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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sie hinzu: » Raleigh Manor ist mein Zuhause in England. Dort bin ich geboren und aufgewachsen. Wir wollen eine Weile da leben, vielleicht bis zum nächsten Jahr, und dann wieder in die Karibik zurückfahren und uns auf einer der anderen Inseln ein neues Zuhause suchen. Du kannst dich uns anschließen, wenn du willst. Oder aber stattdessen in England bleiben, ganz wie du magst. «
    » In England ist es ganz anders als hier « , kam es mit gedämpfter Stimme von Anne. Sie lehnte hinter Celia an den Luftwurzeln des Baums und blickte versunken ins Leere. » Im Winter gibt es Schnee, und an den kalten Tagen weht ein schneidender Wind über das Land. Die Menschen müssen sich in dicke Umhänge aus Wolle hüllen, damit sie nicht erfrieren. An den Abenden zünden sie Feuer im Kamin an. Wenn man schlafen geht, muss man weder Moskitos noch Ameisen fürchten. An den Sonntagen hat Mutter mich manchmal an die Hand genommen, und wir sind durch die Stadt spaziert. Es gab hohe Häuser, aus deren Dächern Rauch kam. In den Straßen fuhren Kutschen mit livrierten Dienern, und die Pferde hatten winzige Glöckchen am Zaumzeug. Es gab keine Sklaven und keine Felder dort. Es war alles… anders. « Sie verstummte und blickte auf. Ihr Gesicht hatte einen beschwörenden Ausdruck angenommen. » Dort waren wir glücklich. Weißt du noch, William? «
    » Anne, ich war damals ein kleines Kind. « William lächelte ein wenig gequält. » Ich weiß so gut wie nichts mehr davon. «
    » Nun, ich bin älter als du, und ich erinnere mich an vieles « , entgegnete Anne. Eine Spur von Verzweiflung lag in ihrer Stimme. » Wir waren glücklich. «
    » England würde dir heute vermutlich nicht mehr gefallen « , sagte Elizabeth. » Dort ist es wirklich ziemlich kalt, jedenfalls im Vergleich zu Barbados. «
    » In der Tat « , stimmte William zu. » Mir kam es bei meinen beiden letzten Besuchen dort sehr grau und öde vor. Die Häuser in der Stadt stehen dicht an dicht, die Luft ist rauchig von den vielen Kaminfeuern, die Straßen sind schmutzig und voller Bettler. «
    » Auf dem Land ist es viel besser « , wandte Elizabeth ein. » Dort lässt es sich leben. Wärest du nicht nur in London gewesen, sondern auf Raleigh Manor, wüsstest du, was ich meine. Der weite Himmel, das grasbewachsene Land. Die wunderbare Zeit, wenn der Frühling kommt und alles grünt und blüht. Die Wälder und Gehöfte im Sonnenschein… « Sie stockte. » Ach, wenn ich so darüber rede, merke ich, welche Sehnsucht ich nach meinem alten Zuhause habe! «
    » Ja « , sagte Anne leise. » Man müsste heimkehren können. «
    Elizabeth wandte sich ihr in spontanem Eifer zu.
    » Du könntest mit mir kommen, Anne! «
    » Ihr Heim ist hier « , widersprach William. » Demnächst ist das Haus fertig. Dann werden wir wieder in angemessener Umgebung wohnen, und bald können wir uns auch wieder eine Schneiderin für dich leisten, die dir viele schöne neue Kleider macht. «
    » Ich glaube nicht, dass es darum geht, William « , sagte Elizabeth.
    Er schien aufbegehren zu wollen, senkte dann aber schweigend den Kopf. Nach einer Weile blickte er grüblerisch auf, und während er geistesabwesend einen der Kekse nahm und ihn in den Händen zerkrümelte, betrachtete er zuerst Elizabeth und dann seine Schwester, bevor er unvermittelt nickte.
    » Vielleicht täte es dir wirklich gut. Und wenn es nur für eine Weile ist. Eine neue Umgebung wird dich auf andere Gedanken bringen. Und du hättest immer Gesellschaft um dich herum. Elizabeth, Felicity, der Kleine– ja, ich glaube, das würde dir helfen. « Seine Miene hatte sich zusehends aufgehellt. Je länger er darüber sprach, umso eher schien ihm der Gedanke zuzusagen.
    Auch bei Anne bemerkte Celia zum ersten Mal seit langer Zeit so etwas wie Aufregung. Ihre sonst so bleichen Wangen röteten sich, ihr Gesichtsausdruck wurde mit einem Mal lebhaft.
    » Dann sollte ich bald packen, nicht wahr? Ihr fahrt doch morgen schon! Oder war es übermorgen? «
    Elizabeth und William tauschten einen Blick, als teilten sie ein Geheimnis, und nun bemerkte Celia auch die zwei prall gefüllten Ledersäcke, die ein paar Schritte entfernt neben Elizabeths Stute im Staub lagen.
    Als wäre Annes Frage nach dem Zeitpunkt des Aufbruchs das Stichwort gewesen, stemmte Elizabeth sich unbeholfen aus dem Lehnstuhl hoch.
    » Es wird Zeit. Ich muss fort. « Sie trat zu Anne und umfasste liebevoll mit beiden Händen deren Schultern. » Es freut mich sehr, dass du mit uns kommen

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