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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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wer
Sie sind.«
    Adán registriert das
feine Lächeln mit der noch feineren Andeutung: Ich weiß, wer dein Onkel ist.
    »Retten Sie sein Bein, und Sie werden Chef der neuen Station. Wenn das
Bein verloren ist, werden Sie Abtreibungsarzt in einem Puff von Tijuana. Wenn
der Mann stirbt, landen Sie schneller auf dem Friedhof als er. Und das Ganze
hat nichts mit meinem Onkel zu tun, sondern mit mir. Verstanden?«
    Der Arzt hat verstanden.
    Und Adán hat verstanden,
dass etwas zu Ende gegangen ist. Seine Kinderjahre sind vorbei. Jetzt fängt der
Ernst des Lebens an.
     
    Tío saugt
genüsslich an seiner kubanischen Zigarre und lässt Rauchringe durchs Zimmer
schweben.
    Operation Condor hätte nicht besser laufen können. Die Felder verbrannt,
der Boden vergiftet, die Gomeros in alle Winde zerstreut und Aviles zur Strecke
gebracht. Die Amerikaner glauben, sie hätten das Übel bei der Wurzel gepackt
und werden sich, was Mexiko betrifft, auf die faule Haut legen.
    Ich kann in aller Ruhe ein Kartell aufbauen, gegen das sie machtlos sind,
wenn sie irgendwann wieder aufwachen.
    Eine federación.
    Es klopft leise
an die Tür.
    Ein schwarz uniformierter DFS-Mann mit umgehängter Uzi tritt ein. »Da will
Sie jemand sprechen, Don Miguel. Er sagt, er ist Ihr Neffe.«
    »Lass ihn
rein.«
    In der Tür
steht Adán.
    Miguel Angel Barrera weiß schon Bescheid. Über die Schläge, die Folter,
seinen Auftritt im Krankenhaus. Über Nacht ist aus dem Jungen ein Mann
geworden.
    Und der Mann
kommt gleich zur Sache.
    »Du wusstest
von dem Militäreinsatz«, sagt Adán.
    »Klar. Ich hab
ihn mit vorbereitet.«
    Allerdings. Sie haben die Ziele sorgfältig ausgewählt, um ihre Feinde und
Rivalen zu beseitigen, die alten Dinosaurier, die nicht mit der Zeit gehen. Sie
hätten sowieso nicht überlebt, wären nur im Weg gewesen.
    Jetzt sind sie
beseitigt.
    »Das war eine
Riesensauerei«, sagt Adán.
    »Aber sie war notwendig«, sagt Tío. »Das alles wäre sowieso passiert, also haben wir
die Sache zu unserem Vorteil entschieden. So läuft das Geschäft, Adán.«
    »Hm ...« Adán ist
nachdenklich geworden.
    Und jetzt, sagt sich Tío, wollen wir mal sehen, welche Sorte Mann aus dem
jungen geworden ist. Er wartet auf Adáns Vorstoß.
    »Ich will ins Geschäft einsteigen«, sagt Adán.
     
    Tío Barrera, der am
Kopf der Tafel sitzt, erhebt sich.
    Im Restaurant ist heute geschlossene Gesellschaft. Und das hoch drei,
denkt Adán. Der ganze Ort ist abgesichert von DFS-Leuten mit Uzis. Die Gäste wurden
abgetastet und mussten die Waffen abliefern.
    Die Gästeliste wäre ein gefundenes Fressen für die Yankees. Alle wichtigen Gomeros, die Tío aus der Operation Condor herausgehalten hat, sind vertreten, Adán sitzt neben Raúl und studiert
die Gesichter.
    García Ábrego, mit seinen
fünfzig Jahren ein uralter Mann für dieses Gewerbe. Das silberne Haar und der
silberne Schnauzbart lassen ihn aussehen wie einen alten, verschlagenen Kater.
Was er auch ist. Er sitzt reglos da, die Augen auf Barrera gerichtet, und
verrät mit keiner Miene, was in ihm vorgeht. Tío hat es Adán erklärt: »Er
fragt sich, wie er es geschafft hat, in dieser Branche fünfzig Jahre alt zu
werden. Von ihm kannst du was lernen.«
    Neben Ábrego sitzt der Mann, den Adán als el Verde kennt. »Der Grüne« wird er genannt
wegen der grünen Straußenlederstiefel, die er immer trägt. Neben diesem Beau
wirkt Chalino Guzmán wie ein Bauer - Strohhut, Jeans, Arbeitshemd.
    Nach Guzmán kommt Gúero Méndez.
    Selbst hier in der Stadt trägt Gúero die Cowboykluft von Sinaloa: schwarzes Hemd mit
Perlmuttknöpfen, enge schwarze Jeans mit riesiger Gürtelschnalle in Silber und
Türkis, spitze Stiefel und einen weißen Cowboyhut - den er auch bei Tisch nicht
abnimmt.
    Und Gúero kann nicht die Klappe halten. Er redet über seine wundersame Rettung aus
dem Feuergefecht, das sich die Federales mit Don Pedro, seinem Boss, geliefert
haben. »Santo Jesús Malverde hat mich vor den Kugeln beschützt«, verkündet er.
    »Ich sage euch, Brüder, ich bin mitten durch den Kugelhagel gelaufen. Vier
Stunden später wusste ich immer noch nicht, ob ich lebe oder ob ich ein
Gespenst bin.« Und so redete er endlos weiter - wie er seine Pistole auf die
Federales abgeschossen hat, wie er dann aus dem Auto gesprungen und gerannt ist
- »mitten durch den Kugelhagel, Brüder« - bis in ein Dickicht, aus dem er dann
entkommen konnte. Und wie er sich zur Stadt durchgeschlagen hat - »jeden
Moment dachte ich, das ist

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