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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ist zum Glück sehr mächtig.«
    »Wird er mich empfangen?«
    »Ich will ihn fragen. Bleibt hier, und denkt daran: Was immer geschieht, Ihr dürft keine Angst zeigen.«
    »Ich werde tapfer sein«, sagte die alte Frau und ließ ihre Rosenkranzperlen durch die Finger gleiten.
    Juan zog sich zurück. Eine Pause trat ein, in der die Nerven zum Zerreißen gespannt waren. Der Lemur war wieder die Stuhllehne hinaufgeklettert und schaukelte mit klapperndem Gebiß zwischen den tanzenden Schatten. Der Papagei legte den Kopf schief und sagte aus seiner Ecke ein paar heisere Worte. Ein aromatischer Dampf begann aus dem Eisenkessel aufzusteigen. Dann kamen langsam und lautlos drei, vier, sieben weiße Gestalten in den roten Schein und setzten sich im Kreis um den Kamin. Musik ertönte, leise wie aus weiter Ferne. Die Flamme flackerte und sank. An der Wand stand ein hoher Schrank mit goldenen Figuren darauf, die sich im tanzenden Feuerschein zu bewegen schienen.
    Dann ließ sich aus dem Dunkel eine fremde Stimme mit unirdischen Worten vernehmen, die schluchzten und grollten.
    Marthas Knie gaben nach. Sie sank nieder. Die sieben weißen Katzen erhoben und streckten sich und gruppierten sich langsam um sie. Sie blickte auf und sah den Zauberer vor sich stehen, ein Buch in der einen Hand und einen silbernen Zauberstab in der andern. Seine obere Gesichtshälfte war verdeckt, aber sie sah seine blassen Lippen sich bewegen, und kurz darauf sprach er mit tiefer, heiserer Stimme, die in dem dämmrigen Raum feierlich widerhallte:
    Die herrlichen Silben rollten dahin. Dann hielt der Zauberer inne, bevor er in freundlicherem Ton fortfuhr:
    »Großartig, dieser Homer. ›Es tönt so donnernd, als ob es Teufel beschwöre.‹ Was mache ich jetzt?«
    Der Diener war zurückgekommen und flüsterte Martha etwas ins Ohr.
    »Redet jetzt«, sagte er. »Der Meister ist bereit, Euch zu helfen.«
    So ermutigt, trug Martha stammelnd ihr Anliegen vor. Sie sei gekommen, um den weisen Mann zu bitten, ihrer Herrin zu helfen, die sich im Banne eines Zaubers befinde. Sie habe ein Geschenk mitgebracht – das Beste, was sie habe finden können, denn sie habe sich in Abwesenheit ihres Herrn nicht an dessen Eigentum vergreifen wollen. Aber hier seien ein Silberpfennig, ein Haferkuchen und eine Flasche Wein, ganz zu Diensten des Meisters, falls solche Kleinigkeiten ihn erfreuen könnten.
    Der Zauberer legte sein Buch beiseite, nahm feierlich den Silberpfennig, verwandelte ihn wundersam in sechs Goldstücke und legte das Geschenk auf den Tisch. Beim Haferkuchen und der Flasche Wein zögerte er ein wenig, doch schließlich murmelte er:
    » Ergo omnis longo solvit se Teucria luctu «
    (eine Zeile, die für ihr schweres spondeisches Silbenmaß bekannt ist), und verwandelte das eine in ein Taubenpaar, das andere in einen sonderbaren kleinen Kristallbaum in einem metallenen Gefäß, und stellte beides zu den Münzen. Martha fielen fast die Augen aus dem Kopf, aber Juan flüsterte ihr Mut zu:
    »Die gute Absicht macht den Wert des Geschenks. Der Meister ist erfreut. Still!«
    Die Musik endete in einem lauten Akkord. Der Zauberer, jetzt mit größerer Zuversicht sprechend, deklamierte einigermaßen korrekt etwa eine Seite aus Homers Schiffskatalog, dann zog er aus den Falten seines Gewandes eine lange weiße Hand, die voll antiker Ringe steckte, zauberte aus der Luft einen kleinen Schrein aus glänzendem Metall und bot ihn der Bittstellerin dar.
    »Der Meister sagt«, erläuterte der Diener, »daß Ihr diesen kleinen Schrein mitnehmen und Eurer Herrin zu jeder Mahlzeit eine der darin enthaltenen Oblaten geben sollt. Wenn alle verbraucht sind, kommt wieder hierher. Und vergeßt nicht, jeden Morgen und Abend drei Ave Maria und zwei Vaterunser für die Genesung Eurer Herrin zu sprechen. So kann mit Glauben und Sorgfalt die Kur gelingen.«
    Martha nahm den Schrein mit zitternden Händen entgegen.
    » Tendebantque manus ripae ulterioris amore « , sagte der Zauberer mit Nachdruck. » Polyphloisboio thalasses. Ne plus ultra. Valete. Plaudite. «
    Er schritt in die Dunkelheit davon, und die Audienz war vorüber.
    »Wirkt es schon?« fragte der Zauberer Juan.
    Es war fünf Wochen später, und fünf weitere Sendungen
    Zauberoblaten waren auf diese zeremonielle Weise zu
    dem düsteren Haus auf dem Berg expediert worden. »Es wirkt«, bestätigte Juan. »Die Intelligenz kehrt zurück, der Körper wird kräftiger, und die Haare wachsen
    wieder.«
    »Gott sei Dank! Das war ein Schuß

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