Wind des Südens
der China Belle hatten sie vermutlich nie gehört. Sie nahmen Jake in ihrer Mitte auf und boten ihm sogar Arbeit als Holzfäller an – »Aus dir werden wir schon noch einen Mann machen, alter Junge.« –, aber er hatte inzwischen eine Entscheidung getroffen und musste schnell handeln. Als er mit seinen acht Begleitern in die Stadt ritt, war er nicht von den Männern mit den dichten Bärten zu unterscheiden, wie sie hin und wieder aus den umliegenden Holzfällerlagern hier erschienen.
Die Neuankömmlinge steuerten schnurstracks den nächsten Pub an, tränkten ihre müden Pferde, setzten sich an einen mit schäumenden Biergläsern beladenen Tisch und ließen es sich gut gehen.
In einem anderen Pub in den Goldfeldern von Hodgkinson hatte Chang gerade seine Version der Ereignisse geschildert.
»Was haben Sie?« Mal traute seinen Ohren nicht. »Sie haben Jake Tussup gefunden und ihn erschossen? Ich fasse es nicht. Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen. Wie haben Sie ihn aufgestöbert? Und dann wollen Sie ihn erschossen haben? Mein Gott, Chang. Was reden Sie da?«
Allmählich dämmerte Mal, dass seine erneute Begegnung mit Chang kein Zufall sein konnte.
»Sind Sie etwa meinetwegen aus Maytown hergekommen?«, fragte er.
»Ja, ich wollte Ihnen von Tussup erzählen.«
»Halt, nicht so schnell. Noch mal ganz von vorn. Haben Sie zuerst Tussup verfolgt und sich anschließend auf die Suche nach mir gemacht?«
»Ja.«
»Sie haben Ihre Arbeit im Stich gelassen, um Tussup zu verfolgen? Warum?«
»Um Ihnen zu helfen. Sie wussten, dass er in diese Richtung wollte, und sind deshalb mit dem Schiff gefahren. Ich habe mich an seine Fersen geheftet, damit wir ihn in die Zange nehmen können. Ganz einfach, finden Sie nicht?« Chang öffnete eine Dose mit kleinen Zigarren und bot Mal, der geistesabwesend zugriff, eine an.
»Wie gütig von Ihnen«, murmelte er, als er sich die seltene Köstlichkeit, der beste Tabak, der in dieser Gegend zu haben war, ansteckte.
»Mir war klar, welchen Schmerz Ihnen dieser Dreckskerl zugefügt hat. Und als ich ihm unterwegs begegnet bin, konnte ich ihn doch nicht laufen lassen. Wenn ich Alarm geschlagen und diesen Mann des Mordes bezichtigt hätte, hätte mir bestimmt niemand geglaubt. Die Weißen hätten vermutlich eher mich gehängt.«
»Ich verstehe.« Mal nickte. »Und jetzt verraten Sie mir, wer Sie bezahlt.«
Chang war das Sinnbild der Empörung. »Sie müssen verstehen, wie sehr Ihre Geschichte mich angerührt hat. Außerdem habe ich Ihnen wahrscheinlich zum zweiten Mal das Leben gerettet. Wenn Tussup Sie hier gesehen hätte, hätte er nicht wie Bartie Lee die Flucht ergriffen. Er war bewaffnet und hätte Sie auf der Stelle erschossen. Ein Glück, dass ich ihn zuerst erwischt habe.«
»Wer bezahlt Sie?«, wiederholte Mal in drohendem Ton, während er Chang, vorbei an den anderen Gästen am Tresen, in ein Hinterzimmer stieß. »Sind es die Gebrüder Li?«
Chang schmollte, als habe Mal eine gute Tat verschmäht. »Meinetwegen, wenn Sie unbedingt darauf bestehen. Die Gebrüder Li bezahlen mich für meine Arbeit. Doch ursprünglich wurde ich von der Dame Xiu Ling Lu angeheuert, um die Männer zu beseitigen, die ihre Tochter entführt haben.«
»O Gott. Also stand Bartie auch auf der Liste.«
»Natürlich.«
»Also gut.« Mal setzte sich schwer auf einen Stuhl neben einen Kartentisch. »Und jetzt alles der Reihe nach. Juns Mutter ist einfach so vor die Tür ihrer Villa getreten und dort zufällig über Sie gestolpert. Und da hat sie Ihnen diesen Auftrag gegeben?«
Chang nickte gelassen und blickte aus dem Fenster.
»Oder war es eher umgekehrt?«
»Was soll diese Fragerei?«, ereiferte sich Chang. »Ich dachte, Sie würden sich freuen. Ist es denn so schlimm, wenn ich für mich ein paar Vorteile herausgehandelt habe? Schließlich haben Sie selbst mir von den Goldfeldern erzählt. Das musste ich mir einfach persönlich ansehen. Deshalb habe ich den Geschäftspartnern von Xiu gegenüber fallen gelassen, ich plane eine Reise in diesen Teil der Welt, und habe ihnen meine Dienste angeboten.«
»Als bezahlter Mörder? Haben Sie
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