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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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darauf hatte sie das Herrenhaus passiert, wo William auf der Veranda beim Frühstück saß und aufsprang, während sie in einem Wirbel flatternder Haare und wehender Röcke vorbeilief.
    Sie wusste, dass sie ihr alle folgen würden, aber sie selbst würde zuerst an der Anlegestelle sein. Dieser Augenblick gehörte allein ihr. Und wenig später war sie tatsächlich dort, die zitternden Hände vor den Mund gepresst, wie um die Freudenschreie zu dämpfen, die aus ihrer Brust emporstiegen und hinauswollten, damit er sie hören konnte.
    Die Elise ankerte ein Stück weit vom Anleger entfernt. Sie hatten ein Boot zu Wasser gelassen und kamen zu zweit ans Ufer. John Evers und Duncan.
    Er riss den Arm hoch und schrie ihren Namen, als er sie sah, und sie nahm wie erlöst die Hände herunter und rief den seinen, immer wieder, bis ihr die Stimme brach.
    Er war zu ihr zurückgekommen.

26
    N och Tage später empfand Elizabeth diese Momente des Wiedersehens wie einen einzigen, anhaltenden Rausch der Gefühle, der sie blind und taub für ihre Umgebung gemacht hatte. Nach der herzzerreißenden Begrüßung hatte sie sich kaum erinnern können, was sie alles gesagt oder getan hatte. Dafür hallte immer noch in ihr nach, was sie dabei gespürt hatte – eine beinahe betäubende Glückseligkeit, die jeden klaren Gedanken auslöschte. Während sie noch weinend in den Armen ihres Mannes lag, kamen Deirdre mit Faith, Johnny und William herbeigelaufen, gefolgt von den Perriers, von Jerry und Oleg sowie etlichen Dorfbewohnern, die schon lange auf das Eintreffen von Duncan Haynes gewartet hatten – längst hatte sich herumgesprochen, dass die englische Lady und ihre beiden Kinder seiner harrten. Dass der am Vortag eingetroffene, von ihr mit freudigem Überschwang begrüßte junge Engländer nicht ihr sehnsüchtig erwarteter Gatte war, hatte zu allerlei Spekulationen Anlass gegeben, die allerdings angesichts der heftigen Gefühlsaufwallung, mit der sie nun den zweiten Neuankömmling in Empfang nahm, auf der Stelle verstummten. Niemand konnte mehr daran zweifeln, dass allein ihm ihre ganze Liebe galt und dass der andere Mann eher wie ein Bruder für sie war. Von Neugier und herzlicher Anteilnahme beflügelt, umringten die Leute Elizabeth und Duncan, um auch ja nichts zu verpassen, während die beiden blind und taub für ihre Umgebung waren und einander umklammerten, als gelte es ihr Leben.
    Duncan stammelte unverständliche, abgerissene Worte, und Elizabeth schluchzte und lachte und hielt sich an ihm fest, als er sie mit beiden Armen hochhob und herumwirbelte.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit stellte er sie wieder auf die Füße und blickte sie lange an. In seinem Gesicht arbeitete es, und sie sah, dass Tränen in seinen Augen standen.
    » Lizzie « , sagte er einfach. Es klang beschwörend, als wollte er sich selbst beteuern, dass sie wirklich und wahrhaftig vor ihm stand. Sie selbst lächelte ihn unter Tränen an und schaffte es nicht, ihr Zittern unter Kontrolle zu bringen.
    Jerry hüpfte von einem Bein aufs andere und grinste bis zu den Ohren.
    » Da soll mich doch einer! « , sagte er ein paar Mal, und dann behauptete er: » Dasselbe meint Oleg übrigens auch. « Vermutlich stimmte es sogar, denn der sonst so stoisch dreinschauende Kirgise lächelte und entblößte dabei– ein seltener Anblick bei ihm– eine Reihe weißer Zähne, was ihm ein erstaunlich attraktives Aussehen verlieh.
    Deirdre trat mit Johnny und Faith zu ihnen, woraufhin Duncan seinen Sohn und seine Tochter aufs Innigste begrüßte. Glücklich lachend hielt er beide gleichzeitig in seinen Armen und küsste sie gründlich ab, während Elizabeth strahlend ihre wiedervereinte Familie betrachtete.
    » Daddy, Daddy! « , rief Jonathan, die Ärmchen fest um Duncans Hals geschlungen. » Hast du mir was mitgebracht? «
    » Aber sicher, mein Sohn. Du kannst nachher mitkommen, wenn wir es vom Schiff holen. Meine Güte, und das ist mein kleines Mädchen? Kann es sein, dass du ungefähr doppelt so groß bist wie beim letzten Mal? «
    Faith zeigte sich weniger begeistert. Sie hatte sich versteift und beäugte Duncan misstrauisch, ihre Unterlippe bebte.
    » Oje, habe ich ihr Angst gemacht? «
    » Nein, das ist nur die ganze Aufregung. Gib sie mir. «
    Elizabeth nahm sie ihm rasch ab. Die schmerzliche Wahrheit enthielt sie ihm vor. Er war ein Fremder für die Kleine. Aber das würde sich geben. Faith würde ihren Dad bald genauso anhimmeln, wie ihr Bruder es tat, sie brauchte dazu nur

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