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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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»Bleiben Sie einfach liegen, und ruhen Sie sich aus. Wir kümmern uns um Sie, sobald wir können.«
             
            Anfangs hatte Emilie sich über den Sturm gefreut, da sie so wenigstens einen Grund hatte, im Bett zu bleiben und sich in die weichen Daunen zu kuscheln. Der Regen prasselte aufs Dach, doch Emilie störte sich nicht daran, da sie dieses Geräusch mochte. Insbesondere dann, wenn es nicht von Angst einflößendem Donner und von Blitzen begleitet wurde.
            Der Wind war stark, und sie hörte, wie er durch den Busch heulte. Hin und wieder knackte ein Ast, der dem Druck nicht standgehalten hatte. Dann jedoch begannen die Schindeln auf dem Dach der Hütte zu klappern, und Emilie betete mit stockendem Atem, dass sie nicht weggeblasen werden würden. Aber der Wind war zu stark. Als die Schindeln davonflogen, strömte der Regen in die Hütte.
            »O nein!« Immer noch in die Daunendecke gewickelt, setzte Emilie sich auf und fragte sich, was sie nur tun sollte, um ihre Habe vor der Sintflut zu retten. Allerdings wurde ihr bald klar, dass sie absolut machtlos war, als die Hütte im nächsten Moment zu explodieren schien.
            Ohne lange nachzudenken, machte Emilie einen Satz unter das Bett; doch sie hatte ihren gebrochenen Arm vergessen, und ein heftiger Schmerz durchfuhr sie. Die Bettdecke über den Kopf gezogen, lag sie auf der Seite und versuchte, das schauerliche Dröhnen des Sturms und das Gepolter auszublenden, während die Hütte über ihr einstürzte und sie unter den Trümmern begrub. Es regnete immer weiter. Eine Hälfte des Doppelbettes war zusammengebrochen, und die andere bot ihr ein wenig Schutz. Allerdings nicht vor dem Wasser, das durch die Matratze sickerte und sie so rasch durchweichte, dass Emilie bald in einer Schlammpfütze lag.
            Als sie versuchte, sich zu befreien, und dabei mit den Füßen gegen die Wände ihrer kleinen Höhle drückte, geriet zu ihrem Entsetzen ein schwerer Gegenstand – womöglich ein Dachbalken – ins Rutschen, worauf sich die kleine Nische mit weiterem Schutt füllte.
            Emilie zwang sich, vernünftig nachzudenken: Sie hatte nur ein paar zusätzliche blaue Flecken davongetragen und bekam genug Luft. Nach den Geräuschen zu urteilen, hatten die Wände bereits nachgegeben, so dass nicht mehr viel da war, was sonst noch auf sie hätte herunterfallen können. Und da draußen weiterhin der Sturm tobte, war es wohl das Beste, einfach die Ruhe zu bewahren, bis das Unwetter nachließ. Oder es zumindest zu versuchen.
            Emilie unterdrückte die Tränen. Auf keinen Fall durfte sie jetzt in Selbstmitleid versinken. Wenn das Heulen des Windes verstummte, würde sie um Hilfe rufen. Dann würde Clive kommen. Jemand würde sie hören. Schließlich saß sie ja nicht in einem tiefen Kerker. Nun konnte sie ihren Arm schienen lassen und ihre Verletzungen auf den Sturm schieben, um Peinlichkeiten zu vermeiden. Und was kam danach?
            Vermutlich würde sie in ein Hotel ziehen müssen, bis eine Rückkehr nach Maryborough möglich war. Diesmal würde sie Clive keine zweite Chance mehr geben. Nie wieder würde sie diesen Fehler machen. Sie würde so viel Geld von ihm verlangen, dass es für die Reise nach Maryborough reichte. Er würde es ihr geben müssen. Auf keinen Fall würde sie sich von ihm einschüchtern lassen. Und sie würde sofort die Scheidung einreichen …
            So sehr war Emilie mit Pläneschmieden beschäftigt, dass sie das Abflauen des Sturms erst bemerkte, als sie Männerstimmen hörte. Sie holte tief Luft und rief um Hilfe, überrascht, dass sie überhaupt eine so laute Stimme hatte. Wieder und wieder rief sie, bis jemand antwortete.
            »Halten Sie durch, gute Frau, wir holen Sie da raus!«
            Es schien eine Ewigkeit zu dauern, den Schutt Stück für Stück wegzuräumen, doch dann sah Emilie endlich, endlich wieder Tageslicht, und ein Mann blickte auf sie hinab.
            »Fehlt Ihnen was?«
            »Es geht schon. Ich habe mir nur den Arm gebrochen.«
            »Ach, Sie armes Ding. Also, Jungs, ihr müsst sehr vorsichtig sein. Die arme Frau hat einen gebrochenen Arm.«
            Die fremden Männer waren so gütig und freundlich, dass Emilie am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Dann wurde es schwarz um sie, und sie wachte erst wieder auf, als die Oberschwester sie aufforderte, sich auszuruhen,

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