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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pippa Wright
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meine Gabel voller Lammfleisch in seine Richtung. »Aber falls du glaubst, ich kostümiere mich wie Suzi Quatro – vergiss es.«
    »He, genau darauf will ich hinaus, Babe«, gurrt er. »Zwei Jogginganzüge aus Leder. So was gefällt mir.«
    »Hör mal, ich habe Lulu versprochen, mit ihr einkaufen zu gehen, also weiß ich nicht, was ich anziehen werde.« Vor meinem geistigen Auge erscheint eine Schreckensvision  – ich in hässlichem, unkleidsamem, noch dazu schweißtreibend engem Leder. Sicher nicht das kultivierte Ensemble, das mir für Lulus und Dans Party vorschwebt.
    »Keine Bange, Babe.« Randy neigt sich wieder vor. »Überlass alles mir. Ich will meine Freundin verwöhnen, das macht mir Spaß.«
    Seine Freundin. Jetzt sagt er es schon zum zweiten Mal. Ohne »Schein« davor. Wohl kaum ein Zufall.
    Nun bietet uns die Kellnerin die Dessertkarte an. Randy lehnt sie so schockiert ab, als würde sie ihm ein Tablett mit einer Spritze und diversen Tabletten reichen, die er nach der Injektion schlucken soll. Dann verkündet er, wir würden den Kaffee daheim trinken. Da er derzeit weder Koffein noch Süßigkeiten konsumiert, ahne ich, was er plant.
    Während wir nach Hause wandern, beginnt die Sonne zu sinken. Plötzlich zieht er mich in eine andere Straße, die vom Belsize Park wegführt. Hohe, pastellfarben getünchte Häuser reihen sich aneinander.
    »Wohin gehen wir?«, frage ich.
    »Das wirst du bald sehen«, antwortet er und schlingt seine Finger in meine. Als wir an den Cafés und Bars in der Regent’s Park Road vorbeischlendern, rufen ein paar Leute nach Randy. Leute, die er kennt, schöne Mädchen in Sommerkleidern, zwei hochgewachsene Männer mit Sonnenbrillen, eine majestätische Frau im Leopardenoutfit. Er hebt nur eine Hand, begrüßt sie, und wir gehen weiter.
Bei den Parktoren legt er einen Arm um meine Schultern. »Frierst du?«
    »Nein«, sage ich und lehne mich an ihn.
    Was für ein schöner Abend ... Der Himmel schimmert blassrosa, mit sanft bewegten grauen Wolken, die sich am Horizont rötlich färben. Auf dem Weg zum Gipfel des Hügels Primrose Hill begegnen wir einigen Teenagern. Hingerissen beobachten vier Mädchen einen großen, schlaksigen Jungen mit langen, dunklen Haaren, der an einer Gitarre zupft. Etwas weiter entfernt sitzt ein pummeliger Junge und schaut zu ihnen herüber. Randy winkt ihm zu. Da sperrt er Mund und Nase auf und starrt uns an.
    »Das war süß von dir«, sage ich. »Sicher hast du, als du in deren Alter warst, auch Gitarre gespielt und bist von den Mädchen bewundert worden.«
    Überrascht wendet er sich zu mir. »O nein, Babe, ich war die ganze Zeit ein einsames Kind. Wenn man mit fünfzehn nur eins fünfundzwanzig groß und spindeldürr ist und in Spezialplastikschuhen vom staatlichen Gesundheitsdienst herumstolpert, ist man kein Ladykiller. Sicher hast du die Story schon gehört? Steht alles in meiner Biografie. Vertrottelte Brillenschlange verwandelt sich in berühmten Schwertkämpfer. Der Comedian Randy Jones rächt sich an den Rabauken seiner Kindheit.«
    »Im Ernst? Seltsam, mit einer Brille kann ich mir dich gar nicht vorstellen.«
    »Natürlich nicht.« Sein Lachen klingt nicht so, als würde er das wirklich komisch finden. »Auf dem Spielplatz warfen die Kinder meine Brille ins Gebüsch, und ich musste mühsam danach suchen. Nach den Pausen in der Schule half mir Mrs Roberts-Miller, meine Brille wiederzufinden.
Und man ist nicht besonders populär, wenn man die meiste Freizeit mit einem über fünfzigjährigen Mathematikgenie verbringt.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Kontaktlinsen, Babe, Kontaktlinsen – und die wundersame Macht der Pubertät.« Randy schwenkt eine Hand durch die Luft, wie ein Amateurzauberer, der seine Künste an einer Straßenecke zum Besten gibt. »In einem Jahr wuchs ich um zweiundsechzig Zentimeter, verlor meine Brille, änderte mein Leben. Glaubst du, Bryan könnte eine nachträgliche staatliche Unterstützung für mich rausholen?«
    »Hm ...« Noch immer versuche ich, mir den Promi an meiner Seite als dürren, bebrillten und von Rüpeln drangsalierten Winzling vorzustellen. »Also, ich weiß nicht recht – muss die Pubertät finanziert werden?«
    »Oh, sehr lustig.« Randy drückt meine Finger. »Aber hier mache ich die Witze, Babe.«
    Langsam gehen wir weiter, zum Gipfel hinauf. Dort legen wir uns ins Gras, an einer abgeschiedenen Stelle, vor neugierigen Blicken geschützt. Wir schweigen, liegen einfach nur nebeneinander,

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