Willkommen in der Wirklichkeit
Zeit«, flüsterte er. »Wir sind alle in Gefahr.«
»Was meinen Sie damit?« fragte Dieter.
»Ich weiß es nicht. Ich spüre nur, daß wir beobachtet werden. Wo immer man sich auf der Welt in diesen Tagen aufhält, wird man beobachtet. Irgend etwas ist über uns und bewacht uns. Ich spüre seinen Blick auf meiner Haut.« Er stützte sein Kinn auf die Faust und starrte einen Moment lang zu Boden. »Erzählen Sie mir etwas über die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit«, stieß er plötzlich hervor. »Jede Einzelheit könnte wichtig sein.«
»Sie konzentriert sich vor allem auf militärisches Gebiet«, begann Dieter, indem er sich die Jacke aufknöpfte und eine Hand in die Hosentasche schob. Florenz hatte inzwischen eine kleine Reparaturtaschenlampe von einem der Tische genommen und ging langsam durch die Werkstatt, um auf der Suche nach Wanzen und Mikrokameras die Nischen und Winkel auszuleuchten. »Vor zwei Jahren ist die erste gemeinsame Mondbasis errichtet worden. Daneben laufen Pläne für die Installierung eines satellitengestützten strategischen Abwehrsystems gegen Atomraketen. Aber damit geht’s nicht so recht voran. Gestern abend sind wieder zwei Satelliten runtergekommen.«
»Wo liegt das Problem?«
»Ich habe mich eingehend damit beschäftigt und glaube, man kann davon ausgehen, daß das Softwareproblem nicht lösbar ist. Um die Software für ein Projekt dieser Größenordnung zu schreiben, müßte man mehrere Tausend hochqualifizierte Wissenschaftler über ein Jahrzehnt lang nonstop beschäftigen.«
»Wie wäre es, wenn man die Arbeit verteilte?«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Ich denke, in Ihrem Land verdienen sich inzwischen viele Hunderttausend Menschen ihr Geld, indem sie Software schreiben.«
»Das ist richtig, aber ich weiß nicht, worauf Sie damit hinaus wollen. Diese Leute sind größtenteils gute Amateure. Dabei ist kaum jemand, der mit so komplexen Problemen fertig werden könnte.«
»Sie schreiben auch Software, mein Freund«, sagte Phil zu Winfried Schlicht. »Für wen arbeiten Sie?«
»Ich habe keine festen Auftraggeber«, entgegnete Schlicht. »Ich nehme freie Aufträge aus der Industrie an. Ist das irgendwie wichtig?«
»Mag sein«, sagte Phil nachdenklich und rieb sich, indem er verhalten seufzte, die Augen. Er zog einen Stuhl heran und setzte sich müde hin. »Meine Schwester ist dort drüben, und ich kann nichts für sie tun.« Die Stirn auf die Handballen gestützt, sprach er so leise, daß die anderen ihn kaum verstanden. »Aber irgendwie spüre ich, daß wir miteinander in Kontakt sind. Ihr scheint dasselbe widerfahren zu sein wie mir. Sie sieht Dinge, die vor ihr niemand gesehen hat. Und irgendwie möchte sie mir etwas davon mitteilen. Von irgendwoher müssen diese Warnungen an Menschen, die vom Staat bedroht sind, doch gekommen sein.«
»Woher wußten Sie, was uns zustoßen würde?« fragte Dieter Wesselheimer. »Darauf haben wir noch immer keine Antwort erhalten.«
»Ich habe es in der Zeitung gelesen«, sagte Phil. »Zumindest in meinem Exemplar, im Kleinanzeigenteil unter der Rubrik ›Grußmeldungen‹. Es stand auf meiner Zahnpastatube. Ich habe es im Radio und Fernsehn gehört. Überall. Sie verstehen doch sicher, daß es in diesem Fall das Wichtigste war, sofort zu handeln, anstatt zu fragen, wie es dazu kommen konnte.« Als er aufblickte, verlieh ihm das Fernsehlicht eine totengleiche Blässe.
Plötzlich flackerte einer der Bildschirme. Sekunden später geschah es mit allen übrigen. Vielstimmiges Knistern kam aus den Lautsprechern, dann erschienen nach und nach die unterschiedlichsten Bilder von Mondlandschaften und den Gebäuden der Mondstation. Die Radios heulten auf, ihr Rauschen verebbte und wurde von einem leisen Stimmengemurmel abgelöst.
Phil sprang auf. Florenz richtete sich ruckartig aus der Ecke auf, in die er sich hineingebeugt hatte. Nur Dieter Wesselheimer blieb verhältnismäßig ruhig und schritt bedächtig die Reihen der Fernseher entlang.
»Was ist los?« fragte Florenz. »Ist das ein Störsender?«
Phil breitete verzweifelt die Arme aus. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Es passiert immer wieder, ganz gleich, auf welchen Kanal ich die Geräte einstelle.«
»Da oben ist irgend etwas los«, stellte Dieter Wesselheimer fest. »Sieht nach einem Unglücksfall aus. Irgendein Depp ist mit seinem Shuttle über der Station abgestürzt. Jedenfalls herrscht da ein Heidenchaos.« Er deutete auf ein Fernsehbild, das einen mit Trümmern
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