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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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sich erholen, um im Anschluss erneut gequält zu werden. Rossiter zuckte nur mit den Schultern. »Ist gleich vorbei.«
    Sie warteten. Einen Augenblick später ging Niall um das Haus herum zur Hintertür. »Und wer ist der Kopf des Vereins?«
    »Tja, das ist der Punkt. Die Mesics waren nie besonders schlau oder einflussreich, sie hatten nur Glück. Irgendwie haben sie’s geschafft, bei diesen Autoschiebereien richtig abzusahnen, dann ein paar kleinere Drogengeschäfte hier und da ... nun ja, durch den Tod des Alten soll es allerdings rapide bergab gehen mit ihnen. Wird jedenfalls gemunkelt. Ein paar meiner Kumpels sind wohl der Ansicht, Stella und Leo könnten die Firma durchaus erfolgreich weiterführen, aber Victor hat andere Pläne.«
    »Das heißt?«
    »Das heißt, Victor hat Großes vor. Geklaute Wagen? Schnee von gestern. Mir ist zu Ohren gekommen, dass er den ganzen Besitz versilbern will. Er braucht Bares, quasi als Referenz, um den Strohmann spielen zu können für Leute, die das dicke Geld aus den Staaten einschleusen, um es hier in die Casinos und Clubs zu investieren. Solche Transaktionen eben.«
    Alles Mutmaßungen. Wyatt wollte Fakten. »Sag was zu ihrem Tagesgeschäft.«
    »Du meinst die finanzielle Seite?«
    Wyatt nickte.
    »Ganz einfach. Jeden Tag wird Cash angefahren, aus ihren Klitschen, Ersatzteilläden und ihrem Autohandel.«
    »Alles legal?«
    »Mit doppelter Buchführung. Eine fürs Finanzamt, die andere für den Nebenverdienst.«
    »Was geschieht dann mit der Kohle?«
    »Freitags ist Zahltag, der Rest wird gewaschen.«
    Das gefiel Wyatt. Coups, bei denen es um Bares ging, hatten heutzutage Seltenheitswert. Als ob niemand mehr Bargeld benutzte. »Also Donnerstagnacht.«
    »Aber halt dich ran. Möglicherweise ist bald nichts mehr zu holen«, sagte Rossiter. »Donnerstag in einer Woche ... das lässt dir genügend Zeit für die Vorbereitung. Ich wünsch dir jedenfalls viel Glück.«
    Für Wyatt zählte weder Glück noch Unglück, was für ihn zählte, waren ausgebildete Fähigkeiten und eiserne Nerven. Er wanderte wieder hinüber zum Fenster. In Gedanken stellte er bereits seine Truppe zusammen.
    »Kann ich dir sonst noch irgendwie helfen?«, hörte er Rossiter hinter sich fragen.
    »Hast du was von Frank Jardine gehört?«
    »Lebt jetzt in Sydney. Die Adresse kann ich dir geben.«
    Während Rossiter etwas auf einen Briefumschlag kritzelte, stand Wyatt schweigend am Fenster. »Ich lass von mir hören, wenn ich die Liste fertig habe. Plastiksprengstoff, Funkgeräte, Bohrmaschinen und so weiter.«
    »Schneller ausgesprochen, als beschafft«, entgegnete Rossiter ungewöhnlich bissig. »Als ich dir das letzte Mal geholfen habe, hat es mich fast das Leben gekostet.«
    Wyatt drehte sich um. Sein Blick war fest auf Rossiter gerichtet, als er emotionslos fragte: »Wie viel?«
    Rossiter versuchte, diesem Blick so lange wie möglich standzuhalten. Schließlich wich er ihm aus und sagte: »Tausend?«
    Wyatt zählte zehn Hunderter ab und hielt sie Rossiter hin. »Vielleicht ist später noch was drin.«
    »Betrachte es als Vorschuss«, meinte Rossiter.
    »Vielleicht ist später noch was drin«, wiederholte Wyatt kalt. »Solange niemand Wind von der Sache bekommt.«
    »Ist klar und deutlich angekommen«, sagte Rossiter, nahm das Geld und verstaute es in seiner Brusttasche.
    Hätte Wyatt nicht am Fenster gestanden, wäre ihm der Laser vermutlich gar nicht aufgefallen, der vor dem Pub parkte. Jetzt, bei Tageslicht, war er blau, letzte Nacht war er schwarz gewesen.
    Wyatt drehte sich wortlos um und verließ Rossiters Wohnzimmer. Er ging durch die Küche, ohne Eileen eines Blickes zu würdigen, die noch am Tisch saß und mit einem angefeuchteten Finger die letzten Krümel aus einer Chipstüte holte. Niall war nirgends zu sehen. Im Flur kickte er ein Feuerwehrauto ohne Räder aus dem Weg und blieb an der Fliegengittertür stehen. Vor ihm lag der staubige, graue Hinterhof mit seinem hohen, verwitterten Lattenzaun. Der Hund schlief vermutlich. Wyatt schlüpfte hinaus, rannte über den Hof, nutzte die Hundehütte als Podest und sprang über den Zaun in den Hof des Nachbarn. Der Pitbull kläffte ihm hinterher und die Tür zur Einliegerwohnung wurde aufgerissen. »Was geht denn hier ab, verdammt noch mal?« Es war Nialls Stimme.
    Wyatt versteckte sich hinter einem Dickicht aus hohen Tomatenpflanzen. Garten und Hof waren menschenleer. Auch hinter den Fenstern an der Rückfront des Hauses konnte er nichts erkennen. Der

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