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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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augenscheinlich im Schwertkampf geübt. Er ließ die Klinge zischend durch die Luft sausen und prahlte grinsend vor seinen Freunden, während Chang das schwere Schwert, das er der Waffenkammer entnommen hatte, aus der Scheide zog.
            Plötzlich fuhr er herum und vollführte mit dem Schwert, das er mit beiden Händen hielt, einen weiten, drohenden Bogen.
            Mal war genauso erschrocken wie die anderen beiden Gefolgsleute, die ihren Favoriten jetzt in einen Kampf mit einem Wirbelwind verstrickt sahen. Chang schlug und täuschte, wich behände einem gegnerischen Hieb aus, tänzelte und drehte sich mit ausdruckslosem Gesicht, und in wenigen Minuten war es vorüber. Der Herausforderer schrie vor Schmerz, als Changs Schwert ihm den Oberarm aufschlitzte. Seine Waffe fiel klirrend zu Boden.
            »Bringen Sie ihn weg, bevor ich ihm den Arm abhacke«, befahl der Sieger.
            Der Arm des Herausforderers blutete stark, und seine Freunde versuchten verzweifelt, die Blutung zu stillen, während Chang sich abwandte und ging.
            »Die Herausforderung ist fehlgeschlagen, Sir«, sagte er zu Mal. »Sie haben das Recht, Sie zu behelligen, verwirkt. Sie sollten sich nun zur Ruhe begeben.«
            »Und Sie sollten nicht meine Kämpfe ausfechten. Darum habe ich Sie nicht gebeten.«
            Chang lächelte schmal. »Ich habe die Herausforderung genossen.«
            »Das ist mir nicht entgangen. Sie sind sehr geschickt mit dem Schwert.«
            »Ja.« Er seufzte. »Leider musste ich ihn Ihretwegen verschonen, sonst hätte ich ihm wirklich den Arm abgehackt.«
            »Übrigens«, fragte Mal ihn später am Abend. »Wieso fünf Winde? Was soll das bedeuten?«
            »Der fünfte Wind kehrt stets zurück«, sagte Chang und ließ Mal mit seinen Überlegungen über diesen Spruch allein.
             
            Zwei Tage später trennten den Leichenzug nur noch wenige Stunden von den Häusern der Familie, die, wie Chang versichert hatte, gut befestigt hinter mächtigen Mauern lagen. Um einzutreten, musste vorab die Erlaubnis eingeholt werden.
            Dieses Mal sorgte Chang dafür, dass sie in eleganten Räumen neben von Mauern umgebenen Gärten unterkamen, und er empfahl Mal, den trauernden Eltern zu schreiben. Das nahm viel Zeit in Anspruch. Gemeinsam formulierten sie die traurige Anfrage, und Chang übertrug den Brief auf feines Pergament, um sich dann auf den Weg zu machen und das Schreiben selbst zu überbringen.
            Mal war enttäuscht, als sein Gefährte ohne Antwort zurückkehrte, doch Chang erklärte, es wäre ungehörig gewesen, darauf zu warten.
            »Nicht einmal im Traum würde man daran denken, in einer solchen, der traurigsten Angelegenheit von allen, Ungeduld zu zeigen. Man zog sich äußerst höflich zurück. Aber ich habe am Haupttor mit den Leuten im Dorf geredet und erfuhr, dass der Vater der Dame Jun Lien ernstlich krank ist, doch ihre Mutter, Xiu Ling Lu erfreut sich, wenngleich sie in Trauer ist, bester Gesundheit.«
            Mal zog sich in einen Winkel des Gartens zurück, um die Neuigkeiten zu verarbeiten. Seit Jun Liens Tod überlegte er, was er beim ersten traurigen Zusammentreffen mit ihren Eltern sagen konnte und sollte – ob er überhaupt ein Wort herausbringen würde, ob er in der Gegenwart von Menschen, die Jun Lien genauso geliebt hatten wie er, über sie würde reden können. Oftmals war er tränenüberströmt aufgewacht, wenn er von diesem Treffen geträumt hatte, und war dann tagelang deprimiert gewesen, doch er sagte sich dann, dass Jun Liens Eltern zumindest einander hatten, um sich Hilfe und Trost zu spenden. Und er beneidete sie, weil ihm diese Gnade versagt war. Unter den derzeitigen Umständen musste Xiu Ling Lu den Verlust umso schmerzlicher empfinden. Vielleicht wappnete sie sich, genauso wie er, für dieses Treffen. Womöglich brauchte sie Tage, um ihr Herz darauf vorzubereiten, mit ihm gemeinsam zu trauern, nachdem die Asche ihrer Tochter nun eine Realität war, die ihr das Herz zerreißen musste.
            Doch dann traf die Antwort ein. Schnell und unverhofft.
            Binnen einer Stunde nach Changs Rückkehr zog eine Kavalkade von Reitern und Fußsoldaten ins Dorf ein und machte Halt vor Mals Quartier.
            Chang eilte hinaus, um den Kommandanten zu begrüßen, einen imposanten Mann, der absaß und stolz

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