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Wintergeister

Wintergeister

Titel: Wintergeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Wahrscheinlich ging die Batterie zur Neige, denn der Lichtstrahl war schwach, doch er reichte aus. Ich senkte den Kopf und trat in den Höhleneingang. Hier war es kühl und feucht, aber vielleicht sogar ein wenig wärmer als draußen. Ich schwenkte die Taschenlampe hin und her, ließ Schatten über die zerklüfteten grauen Wände tanzen, während ich mich langsam vorwärtsbewegte. Der unebene Boden war leicht abschüssig und voller Geröll. Lose Steine und Felssplitter knirschten unter meinen Stiefeln. Das Tageslicht in meinem Rücken wurde schwächer.
    Plötzlich musste ich stehen bleiben, konnte keinen Schritt weitergehen. Eine Wand aus Stein und Schutt, gestützt von einer Holzverschalung, blockierte den Weg. Ich hob die Lampe höher und betrachtete die Konstruktion. Gesteinsbrocken wurden von Stützbalken gehalten. Und mit wachsender Beklommenheit dachte ich daran, was Fabrissa gesagt hatte, als wir an dem Weiher saßen, wenngleich ich es zu diesem Zeitpunkt kaum richtig wahrgenommen hatte: Niemand kam heraus. Nicht einer.
    Ich zog an einer Holzstrebe. Ich erwartete Widerstand, doch sie zerfiel zu Staub in meinen Händen. Ich zog an einem anderen Stück Holz, das sich ebenfalls leicht löste und zerbröselte, von Holzwürmern oder Termiten zerfressen. Ich rang meine aufsteigende Panik nieder, legte die Taschenlampe auf eine Felskante und nahm die Wand in Angriff. Mit den dicken Handschuhen konnte ich nicht in die Ritzen zwischen den Steinen greifen, also warf ich sie zusammen mit der Mütze beiseite und attackierte die Mauer mit bloßen Händen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich einen Stein nach dem anderen herauslöste. Mir bluteten die Fingerspitzen, die Oberarme schmerzten, aber ich war besessen von dem wilden Verlangen herauszufinden, was hinter der Barrikade lag. Staubwolken waberten durch den engen Gang, während ich unermüdlich arbeitete.
    Irgendwann hatte ich eine Öffnung freigelegt, in die ich einen Arm bis zur Schulter schob. Ich stemmte mich mit aller Kraft gegen das Gestein, bis die Öffnung schließlich so groß war, dass ich durchschlüpfen konnte.
    Ich holte tief Luft, wohl um mich innerlich für das zu wappnen, was mich hinter der Wand erwartete, und dann kletterte ich in das Gefängnis aus Fels und Stein.

Knochen und Schatten und Staub
    S ofort schlug mir der Geruch eines lange verschlossenen Raumes entgegen, die Luft war modrig und erwartungsvoll nach der langen Gefangenschaft.
    Nur wenige Schritte und der Gang bog ein wenig nach links, um sich sogleich zu einer imposanten hohen Höhle zu weiten, die die Dimensionen einer Kathedrale hatte. Überwältigt von den gewaltigen Ausmaßen, ließ ich das Licht der Taschenlampe über die Wände gleiten und richtete den Strahl nach oben, wo er in der Dunkelheit verschwand.
    »Eine Stadt im Berg«, murmelte ich.
    Einen Moment lang senkte sich ein Gefühl der Ruhe über mich, eine Art innerer Frieden, der daraus erwuchs, an einem so uralten Ort zu sein. Ihre Zuflucht, hatte Fabrissa gesagt. Eine Zuflucht, die zum Grab wurde.
    Ein tiefer Seufzer der Erleichterung entwich meinen Lippen. Es gab nichts Ungewöhnliches zu sehen. Bis zu dem Augenblick war mir nicht klar gewesen, wie sehr ich gefürchtet hatte, etwas Entsetzliches vorzufinden.
    Fabrissa konnte nicht hier sein. Ich hatte lange gebraucht, um die Barrikade zu durchbrechen, und ich hielt es für unwahrscheinlich, dass es einen anderen Eingang gab.
    »Aber wo bist du denn dann?«, flüsterte ich in die Stille hinein, als ich mich endlich der Einsicht stellte, die mir der gesunde Menschenverstand schon lange suggeriert hatte. Ich schüttelte den Kopf. Ich war mir so sicher gewesen, sie zu finden. Und tatsächlich spürte ich ihre Gegenwart neben mir. Irgendwo in der Nähe.
    Ich leuchtete mit der Taschenlampe durch die Höhle, ließ den Lichtstrahl in jede Spalte huschen. Plötzlich hielt ich inne. Irgendetwas hatte mich stutzig gemacht. Ich trat einen Schritt vor und richtete das Licht auf einen grauen Felsvorsprung, der in einem Winkel von fünfundvierzig Grad aus der Wand ragte. Daneben lag etwas auf dem Boden. Ich ging darauf zu, hielt die Taschenlampe ruhig, bis ich erkannte, dass es ein gefaltetes Blatt Papier war, das da lag, als wäre es von einem undenkbaren Windstoß dorthin geweht worden.
    Ich hob es auf. Es fühlte sich rauh an, ein grobes Material. Eher Pergament als Velin oder eine Buchseite, ähnlich dem billigen Papyrus, den Cook’s-Touristen von ihren Besichtigungen altägyptischer

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