Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
Vom Netzwerk:
verbergen die jungen Mädchen von Lumatere im alten Kloster. Vor drei Tagen ist der Bäcker heimlich zu ihnen gereist, um seine Tochter zu besuchen, und unterwegs hat er Kirschblüten gepflückt.“
    „Das kannst du nicht mit Gewissheit sagen“, widersprach Finnikin. „Angenommen, diese Tesadora hat tatsächlich die Novizinnen gerettet, hätten der falsche König und seine Männer das nicht sehr rasch gemerkt? Hätten sie das Versteck nicht längst gefunden?“
    „Vielleicht müssen sie sich nicht verstecken. Was auch immer der Thronräuber verfügt hat, als er die Waldbewohner töten ließ, auch er hat den Zorn der Götter zu fürchten, wenn er einen Tempel der Sagrami verwüstet“, sagte Evanjalin. „Die Novizinnen dienen einer Göttin, die Lumatere verflucht hat. Und den Thronräuber trifft der Fluch wie jeden anderen innerhalb der Mauern von Lumatere.“
    „Wenn die Novizinnen sich so gut mit Kräutern auskennen, wie ich vermute, dann ist es ihnen ein Leichtes, die Mädchen in einen totenähnlichen Schlaf zu versetzen“, sagte Sir Topher.
    „Was ist mit den Lumaterern, von denen du gesprochen hast? Der Bäcker und die anderen Väter und Mütter der Mädchen, beten sie Sagrami an?“, fragte Trevanion.
    Evanjalin verneinte. „Sie verehren Lagrami. Aber in diesem Fall wollen beide, Lagrami und auch Sagrami, die jungen Mädchen von Lumatere beschützen.“
    „Ja, aber wie?“
    Sie zögerte, dann sagte sie: „Manches an dieser Geschichte mag für Euch vielleich t … schwer verständlich sein.“
    Finnikin starrte sie verwirrt an. „Evanjalin, Trevanion hat sieben Jahre in den Bergwerken von Sorel verbracht, und Sir Topher und ich haben auf unseren Reisen alles gesehen, was man nur sehen kann.“
    „Aber es gibt Ding e …“
    „Evanjalin“, unterbrach sie Sir Topher. „Finnikin hat Recht. Es gibt nichts, was wir nicht ertragen könnten.“
    Evanjalin seufzte. „Der trauernde Lehrjunge des Kochs dachte an Blut in der Nacht, in der seine Freundin starb. Und auch der Soldat des Königs träumte von Blut. Jedes Mal, wenn eines der Mädchen stirbt, tauchen Träume oder Erinnerungen an Blut auf. Ich vermute, dass die Mädchen vermeintlich an der monatlichen Blutung sterben. Zumindest glauben das der Thronräuber, seine Gefolgschaft und auch der Rest des Königreichs. Stellt euch nur einmal vor: Die Soldaten kommen ins Haus einer Familie, die gerade ihre Tochter verloren hat. Sie verlangen, das tote Kind zu sehen. Da liegt es. Reglos. Vielleicht so, wie es Sir Topher angedeutet hat, nämlich durch die Macht der klügsten Kräuterkundigen im Königreich. Die Männer des Verräters wollen wissen, was passiert ist. Nicht weil sie Mitleid mit den Mädchen oder deren Familien haben, sondern weil sie eine Verschwörung wittern. Die Frauen sind klug. Sie erzählen von dem Fluch, der junge Mädchen jeden Monat heimsucht, denn sie wissen, dass der falsche König und seine Männer zurückschrecken vor solcherlei Reden über Blut, das aus dem Schoß junger Mädchen fließ t …“
    Finnikin räusperte sich. „Ich glaube, ich habe etwas gehör t … draußen vor der Höhle“, murmelte er und wollte aufstehen. Evanjalins Blick hielt ihn zurück.
    „Blut?“, sagte Froi voller Entsetzen. „Aus dem Schoß. Dort, wo die Männe r …“
    „Froi!“, fuhr Trevanion ihn an.
    „Ja, sie bluten manchmal wie ein abgestochenes Schwein“, bestätigte Evanjalin.
    „Evanjalin!“
    Evanjalin beobachtete Sir Topher und Trevanion, die plötzlich mit großem Interesse die Höhlenwände betrachteten.
    „Habe ich nicht gesagt, dass manches an dieser Geschichte Euch nicht behagen wird?“, sagte sie.
    „Es ist nicht recht, wenn eine junge Frau in Gegenwart von Männern von solchen Dingen spricht, Evanjalin“, tadelte sie Sir Topher. „Ich frage mich ohnehin, ob du dich hier nicht vielleicht in etwas verrennst.“
    „Tu ich das?“, fragte sie. „Und was, wenn ich Euch sagte, dass ich nur während meiner eigenen Monatsblutung in die Träume der Menschen blicken kann?“
    Sir Topher war rot geworden, aber er hielt ihrem Blick stand und forderte sie mit einem Nicken auf fortzufahren.
    „Vielleicht sollen diese Männer glauben, dass junge Mädchen, wenn sie ihre erste Blutung haben, von einem Fluch heimgesucht werden und einfach verbluten. Das ist natürlich unsinnig. Aber vielleicht hat man ihnen gesagt, dass Seranonnas Fluch daran schuld ist. Vielleicht hat man ihnen weisgemacht, dass sie damit die Kinder der Lagrami

Weitere Kostenlose Bücher