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Wildes Herz

Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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Und das da ist Caitlin, sie kommt irgendwo aus Clare.«
    »Aus Tullig bei Kilrush«, erklärte Caitlin. Ihr alter Männermantel klaffte kurz auf, als sie sich am Feuer erhob und entblößte einen völlig abgemagerten Körper. »Und woher kommst du, Éanna?«
    »Aus der Gegend um Galway.«
    Emily wies mit einem Kopfschütteln in die Ecke. »Wie sie heißt, wissen wir nicht«, sagte sie. »Das arme Ding ist uns heute Nachmittag einfach gefolgt. Sie hat die ganze Zeit nicht ein Wort von sich gegeben.«
    »Es geht mit ihr zu Ende«, sagte Caitlin nüchtern.
    Erst jetzt bemerkte Éanna das vierte Mädchen, das in der anderen Ecke zwischen Reetmatten lag und einen entsetzlichen Anblick bot. Jeder Knochen, jede Rippe zeichnete sich unter der dünnen fahlen Haut ab. Die Augen waren tief in die Höhlen gesunken, deutlich trat der Schädel mit seinen Knochenlinien hervor. Die Lippen waren rissig und blutleer.
    Doch das Schlimmste waren ihre Beine. In ihnen hatte sich immer mehr Hungerwasser gesammelt, bis die Haut dem Druck nicht mehr standgehalten hatte und aufgebrochen war. Ein Schicksal, das viele nach wochenlangem bitterstem Hungern kurz vor ihrem Tod erwartete.
    Emily atmete tief durch. »Es gibt nichts, was wir noch tun könnten. Soll sie hier in Frieden sterben.« Sie griff nach einem Stock, um das Feuer anzuschüren. Der Tod war für sie alle ein viel zu vertrauter Gefährte, um sich mit dem Unabänderlichen noch lange aufzuhalten. »Komm, Éanna. Setz dich zu uns. Gleich gibt es was zu essen.« Sie wies auf einen verbeulten Blechtopf neben der Feuerstelle, der halb gefüllt war.
    Éanna glaubte, ein paar Haferflocken zu erkennen, woraus der Rest bestand, konnte sie nicht sagen.
    »Nein, das ist nicht nötig.« Der Brei reichte nicht einmal, um Emily, Bridget und Caitlin den Hunger zu nehmen. »Ich habe heute Mittag Essen in einer Suppenküche bekommen und noch ein Stück Brot dabei. Das ist für mich mehr als genug.« Die Geschichte ihres fehlgeschlagenen Diebstahls und der Mahlzeit im Schwarzen Ochsen wollte sie lieber für sich behalten.
    »Wir teilen, was wir haben, Éanna. Keine Widerrede!«, sagte Emily energisch. »Du hast deine Kräfte im Steinbruch mit mir geteilt, obwohl du doch selbst fast am Ende warst. Hast du das etwa vergessen?«
    »Mach doch nicht so einen Wirbel darum. So groß war meine Hilfe gar nicht«, murmelte Éanna verlegen und wechselte schnell das Thema. »Sagt mal, wo habt ihr denn die Flöte und die Fidel her?«
    »Die Flöte hat mein Großvater geschnitzt. Er hat mir auch das Flötenspielen und all die Lieder beigebracht«, erklärte Emily stolz und strich liebevoll über das kleine, gerade handlange Instrument. »Es ist das Einzige, was mir von Zuhause geblieben ist. Für nichts auf der Welt würde ich es hergeben. Die Flöte geht mit mir ins Grab.«
    »Sprich nicht von morgen«, warf Caitlin mit Galgenhumor ein.
    »Und was ist mit deiner Fidel, Bridget?«, wollte Éanna wissen. »Die scheint auch schon bessere Zeiten gesehen zu haben.«
    Bridget grinste schief. Durch das lange Hungern waren ihr viele Zähne ausgefallen. »Aber sie spielt. Und wenn ich aufpasse, hält der Bogen auch noch eine Weile durch. Ich habe das olle Dinge vor ein paar Wochen in einer anderen Ruine gefunden. Ein paar Lieder beim Betteln machen die Sache ein bisschen leichter.«
    »Am besten wäre es, man würde dazu auch noch tanzen. Das würde den Leuten gefallen«, fügte Emily sarkastisch hinzu. »Tanzende Skelette, das wäre doch mal was anderes, was ihnen vielleicht den einen oder anderen Viertelpenny wert wäre.«
    Die anderen schnaubten grimmig und starrten auf das Feuer, das langsam herunterbrannte. Jeder hing seinen Gedanken nach.
    Als nur noch eine kräftige Glut vorhanden war, legte Bridget zwei etwas größere flache Steine ins Feuer. Sowie beide gut erhitzt waren, nahm sie den Blechtopf und gab etwas Brei auf den einen Stein, drückte ihn flach und röstete ihn von beiden Seiten.
    Auf diese Weise verarbeitete sie auch den Rest des Breis, und am Schluss gab es für jeden zwei der kleinen Fladen. Sie waren etwas zäh und unbestimmt im Geschmack, jedoch heiß und angenehm knusprig.
    Das Stück Brot, das Éanna zum Essen beisteuern konnte, teilten sie so gerecht unter sich auf wie den Brei.
    »Was habt ihr da bloß zusammengerührt?«, wollte Éanna wissen, nachdem sie auch noch das winzigste Stück hungrig hinuntergeschluckt hatte. »Was war das?«
    »Froschbrot«, antwortete Caitlin mit einem

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