Wildes Blut
gesagt, du magst den Mann, zu dem er geworden ist, seit er wieder nach Gran Sangre zurückkehrte", meinte Gregorio erstaunt.
"Das bedeutet nicht, dass ich ihm genug vertraue, um ihn offen anzusprechen. Noch nicht. Wir brauchen Zeit, um festzustellen, ob dieser Mann so ist, wie es scheint."
"Wir dürfen keine Zeit verschwenden. Ich weiß, dass Don Lucero uns helfen wird."
"Wenn er Don Lucero ist", entgegnete Hilario. "Wenn er es nicht ist, dann können wir ihm vielleicht eher vertrauen.
Vielleicht aber auch nicht."
Als Mercedes bemerkte, dass ihr Gemahl in der Tür zu ihrem Zimmer stand, legte sie ihre Haarbürste auf den Frisiertisch und drehte sich zu ihm um. Er strich mit der Hand über das glatte neue Holz des Türrahmens und betrachtete es, dann zog er eine Braue hoch und sah sie an.
Mercedes dachte an das wissende Lächeln des Zimmermanns, der die aufgebrochene Tür erneuert hatte. "Ich ließ sie reparieren."
"Aber du hast sie diesmal nicht verschlossen. Vielleicht machen wir allmählich Fortschritte." Seine Stimme war sanft, als er jetzt ihr Zimmer betrat.
"Ich habe Rosario ins Bett gebracht. Die Geschichte, die du ihr vorgelesen hast, gefiel ihr sehr", sagte sie ausweichend.
Dann befeuchtete sie ihre Lippen.
"Bald wird sie allein lesen können. Aber dies ist nicht der rechte Zeitpunkt, um über Märchen zu sprechen." Sie spürte die erregende Hitze, die von ihm ausging, noch ehe er sie berührte.
"Nein, vermutlich nicht. Man kann unsere Ehe kaum mit einem Märchen vergleichen."
"Es ist Zeit fürs Bett, Mercedes."
Dann wandte er sich zu ihrer Verblüffung um und ging in sein Zimmer zurück, als erwartete er, dass sie ihm folgte wie ein Hündchen. "Ich vermute, ich soll dir jetzt nachlaufen", sagte sie und kämpfte gegen den Wunsch an, zu ihm zu eilen und den eleganten Brokathausmantel von seinen Schultern zu zerren.
Nicholas hatte bewusst ihr Zimmer verlassen. Er war fest entschlossen, diesen Machtkampf zu gewinnen. Er drehte sich erst um, als er neben dem großen Himmelbett stand. "Ich werde dich nicht allabendlich in dieses Bett zerren. Du hast geschworen, es mit mir zu teilen, Mercedes. Du sollst wissen, dass ich dich begehre. Ich habe Innocencia alles Nötige erklärt.
Ich interessiere mich nicht im geringsten für sie und habe nicht die Absicht, noch weitere Worte an sie zu verschwenden."
"Oder an mich, nehme ich an", entgegnete sie. Sein männliches Selbstvertrauen erschien ihr abstoßend.
Er lächelte boshaft. "Oh, ich gedenke noch viele Worte an dich zu richten - heiße Liebesworte. Und kein einziges davon wäre verschwendet. Komm her." Er sprach mit heiserer, rauer Stimme.
Gehorsam durchquerte sie den Raum und streifte ihr Kleid ab.
In den folgenden Monaten entwickelten sie einen geregelten Tagesablauf. Tagsüber arbeiteten sie hart zusammen: Er widmete sich dem Vieh, sie kümmerte sich um das Getreide, das dank der Bewässerungsgräben nun üppig gedieh. Beide spielten mit Rosario, Mercedes um die Mittagszeit, Nicholas am Abend.
Das Kind war unglaublich fröhlich und begabt. Bei den Mahlzeiten sprachen der Patron und die Patrona über alltägliche Dinge, die die Hazienda, das Wetter und die Politik betrafen, genau wie jedes andere Ehepaar.
Aber wenn die Nacht anbrach und sie sich in das Schlafzimmer des Hausherrn zurückzogen, war alles anders.
Nicholas forderte seine Rechte als Ehemann ein, während Mercedes sic h kühl widersetzte - jedenfalls nach außen hin. Sie ergab sich ihren Pflichten als Ehefrau, aber sie war fest entschlossen, jeden Funken der Leidenschaft zu ersticken, der ihm Macht über sie verleihen würde. Manchmal verführte er sie mit unendlicher Zärtlichkeit, nahm sich stundenlang Zeit, um sie zu liebkosen und zu streicheln, und zuweilen zeigte sich deutlich, wie schwer es ihr fiel, weiterhin reglos unter seiner Berührung liegen zu bleiben. An anderen Tagen nahm er sie rasch und ohne Vorspiel, dann rollte er sich auf die Seite und schlief ein, während sie neben ihm lag und in die Dunkelheit starrte. Die anhaltende Spannung in ihrem Leib ließ nicht nach.
Und was den Schmerz in der Seele betraf - darüber wollte sie gar nicht erst nachdenken.
Sie schlief jede Nacht in seinem Bett, etwas anderes ließ er nicht zu. Ein Teil von ihr litt unter diesem beschämenden Eingriff in ihre Privatsphäre. Er brach mit dem, was zwischen Eheleuten ihres Standes üblich war - getrennte Schlafzimmer.
Und doch gab es ihr auch ein Gefühl von Wärme und Vertrautheit, das
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