Wildes Lied der Liebe
»Was du nicht sagst«, erwiderte sie, und ihre schwarzen Augen funkelten belustigt. »Nun, junge Dame, wie du mir, so ich dir.«
Mit gespielter Entrüstung schlug Christy mit dem selbst gemachten Besen nach der Freundin. »Also hast du mich nur auf den Arm genommen?«
»Aber sicher«, gab Caney lächelnd zu. »Wenn du dich entschlossen hast, hier zu bleiben, dann werde ich es auch tun.« Sie blickte zu dem durchhängenden Dach aus Tierhäuten auf. »Aber wenn wir hier wohnen wollen, sollten wir uns wohl besser Bretter und Teerpappe besorgen, wenn wir können. Ist noch etwas von dem Geld übrig? Wie viel hast du denn in Richmond für die Uhr und die Kette deiner Mutter bekommen?«
Christy ließ sich auf einen Heuballen sinken und seufzte. »Es hat jeden Penny verschlungen, die Maultiere und Reiseproviant zu kaufen und uns dem Siedlertreck anzuschließen. Ich werde morgen versuchen, Mutters Kamee in der Stadt zu verkaufen. Es muss doch irgendeinen Minenarbeiter geben, der ein Geschenk für eine Dame braucht.« Christy war den Tränen nahe, als sie daran dachte, dass einmal mehr ein Fremder in den Besitz eines der Erbstücke ihrer Mutter gelangen würde. Bei allen Differenzen hatte Christy ihre Mutter sehr geliebt. Trotz des Verlusts der Familie und der schmerzlichen Entbehrungen, der freudlosen Tage in St. Marthas und der weitaus schlimmeren Besuche auf Fieldcrest hatte sie ihre Mutter geliebt.
Caney legte ihre schmale, aber kräftige Hand auf Christys Schulter. »Du hättest ein viel leichteres Leben ohne diesen vermaledeiten McQuarry-Stolz«, bemerkte sie leise. »Nun lass uns etwas Feuerholz sammeln und die Truhen aus dem Planwagen holen. Heute Abend können wir uns aus dem Heu hier weiche Betten bauen. Viel besser, als unter dem Wagen zu schlafen, wie wir es auf der Reise getan haben.«
Christy legte ihre Hand auf Caneys. »Was ist nur mit mir, Caney?«, flüsterte sie. »Warum kann ich es nicht über mich bringen, einen Gefallen von Bridget oder anderen Leuten anzunehmen, nicht einmal für etwas so Einfaches wie ein Dach über dem Kopf?«
»Hab ich dir schon erklärt«, antwortete die Freundin. »Es hegt an deinem Stolz. Den hast du von deinem Großvater geerbt - der alte Mister Gideon hatte weiß Gott genug davon. Ein solches Erbe kann ein wahrer Fluch sein, macht dich aber auch stark. Denn du kämpfst auch noch weiter, wenn alle anderen schon wimmernd am Boden liegen und aufgeben.«
Christy blinzelte einige Tränen fort, stand auf und fegte weiter. Danach trugen sie und Caney die Truhen in die Hütte und verteilten das Stroh auf dem Boden, um drei Betten daraus zu machen. Sie besaßen etliche Quilts, von Rebecca McQuarry genäht, und mehrere gestrickte Wolldecken. Caney hatte sie aus der Wäschekammer gerettet, bevor sie die Farm verlassen hatte. Die beiden Frauen breiteten sie nun auf dem Heu aus und machten Scherze über Prinzessinnen und Erbsen.
Als Megan in Skyes Begleitung zur Hütte zurückkehrte, ging die Sonne bereits unter, und in der Mitte der Hütte brannte ein munteres Feuer. Die Maultiere weideten zusammen mit den Armeepferden hinter dem Haus, und Caney hatte einen Topf mit getrockneten Bohnen aufgesetzt, die noch von der Reise übrig geblieben waren.
Megan schien förmlich zu leuchten, und der Feuerschein spiegelte sich in ihrem rotgoldenen Haar wider. Skye und sie waren barfuß durch den Primrose Creek gewatet und trugen die Schuhe in der Hand. »Ich habe gebadet!«, rief Megan so stolz, als hätte sie noch nie zuvor ein Bad genommen. »Mit heißem Wasser und duftender Seife. Nicht einmal beeilen musste ich mich, damit das Wasser nicht kalt wird. Bridget hatte den Teekessel auf dem Feuer stehen und goss ständig heißes Wasser nach.«
Christy saß auf einem der übrig gebliebenen Heuballen, lächelte und beugte sich vor, um die Bohnen mit einem hölzernen Kochlöffel umzurühren. »Nun, eine elegante junge Dame wie du wird wohl kaum den Abend mit Caney und mir verbringen wollen. Wahrscheinlich möchtest du lieber bei Skye schlafen.«
Offensichtlich sehnte sich Megan nach dem Komfort, den Bridgets Haus bot. Schließlich hatte sie sich viele Monate lang, ohne zu murren, nur mit dem Notwendigsten begnügt. Andererseits wollte sie die geliebte Schwester nicht allein lassen. Gerührt beobachtete Christy den inneren Kampf, musste sich dann jedoch abwenden und die Tränen hinunterschlucken.
»Bridget schickt euch einen Apfelkuchen«, erklärte Skye so hastig, als fürchtete sie die Stille,
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