Winterkill
aus Sarah heraus. »Krank im Kopf sind Sie! Sonst würden Sie nicht einen solchen Mist reden! Eine kaltblütige und gemeine Mörderin sind Sie, weiter nichts!«
Kathryn ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, zeigte keinerlei Regung. »Ich erledige nur meinen Job, Sarah. Sie hätten nicht gegen die Cavanis aussagen sollen, dann hätten Sie sich eine Menge Ärger erspart. Ich kann Ihre Wut verstehen. Sie haben Coleman und DiMaggio stundenlang an der Nase herumgeführt, das schafft nicht jeder. Sie hätten sehen sollen, wie wütend Cavani auf die beiden war. Ich schätze sogar, er wirft sie raus, und was das bedeutet, können Sie sich ja vorstellen.« Sie lächelte schwach, wurde aber gleich wieder ernst. »Ihr Verdienst, Sarah. Wirklich beachtenswert, das musste sogar Cavani zugeben. Was meinen Sie, wie sehr es ihn schmerzt, mich auch noch bezahlen zu müssen? Ich weiß, das ist nur ein kleiner Trost, aber vielleicht macht es Ihnen dieser Gedanke etwas leichter. Mich verpflichtet Cavani nur für die wirklich harten Fälle.«
»Und warum quatschen Sie dann so viel?«, fauchte Sarah die Killerin an. Sie war außer sich vor Wut und Verzweiflung, wusste nicht, ob sie schreien, weinen oder den Verstand verlieren sollte. »Wenn Sie mich umbringen wollen, dann tun Sie’s endlich und blasen Sie sich nicht so auf. Oder hauen Sie jedes Mal so auf den Putz, bevor Sie schießen? Sie sind eine Versagerin, Kathryn. Eine jämmerliche Schlampe, die den Abzug einer Pistole durchziehen kann, weiter nichts! Nur schade, dass ich Ihr Gesicht nicht sehen kann, wenn man ihnen Handschellen anlegt.«
Ganz gegen ihre Natur verlor Kathryn die Beherrschung. Ihre Opfer hatten sie mit allen möglichen Ausdrücken belegt: Schlampe, Hure und gemeine Mörderin. Aber »Versagerin« hatte sie noch niemand genannt. Sie biss sich auf die Unterlippe. Nur einen winzigen Augenblick ließ sie die Coolness vermissen, die sie zu einer erfolgreichen Auftragskillerin gemacht hatte. Lange genug, um Sarah zu einer Chance zu verhelfen. Sie war nur gering, aber eineandere Möglichkeit, der Killerin zu entkommen, würde es nicht mehr geben.
Sarah reagierte rein instinktiv. Aus dem Bauch heraus und weil es ihr plötzlich egal war, dass Kathryn die Pistole auf sie gerichtet hielt und nur abzudrücken brauchte. Keinen Gedanken verschwendete sie daran, dass sie den Tod durch ihr Manöver nicht aufhalten konnte. Sie dachte überhaupt nicht, erkannte nur, dass Kathryn für einen winzigen Augenblick abgelenkt war, und tat das, was sie tun musste.
Ohne sich um die Pistole zu kümmern, griff sie der Killerin ins Lenkrad und riss den Wagen quer über die Straße. Kein Fluch, kein Schrei kam über ihre Lippen. Sie war plötzlich ganz ruhig, als könnte ihr die Lady nichts anhaben. Ihre Hände hielten das Lenkrad fest umklammert. Sie hielt auf die Lagerhallen auf der anderen Straßenseite zu, auf die dunkle Wand, die ihren und den Tod der Killerin bedeuten konnte.
Viel zu spät trat Kathryn auf die Bremse. Sie war verwirrt, hatte sich zum ersten Mal durch eine Zielperson aus dem Konzept bringen lassen und reagierte emotional. Der größte Fehler, den sie begehen konnte. Sie trat auf die Bremse und machte dadurch alles noch schlimmer, denn jetzt geriet der Wagen auf der notdürftig geräumten Fahrbahn ins Schleudern, schlitterte auf den flachen Gehsteig und raste auf die Hauswand zu.
Ethan ließ den Motor an, riss das Lenkrad nach links und drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Mit einem Satz sprang das Taxi von den Gleisen. Lediglich der rechte hintere Kotflügel bekam einen Schlag, als die Lok den Wagen streifte und ihn zur Seite schob.
Von einer Sekunde auf die andere strömte die Kälte ausdem Wagen. Das Monster, das in seinen Körper gekrochen war, hatte keine Macht mehr über ihn. Zurück blieben Panik und Angst, obwohl er bereits in Sicherheit war, doch das Tuten der Lok und das Rattern der Räder waren so laut, als würde der Zug direkt über ihn hinwegfahren.
Sein Wagen zitterte und bebte, und das Dröhnen des Zuges erfüllte den gesamten Innenraum und schien es darauf anzulegen, die Fenster zerspringen zu lassen. Ethan hielt sich entsetzt die Ohren zu und schloss die Augen, wartete auf den Aufprall, zu dem es nicht mehr kommen würde. Sein Wagen stand neben den Schienen, er war in Sicherheit. Das grelle Licht der Diesellok wanderte aus dem Rückspiegel, das Tuten und Rattern wurde leiser, und als der Zug in der Ferne verschwand, hörten auch das Blinken
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