, doch schließlich ließ sie sich, wenn auch widerwillig, von Tabitha hineinsetzen.
     
    Als Magwyn sah, was Tabitha mit ihrer Tochter angestellt hatte, wurde sie vor Schreck ohnmächtig.
    Blökend wie aufgestörte Schafe versammelten sich die anderen Frauen um die Kameradin - Iselda sank auf ihre speckig weichen Knie und fächelte der Freundin mit einem Schal Luft zu.
    Eine hoch gewachsene, magere Frau mit einem Knoten, der aussah wie ein ausgefranster Wattebausch, schob sich ihre Pfeife von einem Mundwinkel in den anderen. »Ihr habt sie wie ein Lamm geschoren, stimmt’s? Das arme Ding sieht wie ein Junge aus.«
    Magwyn setzte sich wieder auf und vernahm gerade noch diese trübsinnige Feststellung, sodass sie jämmerlich zu heulen begann. Tabitha hätte sich die Ohren zugehalten, hätte Jenny nicht eine ihrer Hände umklammert und fasziniert das durch ihre Erscheinung hervorgerufene Chaos beobachtet.
    »Also bitte, Magwyn«, begann Tabitha in, wie sie hoffte, begütigendem Ton. »Ihr versteht nicht. Jenny hat mich gebeten …«

    Sie machte einen Satz zurück, als Magwyn, die sommersprossigen Hände wie Klauen ausgefahren, auf die Füße sprang. Die Augen der Frau sprühten grüne Funken, als sie fauchte: »Wie konntet Ihr es wagen, die goldene Haarpracht meiner Tochter mit einem Messer zu bearbeiten? Haben die Engländer ihr

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