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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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seine Schlechtigkeit. So wie jetzt in diesem Moment. Sie zitterte am ganzen Leib. Er wusste nicht, ob das von dem Fieber kam, oder davon, dass sie genau wusste, was er vorhatte, und es sogar noch zu verstehen schien.
    „Geh“, sagte sie müde. „Rette deine eigene Haut. Das willst du doch, nicht wahr? Wenn du ein Herz im Leib hast, dann geh zu Finnikin und Hauptmann Trevanion und Sir Topher. Warte an der Kreuzung, bis jemand vorbeigeritten kommt und dich bis zu dem Gasthaus an der Straße nach Sendecane mitnimmt. In dieser einsamen Gegend dürfte es nicht allzu schwer sein, sie ausfindig zu machen. Sag ihnen, dass wir das Fieber haben.“ Sie griff in ihre Tasche und holte den Ring hervor. „Das erspart dir später die Mühe, ihn zu stehlen.“
    Ja, er hasste sie dafür, dass sie ihn so gut kannte.
    „Ich habe einen Plan. Wenn er schiefgeht, sind der Priesterkönig und ich bei eurer Rückkehr bereits tot. Dann sorge dafür, dass wir ein Begräbnis bekommen. Finnikin soll das übernehmen. An einem Altar für die Göttin mit den zwei Gesichtern. Er soll einen Felsen mit seinem Blut benetzen, damit ich im Tod beschützt bin. Hast du mich verstanden, Froi? Mehr verlange ich nicht von dir.“
    Sie taumelte zurück zu dem kranken Priesterkönig und legte ihre Hand auf seine Stirn. „Stütze ihn“, befahl sie.
    Froi ging um den alten Mann herum, kniete sich hin und hielt seinen Kopf.
    „Was für eine Freude, in den Armen der Zukunft von Lumatere zu liegen“, sagte der Priesterkönig.
    Froi nickte. „Stimmt genau.“ Er sah Evanjalin fragend an, um herauszufinden, ob das die richtige Antwort gewesen war. Aber sie beugte sich zu dem alten Mann und raunte, dass sie einen Plan habe, weshalb er auf gar keinen Fall sterben dürfe.
    Später beobachtete Froi vom Fenster aus, wie sie mit einem Dolch in den Wald stolperte, während der Priesterkönig mit dem rasselnden Atem des Todes dalag und vor sich hin dämmerte.
    „Hätte gern mal dieses Lied gehört“, murmelte Froi und beugte sich ein letztes Mal über den alten Mann.
    Dann ging er fort. Er bahnte sich den Weg durch das fast mannshohe Gras und dabei war ihm so seltsam zumute wie noch nie. So als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt und innen alles zu Brei geschlagen.
    Er glaubte nicht an Schicksal und auch nicht an Götter oder Anführer. Er glaubte nicht an Menschen oder Göttinnen oder Liebe oder das, was richtig war. Aber er wusste, wie man überlebte. Und als er an die Kreuzung mit dem Wegweiser kam, auf dem, wie er annahm, Belegonia geschrieben stand, überlegte er, zurück in die Städte zu gehen, an denen sie vorbeigekommen waren. In die Städte, wo es so viele achtlose reiche Leute gab mit dicken Geldbörsen und jede Menge wertvoller Sachen. Dann wäre sein Leben wieder so wie früher, bevor er Evanjalin über den Weg gelaufen war, in jener Gasse in Sarnak vor einer halben Ewigkeit.
    Aber niemand hatte Froi je den Unterschied zwischen rechts und links, zwischen Süden und Westen beigebracht. Und als er ein wenig später mit einem zahnlosen Mann auf dessen zweispännigem Pferdekarren weiterfuhr und ihm klar wurde, dass er die falsche Richtung eingeschlagen hatte, sagte er sich, dass er ja vielleicht doch mit Absicht nach Westen unterwegs war. Und als das Schicksal auch noch dafür sorgte, dass der zahnlose Alte vor dem Gasthaus hielt, in dem der Hauptmann und Finnikin und Sir Topher und Moss und Perri und noch drei weitere Leute saßen und mit leeren Blicken vor sich hin starrten, weil sie Dinge gesehen hatten, die jedes Gefühl ersterben lassen, ging Froi zu ihnen und platzte mit den Worten heraus: „Sie will, dass ihr kommt und sie beerdigt.“
    Perri sah ihn an, als wüsste er genau, was für eine finstere Seele Froi hatt e – vielleicht weil er sich mit finsteren Seelen auskannte. Aber am schlimmsten war es mit Finnikin. Froi wollte ihn erst gar nicht ansehen, aber dann tat er es doch, denn er hörte ein Geräusch wie von einem wilden Tier, und dann sagte Finnikin ihren Namen, wie Froi noch nie jemanden einen Namen hatte sagen hören und es bestimmt auch nie wieder hören würde.
    Der Hauptmann befahl Moss, Sir Topher und zwei Männern der Garde, ins Tal zu reiten, wo sich die Vertriebenen bereits versammelten, während er selbst mit Perri und Finnikin und Froi den Priesterkönig und Evanjalin bestatten würden. Froi gefiel es, dass der Hauptmann ihn mitzählte, deshalb spielte er weiter seine Rolle. Evanjalin hatte gesagt, es gebe

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