Wildes Lied der Liebe
hatte er sich den Klang ihres Lachens ins Gedächtnis gerufen, ihr feuriges Temperament und das tiefe Blau ihrer Augen. Für ihn hatte sie stets all das Schöne verkörpert, das er in der Heimat hatte zurücklassen müssen. Wie groß die Entfernung zwischen ihnen auch immer gewesen sein mochte, so hatte sie ihn doch auf jedem seiner Wege begleitet - ein kostbarer Schatz, den er tief in seinem Herzen bewahrte.
»Verlass mich nicht«, flüsterte er.
Ihre Lider flatterten, und sie murmelte etwas, schien ihn jedoch nicht gehört zu haben. Im Augenblick wanderte sie allein durch die roten Nebelschwaden des Fiebers, irrte vielleicht verloren umher und suchte nach einem Ausweg. Sie würde leben, wenn es irgendwie in ihrer Macht stand, daran gab es nicht den geringsten Zweifel. Bridget McQuarry war vielleicht eine zarte, zerbrechlich wirkende Person, doch sie verfügte über Willenskraft und einen unermüdlichen Lebenswillen.
Sanft presste Trace die Lippen auf ihre Hand und begann seine lange Wache.
Sie träumte, wieder daheim in Virginia zu sein. Es dämmerte, und die Zikaden und Glühwürmchen erwachten. Die bleiche Sichel des Mondes schien am Himmel, so schimmernd und durchsichtig wie eine dünne Lage Musselin, und der Zusammenbruch der Union lag noch in weiter Ferne. Der Krieg war nichts als ein ernstes Gesprächsthema, das die Herren beschäftigte, wenn sie sich nach dem Abendessen bei Brandy und Zigarren miteinander unterhielten.
Bridget saß auf der Veranda auf der Schaukelbank und lauschte dem vertrauten Knarren der Ketten, während sie schaukelte und ihren Träumen nachhing. Es wurde allmählich kühl, doch sie wollte noch nicht ins Haus gehen. Um sich ein wenig zu wärmen, schlang sie die Arme um ihren Körper, und genoss all die Schönheit um sich herum: den Duft der Blumen in dem kleinen Garten, den ihre Großmutter als junge Braut angelegt hatte, das leise Wiehern der Pferde auf der Koppel. Das dreistöckige weiße Haus mit den grünen Fensterläden barst förmlich vor Licht und fröhlichem Lärm der Familie. Christy übte tapfer auf der alten Orgel im Salon, und Skye und Megan jagten einander übermütig kichernd durch die Räume.
Mitch saß neben ihr auf der Schaukel, im Schatten verborgen, und hielt ihre Hand. Es waren Augenblicke wie dieser, in denen Bridget wunschlos glücklich war, obwohl sie schon damals gewusst hatte, dass solches Glück in Sekundenschnelle zerstört werden konnte.
Sie brauchte nur an den Tod ihrer Großmutter zu denken, um zu wissen, dass das Leben ein flüchtiges und zerbrechliches Geschenk war. Rebecca war an einem strahlenden Sommermorgen ausgeritten, und als Bridget sie wiedergesehen hatte, hatte sie leblos in Großvaters Armen gelegen, der sie weinend über die Wiese zum Haus getragen hatte. Etwas musste ihr Pferd erschreckt haben, denn sie war abgeworfen worden und mit dem Kopf auf einen großen Stein geprallt. Als Großvater und Onkel Eli sie gefunden hatten, war sie bereits tot gewesen.
»Bridget?«
Sie zuckte zusammen. Eigentlich hätte es Mitch sein sollen, der neben ihr saß und ihre Hand hielt, doch die Stimme gehörte Trace Qualtrough. Bridget strich sich nervös das Kleid glatt. Wo war Mitch?
Trace drückte ihre Hand. »Verlass mich nicht«, bat er.
Ihr Herz schien zu flattern wie ein verwundeter Vogel, der zu fliegen versucht. Sie nahm den Fächer mit dem Elfenbeingriff, der auf ihrem Schoß gelegen hatte, und fächelte sich damit Luft zu. Der Abend schien plötzlich wärmer zu sein. »Dich verlassen? Sei nicht albern, Trace, wohin sollte ich denn gehen?«
Er umfasste ihre Hand fester, ein starker, doch schmerzloser Druck. »Es gibt niemanden, der mir mehr bedeutet als du, Bridget«, sagte er. »So wahr mir Gott helfe, es war schon immer so.«
Sie blickte ihn missbilligend an, doch etwas in ihrem Innern jubilierte. Ihr Herz klopfte schneller. Sie versuchte zu sprechen, räusperte sich und begann noch einmal: »Das meinst du nicht so.«
»Es ist mein Ernst, gleichgültig, ob es Recht oder Unrecht ist.«
Wusste er denn nicht, dass sie Mitch heiraten würde? Schon vor langer Zeit war dies so vereinbart worden. Mitch brauchte sie, das hatte er ihr selbst unzählige Male versichert. Sie war seine Kraft und seine Seele. Sie war sein Stolz und die Quelle seines Muts. Er konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen.
» Mitch «, erwiderte Bridget ein wenig verzweifelt. »Ich muss Mitch heiraten, denn ich habe ihm mein Wort gegeben.«
»Du liebst ihn nicht,
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