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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Verhältnisse immer noch unverändert, abgesehen davon, dass England nun auch noch die Niederlande zum Feind hatte und Duncan somit berechtigt war, auch deren Schiffe aufzubringen und auszurauben. So wollte es das Gesetz.
    Der Wachoffizier studierte umständlich das Dokument.
    » Der Admiral weilt nicht in London « , meinte er schließlich. » Wie Ihr zweifellos gehört habt, befinden wir uns im Krieg, und der Admiral hat als Kommandant des Flaggschiffs ein Geschwader zu befehligen. «
    » Davon habe ich gehört. « Duncan bemühte sich um einen höflichen Ton, obwohl sich Enttäuschung in ihm breitmachte. Natürlich war ihm klar gewesen, dass George Ayscue möglicherweise gar nicht in London sein würde, doch er hatte gehofft, ihn anzutreffen und so noch an diesem Tag das vermaledeite Todesurteil aus der Welt schaffen zu können.
    » In dem Fall würde ich gern bei Admiral Blake vorstellig werden « , bat er. Blake war der Oberbefehlshaber der Parlamentsflotte, in der Hierarchie der Admiralität noch eine Stufe höher als Ayscue. Er hatte Duncan vor drei Jahren persönlich den neuen Kaperbrief ausgestellt und ihm ausdrücklich sein Vertrauen ausgesprochen.
    » Ich bedaure, der ist auch nicht da. «
    » Dann möchte ich mit Lord Montagu sprechen. « Sir Edward Montagu, ein einflussreicher Parlamentspolitiker, hatte seinerzeit ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen, in dessen Verlauf die drei Herren der Flottenkommandantur Duncan auf die Wahrung der Interessen des Commonwealth eingeschworen hatten.
    Der Offizier studierte erneut den Kaperbrief. Seine Augen hatten sich verengt, eine steile Falte stand über seiner Nasenwurzel.
    » Captain Duncan Haynes « , las er langsam vor, während er den Zeigefinger über die Zeilen gleiten ließ. » Ihr kommt aus der Karibik, sagtet Ihr? «
    » Ja doch « , gab Duncan mit wachsendem Unmut zurück. » Ich kenne alle drei genannten Herren persönlich und habe als Gewährsmann von Admiral Ayscue während des Konflikts um die Antilleninsel Barbados bei der Niederschlagung der Revolution geholfen. «
    Der Offizier schien alles andere als begeistert. Er vermittelte eher den Eindruck, als sei der Besucher ein lästiger Störenfried, den es rasch loszuwerden galt. Duncan unterdrückte eine Aufwallung von Zorn. Die Vorstellung, dass er den beschwerlichen Ritt auf sich genommen hatte, nur um jetzt an einem unwilligen Wachmann zu scheitern, versetzte ihn in eine gefährlich reizbare Stimmung.
    » Wollt Ihr nun nachsehen, ob Sir Montagu mich empfängt? «
    » Wartet hier « , beschied ihn der Offizier. Er verschwand durch das Tor im Inneren der Kommandantur und ließ Duncan draußen stehen. Im Durchgang zur Wachstube hielten sich weitere Wachleute auf, die in einer Mischung aus Langeweile und Neugier herüberschauten, sich dann aber wieder in ihr Gespräch vertieften, bei dem es um die Feuerkraft der Resolution ging, des Flaggschiffs der Parlamentsflotte. Duncan rieb sich vorsichtig die Schulter. Die Schmerzen waren wieder schlimmer geworden. Er spürte die Erschöpfung von dem langen Ritt in allen Knochen.
    Gerade überlegte er, in welchem der Gasthäuser, die er unterwegs gesehen hatte, er wohl am besten die Nacht verbringen würde, als der Offizier zurückkehrte.
    » Kommt mit mir, Ihr sollt empfangen werden « , befahl er. Etwas in seiner Miene kam Duncan seltsam vor, dennoch trat er zögernd vor.
    » Ergreift ihn! « , rief der Offizier im nächsten Moment, und bevor Duncan zurückweichen konnte, hatten sich die versammelten Wachleute auf ihn gestürzt. Zwei von ihnen packten ihn, und als er sich wehrte, rangen sie ihn zu Boden, während zwei andere sich mit gezückten Spießen vor ihm aufbauten. Der Offizier brachte eine Steinschlosspistole in Anschlag.
    » Wenn Ihr Widerstand leistet, schieße ich! « , rief er. Es klang, als wünsche er sich nichts sehnlicher.
    Schmerzen schossen durch Duncans rechte Seite, er schrie auf und wand sich, aber nicht weil er sich wehren wollte, sondern weil einer der Männer ihm den Arm verdrehte und seine Schulter sich anfühlte wie von zahllosen Messern durchbohrt.
    » Verflucht! « , brüllte er. » Lasst mich los! Ich halte ja schon still! «
    » Legt ihn in Ketten und schafft ihn nach Newgate « , befahl der Anführer der Wachmannschaft. » Er ist ein gefährlicher Verräter und zum Tode verurteilt. «
    Sie legten ihn in Eisen und trieben ihn mit harten Stockschlägen zu einem Karren, der ihn zum Gefängnis von Newgate brachte. Dort kettete man

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