Winterlicht
Aldron.“
Die Männer lachten, ohne aufzuschauen.
„Die letzte Dame, die ich gesehen habe, als ich heute Morgen von hier wegging, war deine, Moss“, sagte der Mann, von dem Finnikin annahm, dass er Aldron war.
„Wir haben Besuch.“
Einige der Männer hielten inne und kniffen verwundert die Augen zusammen. Finnikin wurde klar, dass sich, wie in ganz Pietrodore, auch hierher nur sehr selten Besucher verirrten.
„Das haben wir der Garde eines anderen Königs zu verdanken“, sagte Moss geheimnisvoll.
Bei diesen Worten sprangen alle Männer auf. Wie auf Kommando zogen sie ihre Schwerter aus der Scheide.
„Moss, was ist daran witzig?“, fragte einer der Männer und ging auf ihn zu.
Finnikin erkannte ihn sofort wieder. Es war Perri. Trevanions Stellvertreter. Der Mann, der ihn nach dem Albtraum von Lumatere in die Obhut Sir Tophers gegeben hatte. Der Mann, der ihm Trevanions Schwert überreicht hatte.
Perri blieb direkt vor ihnen stehen. Er war schlank, nicht so hünenhaft wie Moss oder Trevanion, aber er strotzte vor Kraft. Wie schon so oft als Kind erschauerte Finnikin beim Anblick dieser Männer.
Ein Zeichen des Wiedererkennens zuckte über Perris Gesicht. Er stellte sich vor seinen Hauptmann hin, und die beiden Männer sahen einander gerührt an. Sie schlangen die Unterarme umeinander, ihre Fäuste zitterten. Neugierig kamen die Anwesenden im Saal näher, und plötzlich rief ein Chor von Männerstimmen Trevanions Namen.
„Weinen sie?“, fragte Froi verächtlich.
Auf seine Worte folgte Stille. Die Männer drehten sich um und starrten Froi an wie einen Käfer, den sie im Handumdrehen zerquetschen könnten. Froi war geistesgegenwärtig genug, um verängstigt dreinzublicken.
„Will er sich etwa über uns lustig machen?“, fragte einer der Jüngeren.
Trevanion packte einen Mann und klopfte ihm auf die Schulter. „Als ich dich zum letzten Mal gesehen habe, Aldron, warst du halb so groß.“
„Ich war fünfzehn, Hauptmann“, erwiderte Aldron. „Und Ihr habt geschworen, Ihr würdet niemanden in die Garde aufnehmen, der so jung ist wie ich. Aber Ihr habt auch gesagt, ich hätte den Mut eines Löwen.“
„Wie der Kleine hier.“ Moss sah Finnikin an und grinste.
Finnikin fühlte Perris forschenden Blick auf sich ruhen. Es war ein Blick voller Stolz.
„Der kleine Finn“, murmelte Perri vor sich hin. Blitzschnell nahm er Finnikin in den Schwitzkasten und wirbelte ihn herum, während die anderen johlten. „Und wo ist Sir Topher?“, fragte er dann.
„Der kommt sich vor wie ein Zwerg“, antwortete Sir Topher lachend. Er stand fast ein wenig verloren mitten unter den großen Männern. Drei Hochs wurden auf den Obersten Ratgeber des Königs ausgebracht.
Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, spürte man, wie überwältigt alle waren. Finnikin konnte in den Gesichtern der Männer lesen, dass sie noch nicht recht begriffen, wer da soeben in ihre Herberge spaziert war. Trevanion waren ihre fragenden Blicke nicht entgangen. Er sah sie alle nacheinander an, dann wanderte sein Blick zu Froi und Evanjalin, die noch ganz benommen von dem Jubel waren. Sachte zog Trevanion sie an sich und stellte sie so, dass sie seinen Mannen gegenüberstanden. Mit dem Handrücken strich er ihnen übers Gesicht.
„Meine Herren“, sagte er leise, „ich stelle euch die Zukunft unseres Königreichs vor. Sein Herzblut. Wir werden Lumatere zurückerobern. Für sie.“
In überschäumender Freude warfen die Männer das Mädchen und den Jungen in die Luft. Finnikin sah sowohl Glück als auch Furcht in Evanjalins Miene.
Und Froi konnte sich gar nicht genug wundern. Er sah aus, als hätte er noch nie aus einer solchen Höhe auf die Welt hinuntergeblickt.
Kapitel 16
I n der darauffolgenden Woche war kaum Zeit für eine Verschnaufpause. Trevanion machte sich unverzüglich daran, seine Truppe auf Vordermann zu bringen. Die Begeisterung der Männer war so groß, dass sie die schweißtreibenden Schindereien ohne Murren ertrugen. Es mangelte ihnen nicht an Klugheit und Erfahrung, jedoch an der Kraft der Jugend und an Ausdauer, aber gerade die war besonders wichtig, falls der Kampf um Lumatere sich in die Länge ziehen würde. Der Hof des Gasthauses hallte wider von den Befehlen, die Trevanion und Perri brüllten. Sie wollten die Männer zu Höchstleistungen anspornen, was für alle hin und wieder zu einer echten Geduldsprobe wurde.
„Achte auf deine Deckung, Callum!“
„Deine Füße sind zur Verteidigung da,
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