Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
Freund haben wollen, nur weil er dir wichtelt?«
Ach du grüne Neune! Da ich mit keinem Gedanken daran gedacht hatte, dass mich ein völliger Loser aus meiner oder einer anderen Klasse 24 Mal beschenken könnte, schüttelte ich den Kopf. »Nee, natürlich nicht!«
»Siehst du!«, rief Pauli triumphierend. »Es hat gedauert, bis ich mir das klargemacht hatte, und dazu kam, dass Nell mir gestern sagte, dass Matteo dein Feind ist. Mensch, Holly! Das stimmt doch, oder?«
Stimmte das?, fragte ich mich. Einerseits war Matteo seit ewigen Zeiten mein Feind, andererseits war da die Sache mit dem Geschenkpapier und dem Goldband. So wie es aussah, nahm er das Wichteln zum Anlass, die Feindschaft zu beenden. War doch so gut wie sicher, oder? Wenn ich nur ganz klar wüsste, woran ich war! Ich zögerte die Antwort so lange hinaus, bis Pauli ungeduldig wurde. »Ist Matteo nun dein Feind oder nicht?«
Ich wusste, mein Ja oder Nein würde entscheiden, ob ich endlich einen Freund haben würde – und wenn es nur Pauli wäre. »Mensch, Pauli, die Pittis und meine Familie sind seit einem halben Jahrhundert verfeindet«, sagte ich schließlich und hoffte, er würde sich damit zufriedengeben.
»Ja dann!«, rief er erleichtert und umarmte mich.
Ich fühlte mich ziemlich mies.
»Holly, ich hol dich heute um fünf ab«, sagte er eifrig.
»Das geht nicht. Ich muss mit meiner Mutter den Abstellraum entrümpeln, weil Montag der Sperrmüll abgeholt wird.«
»Schade. Dann morgen, ja?«
»Morgen müsste gehen. Vorausgesetzt ich muss nicht wieder helfen.«
»Hast ein ziemlich kompliziertes Leben, was?«, meinte er mitfühlend.
»Und ob!«, rief ich und wollte ihm schon mein Herz ausschütten – Nell, meine Zwangsschwester! Otto, der seit seinem Einzug jeden Abend und jede Nacht mit meiner Ma kuschelte! –, aber zum Glück fiel mir gerade noch ein, dass Pauli mit Nell auf gutem Fuß stehen musste, wenn sie ihm von unserer Pitti-Feindschaft berichtet hatte. »Na ja, es geht so«, schränkte ich ein und war froh, dass wir inzwischen vorm Klassenzimmer standen.
Ich fragte mich, weshalb Pauli plötzlich hinter mir saß. »Hab den Platz getauscht«, erklärte er cool.
In der ersten Stunde hatten wir Erdkunde. Ich holte mein Mäppchen, das Heft, das Buch und den Atlas aus dem Rucksack und legte alles schön geordnet auf den Tisch, den ich mit Thea teilte. Wie immer war meine Nebensitzerin bereits voll organisiert; ihr Heft, das Buch und sogar der Atlas waren schon aufgeschlagen. Missbilligend schaute sie mir zu, wie ich hastig meinen Rucksack mit einem Fußtritt untern Stuhl beförderte. »Wie kannst du nur so unachtsam mit dem guten Stück umgehen«, schimpfte sie, bückte sich, zog ihn vor – und dabei rutschte ein kleines Päckchen heraus. Schön in Geschenkpapier gewickelt, mit feinem Goldband verschnürt – alles wie gehabt. Thea legte es mitten auf den Atlas. »Von deinem Wichtel, Holly?«
»Muss wohl so sein«, murmelte ich.
»Mach es auf!«
Glücklicherweise kam in diesem Augenblick unsere Erdkundelehrerin herein, und weil mit ihr nicht zu spaßen ist, steckte ich es blitzschnell in den Rucksack zurück. »Später!«
»Nein! Jetzt!«, zischte Thea. »Während sie die Landkarte aufrollt!«
Thea war eine echte Nervensäge; ich wusste, sie würde nicht lockerlassen. Seufzend holte ich das Päckchen und starrte auf die Perlen. An diesem Tag waren es zwei schwarz-weiße Fußbälle mit einem Loch zum Auffädeln mittendurch. Fußbälle! Schenkt ein Mädchen einem anderen Mädchen Fußbälle???
Die Frage ließ mich die ganze Stunde nicht los. Ich wusste, dass Matteo der beste Fußballer unserer Schule war; während unzähliger Ferien hatte er in Fußballcamps trainiert und war inzwischen so gut, dass ihn sogar die Jungs aus der Großstadt zu wichtigen Spielen holten.
Plötzlich tippte Pauli mir auf die Schulter. »Holly, dein Wichtel hat dir FUSSBÄLLE geschenkt!«
Ich nickte.
»Ich vermute, der Wichtel ist doch ein Junge!«
»Keine Ahnung, ehrlich«, flüsterte ich.
Ich hatte ein echtes Problem: Vorausgesetzt Matteo wäre aller Wahrscheinlichkeit nach der Wichtel und Pauli, die Spürnase, würde das herausfinden – dann würde er die Flucht ergreifen, bevor sich unsere Freundschaft zu mehr als ein paar Küssen und Händchenhalten entwickelt hätte.
Würde ich nicht mit Pauli gehen und wäre Matteo nicht mein Wichtel, säße ich wieder ohne einen einzigen Freund auf dem Trockenen.
Was sollte ich nur tun? Eines war sicher:
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