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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Jane C. Dick heißt so.«
    »Das nur am Rande.« Winfried Schlicht beugte sich über den Tisch und nippte an seiner Teetasse. Von seiner Zigarette stieg süßlich riechender Qualm zu den Entlüftern in der Decke auf. »Jedenfalls meinte dieser Dick, er hätte mich schon in der Parallelwelt gekannt, aus der er stammt, und ich könne ihm helfen.«
    »Was wollte dieser Spinner von Ihnen? War er ein Spitzel?«
    Schlicht lachte. »Manchmal wäre mir das fast lieber«, sagte er. »Er mußte in den USA als Unperson untertauchen und alles, was er arrangieren konnte, war eine Reise nach Europa. Er ist als blinder Passagier auf einem Interkontinentalliner herübergeschippert. Ich sollte ihn irgendwo unterbringen.«
    »Und haben Sie das gemacht?« fragte Florenz.
    »Ja«, sagte Schlicht entschieden und setzte sich wieder. »Dazu hatte ich gute Gründe. Kaum daß er hier war, geschah die Sache mit dem Comic. Können Sie sich vorstellen, wie platt ich gewesen bin?«
    Dieter Wesselheimer rümpfte die Nase und rückte sich auf dem Sofa zurecht. »Also, mir kommt das alles sehr unwahrscheinlich vor, muß ich gestehen. Oder was meinst du, Wallmond?«
    Florenz zuckte die Achseln. Er hatte aufmerksam zugehört. »Tja, ich weiß nicht«, sagte er.
    »Lassen Sie mich erst zu Ende erzählen«, bat Winfried Schlicht. »Sie wissen ja noch nicht alles.«
    »Das ist richtig«, sagte Dieter Wesselheimer. »Also, woher wußten Sie, daß wir herkommen würden?«
    »Ich habe ihn bei Freunden untergebracht«, fuhr Schlicht ungeachtet dessen fort. »Er hat ein Mädchen kennengelernt und betreibt mit ihr unter dem Decknamen Konstantin Bohlen einen Radio-, Fernseh- und Schallplattenladen. Seit er die Werkstatt übernommen hat, bekomme ich ihn kaum noch zu Gesicht, außer übers Videophon. Wir haben einen Code vereinbart und von dem Tag an, als er mich wegen der Comicgeschichte warnte, läßt er mir dauernd Hinweise zukommen und bittet mich, in seinem Auftrag die verschiedenartigsten Leute darüber zu informieren, daß die Polizei hinter ihnen her ist. Und da habe ich mir eben diese Sache ausgedacht. Wissen Sie, ich verdiene mir ein kleines Zubrot, indem ich für diverse Kleinunternehmer Software schreibe. Aber seit ich mit Phil zu tun habe, sind mir schon einige Fehler unterlaufen.« Er breitete kurz die Hände aus. »Fragen Sie mich nicht, woher er das weiß. Ich würde das selbst gern erfahren.«
    Dieter Wesselheimer hatte sich vorgebeugt und blickte stumm auf die Tischplatte. Florenz spielte nachdenklich mit einem Teelöffel. Aus seinen Haaren tropfte Feuchtigkeit auf den Teppich.
    »Erst vor einer halben Stunde hat er über den Decoder angerufen und gesagt, daß ich Besuch bekomme«, sagte Winfried Schlicht. »Er meinte, ich solle mich mit Ihnen unterhalten.«
    »Wozu?« fragte Dieter Wesselheimer.
    »Sehen Sie, er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, mit seiner Schwester in Kontakt treten zu können. Es ginge um etwas sehr Wichtiges, versichert er immer wieder. Er hofft, daß Sie ihm helfen können. Vielleicht läßt sich im Rahmen des deutsch-amerikanischen Kulturaustausches durch ihren Freundeskreis irgendeine Reise nach drüben organisieren.«
    Dieter Wesselheimer hob den Kopf und zog eine skeptische Miene. Florenz trank seinen Tee aus und wollte gerade etwas sagen, da klingelte das Videophon. Der Decoder blieb aus.
    Winfried Schlicht entschuldigte sich, setzte sich an das Gerät und hob ab. Der Monitor war von seinen Gästen weggedreht. Während er sprach, sahen Florenz und Dieter nichts von dem Gesicht ihres Gastgebers. »Ja, in Ordnung, Herr Bohlen«, hörten sie ihn leise sagen. »Ich hole ihn sofort ab.«
    Nach dem Gespräch ging er gleich in die Diele. »Kommen Sie mit«, rief er. »Das beste ist, wenn Sie ihn selbst kennenlernen.«
    Florenz und Dieter sahen sich verdutzt an. Schließlich standen sie auf und folgten ihm. Einige Minuten später saßen sie in Winfried Schlichts Limousine und fuhren durch die Nacht einem unbekannten Ziel entgegen.
     
    Sie hielten auf der anderen Straßenseite. Hinter den Schaufenstern mit der Aufschrift BRESCOTT UND BOHLEN – RADIO, FERNSEHEN & HIFI brannte noch Licht. Aus der Tür zu einem Hinterzimmer drang gedämpfte Helligkeit zwischen übereinandergestapelten Fernsehern, Radios und Schallplattenboxen nach draußen. Florenz Wallmond, Dieter Wesselheimer und Winfried Schlicht observierten erst die nähere Umgebung, eine düstere Seitenstraße in einem Wuppertaler Vorort, dann gingen sie hinüber

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