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Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)

Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)

Titel: Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Jones
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heraus.
    Die durchsichtige Plastiktüte mit dem luftdichten Zippverschluss, in der das Artefakt steckte, entfernte er nicht.
    Aus gutem Grund, denn ein leichter Verwesungsgeruch breitete sich im Raum aus. Ich war mir ziemlich sicher, dass die Männer das nicht wahrnehmen konnten. Die Tüte verhinderte Schlimmeres, aber ich hatte ihn sofort in der Nase.
    Mein Herrchen drehte und wandte die Maske, und betrachtete sie von allen Seiten.
    So hatte auch ich Gelegenheit das Teil einmal in Ruhe von meinem Platz aus anzusehen. Die Maske zeigte ein sehr edles, männliches Gesicht, abgebildet vom Haaransatz bis zum Kinn. Die Miene mit den feinen, aber energischen Gesichtszügen wirkte auf mich äußerst starr und leblos. Dieser unbewegte Ausdruck in Verbindung mit den mandelförmigen Augenschlitzen und dem leicht geöffneten Mund sahen sehr bedrohlich aus.
    Gut drei bis vier Minuten später, platzierte Tanner das wertvolle Stück für alle gut sichtbar auf dem Tisch. Die Begutachtung war offenbar abgeschlossen.
    Klein schaute neugierig zu Tanner. „Und, was ist mit ...?“
    Doch Grothe stoppte ihn mit einer dezenten Handbewegung.
    Er hatte bemerkt, dass mein Boss noch seine Gedanken sortieren musste, bevor er sprach.
    „Wie sie sich denken können, ist ein so schönes Stück Antike nicht alltäglich. Jeder Archäologe wäre begeistert einen solchen Fund zu machen. Jedes Museum würde ihm, bei diesem Erhaltungszustand, eine eigene Vitrine widmen. Es handelt sich um das Visier eines Reiterhelmes aus der römischen Kaiserzeit. Hohen Offizieren vorbehalten, die damit Paraden abritten, aber selbstverständlich schützte eine solche Maske auch das Gesicht des Soldaten im Kampf. Ich würde sagen, erstes nachchristliches Jahrhundert. Aber nageln sie mich da nicht fest, die provinzialrömische Archäologie ist keiner meiner Schwerpunkte! Das Material ist Bronze, jedoch sind mir auch Fundstücke aus Messing oder Silber bekannt. Ich möchte sie insbesondere auf den Fund einer silbernen Offiziersmaske aus Kalkriese bei Osnabrück hinweisen. Das ging vor ein paar Jahren durch die Presse. Vielleicht erinnern sie sich?“
    Tanner machte eine kurze Pause. Mir schien, als wolle er den beiden Gelegenheit geben, ihn zu unterbrechen, falls er zu weit vom Thema abwich. Niemand meldete sich zu Wort.
    „Es ist der Ort, wo man seitdem, aus gutem Grund wie ich meine, die Varusschlacht ansiedelt. Dabei verlor das römische Reich drei Legionen im Kampf gegen die Germanen unter Arminius, gut ein Achtel der gesamten imperialen Streitmacht. Die historischen Konsequenzen dieser Episode waren epochal und nachhaltig. Kaiser Augustus gab seine rechtsrheinischen Ambitionen auf, Germanien wurde nie erobert, und wir sprechen heute keine romanische Sprache, wie unsere französischen Nachbarn! Ob das gut ist oder schlecht, sollte jeder für sich entscheiden. Ich selbst bin darüber im Zwiespalt. Vielleicht wäre die deutsche Geschichte, hätte Augustus Erfolg gehabt, ganz anders verlaufen, möglicherweise wesentlich friedfertiger? Wer kann es wissen?“
    Mein Boss war aufgestanden, und begann im Zimmer auf und ab zu laufen. „Aber ich schweife ab! Wenden wir uns den psychologischen Aspekten der Maske zu, oder beschäftigen sich ihre Fachleute schon damit? Dann können wir  das aussparen!“
    Ich hörte heraus, dass er diese Frage ernst meinte und keine Spielchen spielen wollte.
    Grothe nickte lächelnd. „Das tun sie schon, aber machen sie ruhig weiter. Ich finde ihre Ausführungen höchst interessant.“
    „Gut. So ein Gesichtshelm war zweifellos eine kostspielige Angelegenheit, und da ist es egal, ob das Stück aus Silber oder Bronze gefertigt war. Nur hohe Offiziere in der römischen Armee trugen so etwas. Gestandene Männer, die ihr Handwerk verstanden und hohes Ansehen genossen. Stellen sie sich einen Reiter vor, in voller Rüstung, auf dem Kopf einen blank polierten Helm mit rotem Helmbusch, und vor dem Gesicht ein solches Visier. Stellen sie sich vor, wie es in der Sonne geglänzt haben muss! Sie dürfen nicht vergessen, dass sich die grüne Patina, welche die Maske heute bedeckt, erst im Laufe der Jahrhunderte, gebildet hat. Es muss ein beeindruckender Anblick gewesen sein. Ehrfurcht gebietend, aber auch edel. Da drängt sich natürlich die Frage auf, wie ein Mensch beschaffen sein muss, der einem anderen das Gesicht wegschneidet, um eine solche Maske darauf zu setzen? Aber ich habe nicht vor darüber großartig zu spekulieren. Das können aller

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