Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
doch nur noch seine Hühner, die Enten und die Bienen. Das war sein Lebensinhalt.
Gleich danach rief er Anny an. Gutgelaunt begrüßte er sie, erzählte kurz von den Geschehnissen der letzten Tage, auch von der Giesel Sache, um mein Frauchen und die Kinder für den kommenden Sonntag einzuladen. Tanner wollte Anny von den beiden Mordfällen berichten, in die er, (wie auch immer), hineingeraten war. Insbesondere die Informationen, die er der Kripo zum Mordfall in Buhlenberg abluchsen konnte, und was er selbst über die römische Maske herausgefunden hatte. Das würde Anny sicherlich faszinieren. Das wusste er.
Bevor sich mein Herrchen, sehr liebevoll, wie ich fand, von seiner Frau verabschiedete, stellte er ihr noch eine merkwürdige Frage: „Schatz, du hast doch einen ganz anderen Draht zu den Leuten hier. Du hörst so viel mehr als ich. Fällt dir, ... sagen wir in Buhlenberg, oder der näheren Umgebung, wie Brücken, Abentheuer oder Rinzenberg, eine Familie mit einem ausgeprägten Vater-Sohn-Konflikt ein? ... Nein, nicht so wie bei mir und meinem Vater. Was richtig extremes, mit Handgreiflichkeiten zum Beispiel! ... Ja, in Abentheuer, ... und sonst noch, ... Rinzenberg, ...? Wer??? Erzähl mal kurz, das klingt interessant! ... Ja genau. Das würde passen wie die Faust aufs Auge! Schatz, du bist genial!!! ... Ja, natürlich. Ich erzähl es dir, wenn ihr kommt. Auf jeden Fall. Bis ins kleinste Detail. Versprochen!“
Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was mein Boss bei dieser Frage im Sinn hatte. Sollte er etwas über den Mordfall wissen, was ich noch nicht wusste?
Jedenfalls wirkte er nach Annys Antwort sehr nachdenklich.
Tanner zündete sich eine weitere Zigarette an, die er gedankenverloren bis zum Filter rauchte, bevor er erneut zum Telefonhörer griff.
Als jemand abhob, meldete er sich mit seinem Namen, und wünschte Hauptkommissar Grothe zu sprechen.
„ ... Ah verstehe, er ist nicht im Haus. Und sein Faktotum, Kommissar Klein? ... Auch nicht da! Tja, wen kenne ich denn noch bei euch? ... Vielleicht Paula Eschmann! ... Die ist da? Prima! Wenigstens eine die zur Zeit arbeitet!“ Dabei umspielte ein Schmunzeln Tanners Lippen. Er konnte es einfach nicht lassen.
Sein Gesprächspartner schien etwas ungehalten zu reagieren, denn mein Herrchen beschwichtigte ihn „Ja, ja, schon gut ..., dann verbinden sie mich bitte mal mit Frau Eschmann!“
Tanner wartete und wartete. Gut zwei Minuten verstrichen, als er zu fluchen anfing. Vermutlich hatte ihn der Beamte in eine Warteschleife gestellt. Nur so als kleinen Denkzettel für die Sticheleien, die er sich hatte anhören müssen.
Ich hoffte nur, falls es sich so verhielt, dass der Kripomann es nicht übertrieb. Denn dann würde Tanner auflegen, und zumindest heute würde ich nichts neues mehr erfahren.
Doch nach weiteren 10 Sekunden, wurden meine Bedenken zerstreut.
„Hallo, Michael Rauber hier, spreche ich mit Frau Eschmann? ... Äh, ja ... ich darf Sie ähm, ich meine Dich, immer noch duzen? ... Ja, das ist gut! ... Also Paula, ich habe da was, das dich bestimmt interessieren wird. Vielleicht kann ich dir damit sogar ein plausibles Motiv für den Mord liefern. Denn ich glaube herausgefunden zu haben, was die drei Buchstaben auf der Maske bedeuten. Sie stehen für drei lateinische Wörter: Sic semper Tyrannis! Das soll Brutus gesagt haben ..., ja, der Brutus, der an Caesars Ermordung beteiligt war. Frei übersetzt, bedeutet das soviel wie - So soll es immer den Tyrannen ergehen! Und wenn ich damit richtig liege, dann sollte man davon ausgehen können, dass zwischen Opfer und Täter ein starker persönlicher Bezug vorhanden war. Eine Beziehung zwischen den beiden. Der Mörder bezeichnete den Toten als Tyrannen! ... Was?! ... Sensationell! Ja, das denk ich auch, aber es kommt noch besser! Wart mal eben ...“
Tanner steckte sich wieder einen Glimmstängel in den Mund und zündete sie an.
Bis hierhin kannte ich die Geschichte, und war gespannt wie ein Bogen, was er Kripo-Paula noch zu berichten hatte. Denn das hatte möglicherweise mit dem vorangegangenen Telefonat mit Anny zu tun.
„So, jetzt aber!“ fuhr er fort, „Paula, ... ist dir bekannt, dass dieser Brutus eventuell auch Caesars leiblicher Sohn war? Ich meine, ... diese Blutsverwandtschaft ist zwar unbewiesen und wird von vielen bezweifelt, aber manchmal geht es weniger um unbestreitbare Tatsachen, als um die Symbolik. Verstehst du, was ich damit sagen will? ... Ja. Genau. So ist es! ... Das
Weitere Kostenlose Bücher