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Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Titel: Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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bislang geleuchtet hatte, brannte jetzt nicht mehr. Doch ich vertraute darauf, dass die Nachtwächter das taten, was Nachtwächter am liebsten tun, nämlich auf den Fernseher starren und sich über die Talkshows amüsieren, die ihre Frauen schon am Nachmittag gesehen hatten.
    Nun kam der Teil der Veranstaltung, der mir am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Die Eingangstür zur Geheimabteilung bestand aus Metall, mit einem in der Mitte eingelassenen Panzerglasfenster. Das Sicherheitsschloss zu knacken war nahezu unmöglich. Also blieb nur rohe Gewalt. Ich setzte ein Stemmeisen an, das ich mit einem Rohr verlängerte, und brach die Tür auf.
    »Sehr geschickt«, kommentierte Holger. »Das sieht ja jeder.«
    Genau das war das Problem. Die Tür ließ sich nicht mehr richtig schließen, und wenn der Nachtwächter bei seinem nächsten Rundgang genau hinschaute, würde er die Einbruchsspuren bemerken. Ich holte ein Päckchen mit metallfarbener Knetmasse aus der Tasche und verdeckte notdürftig die gröbsten Macken. Die Farbe, die ich zusammen mit Anja ausgesucht hatte, passte nicht hundertprozentig und auch sonst war das Ergebnis keinesfalls perfekt.
    »Genial«, seufzte Holger. »Glauben Sie wirklich, der Nachtwächter merkt das nicht?«
    »Nachtwächter sind schlecht bezahlte Menschen, die ihre Arbeit hassen«, sagte ich. »Und außerdem könnten Sie sich beeilen, sodass wir wieder draußen sind, bevor er seinen nächsten Rundgang macht.«
    »Das liegt doch nicht an mir«, protestierte Holger.
    »Hört auf zu diskutieren«, fuhr Anja dazwischen. »Lasst uns anfangen!«
    Auf der Innenseite, über der Tür, gab es zwar ebenfalls eine Kamera, doch da die Nachtwächter die Abteilung normalerweise nicht betraten, genügte es, eine schwarze Pappe vor das Objektiv zu kleben.
    Holger stürzte sich auf den nächstbesten Computer. Das Betriebssystem fuhr hoch, er gab ein paar Befehle ein und war bald darauf in Gebiete vorgedrungen, die ich bei meinem Computer noch nie gesehen hatte. Wort- und Zahlenkolonnen huschten über den Bildschirm, Holger vergrößerte und verkleinerte und wechselte von einem Verzeichnis ins nächste.
    »Interessant«, murmelte er.
    Ich schaute Anja an, die mit einem Schulterzucken zu verstehen gab, dass sie auch keine Ahnung hatte.
    »Hier könnte es sein«, redete Holger mit sich selbst. Der Cursor tänzelte über den Bildschirm.
    »Ah!«, stieß er aus. »Das ist ja easy. Nur fünf Buchstaben.«
    »Was heißt das?«
    Holger holte ein Gerät aus dem kleinen Rucksack, den er auf dem Rücken getragen hatte, und schloss es an den Computer an. »Das Gerät testet systematisch alle Buchstabenkombinationen, mit einer Geschwindigkeit von etwa hunderttausend pro Minute.«
    »Das klingt gut.«
    »Ja. Fünf Buchstaben auf Basis des amerikanischen Alphabets, das ergibt rund sechs Komma fünf Millionen Möglichkeiten. Oder anders ausgedrückt: Nach maximal fünfundsechzig Minuten kennen wir das Passwort.«
    Ich schaute auf die Uhr. Bis zum nächsten Auftritt des Nachtwächters blieben uns noch fünfunddreißig Minuten.
    »Es macht keinen Sinn, die Suche einzuschränken, zum Beispiel auf fünfbuchstabige Kombinationen, die im Englischen oder Deutschen einen Sinn ergeben«, erklärte Holger. »Das Passwort kann genauso gut aus fünf As oder Zetts bestehen. Seien Sie froh, dass es nicht sieben Buchstaben sind. Denn dann bräuchten wir maximal hundertzwanzig Stunden. Außerdem können wir Glück haben und das Gerät findet schon nach einer Minute das richtige Wort.«
    Hatten wir aber nicht. Die Minuten verrannen. Auf dem Display des Suchgerätes waren nur die ersten Buchstaben zu erkennen, der Rest flimmerte in mattem Rot. Auf A folgten B, C und D.
    Bei K vibrierte mein Handy.
    »Ja?«
    »Er ist unterwegs«, sagte Franka.
    »Der Nachtwächter kommt«, teilte ich den anderen mit.
    »Wenn wir abbrechen, müssen wir von vorne anfangen«, sagte Holger.
    »Das wird nicht nötig sein«, meinte ich. »Können wir den Monitor ausschalten?«
    »Sicher.« Holger drückte den Knopf.
    Ich stülpte meine Mütze über das Suchgerät. Jetzt war von draußen nichts mehr zu sehen.
    Anja und Holger versteckten sich hinter Schreibtischen, ich postierte mich neben der Tür. In der rechten Hand hielt ich das Stemmeisen, nur für den Fall der Fälle.
    Das Flurlicht flackerte auf, die schweren Schritte des Nachtwächters waren zu hören. Ich dachte daran, dass ich selbst mal als Nachtwächter gearbeitet hatte, vor vielen Jahren, als ich so weit

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