Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch
paar Wochen Urlaub und Überstunden, die ich abfeiern kann. Meine Papiere lasse ich mir zuschicken.«
Franka verteilte die Sektgläser.
»Auf unseren Erfolg«, toastete ich. »Ohne eure Hilfe hätte ich es nicht geschafft.«
Anja grinste: »Es war mir ein Vergnügen.«
»Vergnügen?«, stöhnte Holger. »In der letzten Nacht bin ich um mindestens fünf Jahre gealtert.«
Ich nahm einen kleinen Schluck Sekt. »Ach ja, eine Frage habe ich noch: Gibt es jemanden bei BioMedic, der einen silbernen Audi fährt?«
Anja dachte nach. »Zwei sogar. Werner Lattmann, der Abteilungsleiter Vertrieb, und John Parker, der Sicherheitschef.«
»Ein Amerikaner?«
Anja nickte. »Er ist schon seit einigen Jahren in Münster. Und nicht gerade der Typ, mit dem ich abends ein Bier trinken würde.«
XIX
Vermutlich hatte Thalheim schon von dem Einbruch bei BioMedic gehört. Jedenfalls war er diesmal bereit, seine Kassenpatienten warten zu lassen und mich außer der Reihe zu empfangen.
Ich schloss die Tür des Sprechzimmers, setzte mich auf den Besucherstuhl und ließ ihn schmoren. Er wirkte angespannt und nervös, aber nicht niedergeschlagen. Noch glaubte er wohl, er könne seinen Kopf aus der Schlinge ziehen.
Schließlich verlor er die Geduld: »Sind Sie hergekommen, um mich anzuschweigen, Herr Wilsberg?«
»Wie lebt es sich damit, ein paar Menschenleben auf dem Gewissen zu haben?«
Thalheim betrachtete seinen silbernen Kugelschreiber, als würde er ihn zum ersten Mal sehen. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Ich rede von Helga Dickmöller und den drei anderen alten Frauen, die Ihre Patientinnen waren.«
»Und?«
»Sie haben ihren Tod verursacht.«
Thalheim lachte verächtlich. »Die Frauen sind an ganz normalen Krankheiten gestorben, so viel kann ich Ihnen trotz ärztlicher Schweigepflicht sagen.«
»An plötzlichem hohem Fieber, an einer Grippe mit schwersten Nebenerscheinungen, wie zum Beispiel einer Lungenentzündung?«
Ich konnte ihm ansehen, dass er sich fragte, wie viel ich wusste.
»Möglich. Aber das fällt wieder unter die Schweigepflicht.«
»Verursacht durch ein Präparat gegen Osteoporose, das Sie den Frauen gespritzt haben und das nicht in den Krankenakten verzeichnet ist.«
»Wer sagt das?«
»Ihre Helferinnen können bezeugen, dass Sie den Frauen Spritzen gegeben haben.«
»Können meine Helferinnen auch bezeugen, was in den Spritzen war?«
»Nein, aber das wird auch nicht nötig sein. Sie haben sich zum Handlanger gentherapeutischer Versuche der Firma BioMedic gemacht. Und dafür kräftig kassiert, nehme ich an.«
Thalheim winkte ab. »Von dem, was Sie da sagen, haben Sie nicht die geringste Ahnung. Gentherapeutische Versuche unterliegen strengster Kontrolle. Wieso sollte ein kleiner, niedergelassener Arzt wie ich damit etwas zu tun haben?«
»Gerade deshalb waren Sie ja für BioMedic interessant. Sie konnten die Versuche unauffällig durchführen. Und anschließend, da Sie als Hausarzt die Totenscheine ausgestellt haben, die wahre Todesursache vertuschen.«
»Jetzt werden Sie unverschämt, Herr Wilsberg«, fuhr Thalheim auf. »Wenn Sie Beweise haben, legen Sie sie auf den Tisch. Sie klopfen lediglich auf den Busch, in der Hoffnung, ich würde vor Angst erstarren und Ihnen ein freiwilliges Geständnis liefern. Aber da irren Sie sich gewaltig. Ich bin unschuldig. Waren Sie das nicht, der dafür gesorgt hat, dass die Leichen der vier Frauen exhumiert wurden? Und was ist dabei herausgekommen? Hätten die Gerichtsmediziner Hinweise auf ein Verbrechen gefunden, wäre die Polizei längst bei mir aufgetaucht. Ich will Ihnen sagen, was die Obduktionen ergeben haben: nichts, rein gar nichts. Und nun verschwinden Sie, Herr Wilsberg! Und lassen Sie sich hier nicht mehr blicken!«
In den Praxisräumen wurde es laut. Man hörte die aufgeregten Stimmen der Arzthelferinnen und eine befehlsgewohnte Männerstimme. Ich lächelte den Arzt an. »Die Polizei ist da, Herr Thalheim.«
Es war ein Genuss zu sehen, wie die Panik in seinen Augen aufflackerte.
Dann flog auch schon die Tür auf und Hauptkommissar Stürzenbecher stapfte herein.
»Hier ist ein Durchsuchungsbefehl, Herr Doktor Thalheim.« Stürzenbecher knallte einen Wisch auf den Schreibtisch. »Ihnen wird Beihilfe zur fahrlässigen Tötung in mehreren Fällen vorgeworfen.«
Thalheim nahm den Durchsuchungsbefehl mit zittrigen Fingern. »Das ... das ist nicht wahr.«
»Und ob das wahr ist.« Stürzenbecher zog die BioMedic-Daten, die ich ihm gegeben
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