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Winterkinder: Drei Generationen Liebe und Krieg (German Edition)

Winterkinder: Drei Generationen Liebe und Krieg (German Edition)

Titel: Winterkinder: Drei Generationen Liebe und Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Owen Matthews
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allein auf dieser Grundlage erschossen werden. Ihre Frauen und Kinder wurden bedroht. Perverserweise konnten überzeugte Kommunisten überredet werden, für die Revolution zu unterschreiben: Deine Partei will es so! Trotzt du der Partei? Lockvögel drängten Mitgefangene zum Geständnis: Nur so rettest du dein Leben und das deiner Familie! Solschenizyn berichtet, wie überzeugte Kommunisten ihren Mitgefangenen zuraunten: »Es ist unsere Pflicht, die sowjetischen Verhöre zu unterstützen. Wir sind mitten im Gefecht. Wir sind selber schuld. Wir waren zu gutherzig; sieh dir die Fäulnis an, die sich ausgebreitet hat. Eine heimtückische Verschwörung ist im Gange. Selbst hier sind wir von Feinden umgeben.«
    Belogen, gefoltert, in einer Welt aus Schmerz und Verwirrung, weigerte sich Bibikow, der Parteimann, ein einziges Mal, den Befehlen der Partei Folge zu leisten, und hielt an seiner Unschuld fest, solange er es ertragen konnte. Aber wie fast alle brach er am Ende zusammen.

    19 Tage nach seiner Verhaftung unterschrieb er sein erstes Geständnis. Er hatte überraschend lange durchgehalten. Doch dann gestand Bibikow unterwürfig, Verbrechen gegen die Sowjetunion begangen zu haben. Die Fabrik sabotiert zu haben, die er mit aufgebaut hatte. Trotzkistische Spione rekrutiert zu haben. Propaganda gegen den Staat betrieben zu haben. Er gab zu, die Partei verraten zu haben, der er sein Leben gewidmet hatte. Seine nächsten Kollegen denunzierten ihn, und er denunzierte sie. Keiner der 25 angeblichen Mitglieder des Kreises verweigerte das Geständnis.
    Das erste Geständnis ist vom 14. August 1937. Darin kommt Bibikow zum ersten Mal selbst in der Akte zu Wort – der erste Hauch einer menschlichen Stimme in der trockenen Behördensprache. Die Verbrechen, die er gesteht, sind so bizarr, so verblüffend unwahrscheinlich, dass mir regelrecht schlecht wird beim Wechsel von banalem Juristenjargon zu der grotesken Sprache des Albtraums.
    »Vernehmungsprotokoll. Angeklagter Bibikow, Boris Lwowitsch, geboren 1903. Ehemaliges Parteimitglied. Frage: In der Aussage, die Sie heute mit eigener Hand gemacht haben, geben
    »Die Akte, die alles bestimmende Akte.« Der Deckel der NKWD-Akte zu Fall Nummer 123, »sowjetfeindliche rechte trotzkistische Organisation in der Ukraine«. Boris Bibikows Name ist in eigentümlich kunstvoll gestochener Schrift eingetragen.
    Sie zu, Mitglied einer konterrevolutionären, terroristischen Organisation zu sein. Von wem, wann und unter welchen Umständen wurden Sie in die Organisation eingeführt?«
    »Antwort: Ich wurde durch den ehemaligen zweiten Parteisekretär von Charkow, ILJIN, im Februar 1934 für die konterrevolutionäre, terroristische Organisation rekrutiert … Wir trafen uns oft im Zuge unserer Parteiarbeit. Bei unseren Treffen 1934 drückte ich Zweifel an der Richtigkeit der Parteipolitik in Fragen der Landwirtschaft, der Entlohnung der Arbeiter usw. aus. Im Februar 1934, nach einer Ausschusssitzung, lud ILJIN mich in sein Büro ein und sagte, er wolle offen sprechen. Dann schlug er vor, ich solle der trotzkistischen Organisation beitreten.«
    Die Niederschrift war mit der Maschine getippt, und Bibikow hatte sie unterschrieben. Die Handschrift gibt keinen Aufschluss darüber, was ihm durch den Kopf ging, als er seine Unterschrift hinkritzelte.
    Doch ein einfaches Geständnis war nicht genug. Die Bürokratie verlangte weitere Einzelheiten, mehr Namen, um die Quote der Volksfeinde zu erfüllen, die in jedem Bezirk und in jeder Region des Landes gefunden werden musste. Wie Drehbuchautoren, die eine Seifenoper von grotesker Komplexität fabrizieren, verlangten die Ermittler von ihrer umfangreichen Besetzung, die Geschichten der Übrigen zu untermauern und die Handlung noch vielschichtiger zu gestalten. Bibikows erstes Geständnis brachte ihm keine Ruhepause. Die Verhöre gingen weiter. Doch irgendwann muss etwas in ihm gegen die Perversität und den Horror rebelliert haben, und er versuchte, sich den Weg zurück in die Welt des gesunden Menschenverstands zu erkämpfen. Diese Augenblicke des Widerstands dringen durch die dünnen, lakonischen Seiten der Akte wie ein stiller Schrei.
    »Fragen an Fedajew«, steht in der nüchternen Niederschrift seiner ersten »Gegenüberstellung« mit einem »Mitverschwörer«, dem einstigen Vorsitzenden des Regionalausschusses Charkow. »Sagen Sie uns, was Sie über Bibikow wissen.«
    »Fedajews Antwort: ›In zwei Gesprächen mit Bibikow stellte ich sicher, dass er

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