Wildes Blut
beiden Männer hatte mit tödlichem Griff die Hand gepackt, mit der der andere das Messer hielt.
Mercedes unterdrückte einen Entsetzensschrei, als Luceros Hand abglitt und das Messer des Banditen an seine Kehle vorstieß, aber in letzter Sekunde verfehlte die Klinge ihr Ziel und stach in den Schmutz. Plötzlich wurde der Körper des Mannes mit den grauen Augen starr, zuckte, dann fiel er auf Lucero nieder. Sie biss sich in die Hand, um nicht zu schreien.
Nicholas schob den Körper des toten Banditen beiseite und richtete sich auf Hände und Knie auf. Er rang nach Luft. "Ich sagte, ich würde dich töten, wenn du sie anrührst", keuchte er, wieder auf englisch.
Sein Messer steckte im Herz des Gegners. Fortune zog die Klinge aus dem Leichnam, dessen graue Augen nun zum Nachthimmel emporstarrten, ohne etwas zu sehen. Er wischte das Messer an der Hose des Toten ab und schob es gelassen zurück in die Scheide an seinem Schenkel. Dann ließ er den Blick rasch über das Blutbad schweifen und zählte die toten Banditen, um sicherzugehen, dass keiner entkommen war.
Mercedes beobachtete sein ruhiges, methodisches Verhalten mit Entsetzen und Faszination. Als er sie endlich ansah, konnte sie seinem Blick nicht standhalten und senkte den Kopf.
Hilario sah ebenfalls mit großem Interesse zu. Sein Blick ruhte auf dem Messer, das am Bein des Patron befestigt war.
Don Lucero konnte hervorragend mit dieser Waffe umgehen.
Vielleicht hatte er diese Kunst während seiner Zeit bei den contre-guerillas zur Vollendung gebracht, aber es erschien dem schlauen alten Vaquero äußerst bemerkenswert, dass der Patron auch gelernt hatte, die Klinge mit seiner linken Hand zu führen.
Nicholas' Blick ruhte weiterhin auf Mercedes, als er die zerfetzten Überreste seines Hemdes zusammenzog. Das meiste davon war von seinem Körper geschnitten worden. Geronnenes Blut bedeckte seinen Leib, und zusammen mit dem Staub bildete es eine schmierige braungelbe Paste, die nur ein Bad entfernen konnte. Sie hatte ihn so entsetzt und ablehnend angesehen, dass es ihn erschüttert hatte. Dies ist mein wirkliches Ich, dachte er, dann erinnerte er sich an die Grausamkeit, mit der sein Bruder Menschen tötete. Lucero liebte den Geruch des Todes. Nick hingegen hatte ihn immer gehasst.
"Bist du unverletzt?" fragte er.
Sie hob den Kopf, sah ihn an und schluckte schwer. Hinter seiner ausdruckslosen Miene spürte sie seine Sorge um sie - und noch etwas anderes. Schmerz vielleicht? "Mir ... mir geht es gut", sagte sie und bemerkte, wie lächerlich das klang. "Du hast den Befehl zum Schießen gegeben - wie konntest du wissen, dass Hilario zur Stelle sein würde?"
"Ich sah den Gewehrlauf in der Sonne aufblitzen und hoffte."
Er zuckte die Schultern. "Sonst hätte ich daneben stehen und zuschauen müssen, wie er dir die Kleider vom Leibe reißt. Du bist meine Frau, Mercedes. Ich beschütze, was mir gehört."
"Und du hast deine Versprechen immer gehalten", fügte sie leise hinzu und dachte an seine Drohung dem Banditen gegenüber. Und dass er sie in fließendem Englisch mit amerikanischem Akzent ausgesprochen hatte.
"Immer." Seine Stimme klang tonlos.
"Du bist verletzt. Ich suche etwas zum Verbinden, um die Blutung zu stillen."
Er schüttelte den Kopf. "Nicht jetzt. Wir müssen hier weg.
Die Schießerei könnte weitere unerwünschte Aufmerksamkeit auf uns gelenkt haben. Ich hatte schon schlimmere Verwundungen als diese paar Kratzer."
"Kratzer? Du bist blutüberströmt."
"Das meiste ist von ihm", entgegnete er mit der vertrauten Selbstsicherheit und lächelte sie an. Dann wandte er sich an Tonio. "Sorg dafür, dass Tomas und Gregorio die Leiche n von Mateo und Jose auf ihre Pferde laden. Wir werden sie begraben, wenn wir unser Nachtlager aufschlagen."
Hilario kam zu Nicholas, der ihm sagte: "Wir alle verdanken dir unser Leben, alter Mann. Ich danke dir vor allem für meine Gemahlin."
Der Vaquero nickte scheu in Richtung auf die Patrona. "Ich bin froh, dass Sie in Sicherheit sind, Dona Mercedes." Dann wandte er sich wieder an den Patron. "Sie haben mit großem Geschick gekämpft, Don Lucero."
Seine unergründlichen dunklen Augen begegneten für einen Moment Fortunes Blick, dann sah er hinunter zu dem Messer an dessen linkem Schenkel. Keiner der Männer sagte noch ein Wort, bis sie aufsaßen und zu den mineralischen Quellen ritten.
Als sie die Wasserstelle erreicht hatten, war es vollkommen dunkel geworden. Nicholas wählte einen Platz aus, der durch mehrere
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