Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
applaudierten, was mit Händen in dicken Handschuhen ziemlich gedämpft klang. Plötzlich schleppte Matteo einen zweiten Baum mit einem gelben Band an. »Opa, der ist noch schöner«, sagte er laut. »Du kannst den struppigen Besen gerne den Nachbarn lassen.«
Doch so leicht ließ sich Opa Cosimo nicht von seiner Wahl abbringen. Er und Antonella beäugten und verglichen die Bäume, bis wir unseren zurückbekamen. Ganz ehrlich: Er war kein Besen, aber der andere hatte tatsächlich vollere Äste.
Mein Problem war, dass Matteo mich angrinste und kurz nach meiner Hand fasste, was Pauli so zu ärgern schien, dass er beim Schlittschuhlaufen Matteo immer wieder vor die Kufen lief, sodass der zwei Mal aufs Eis krachte. Matteo war sauer und hielt Pauli die Faust unter die Nase, doch der lachte ihn einfach aus. »Fang mich doch!«
Am Abend erzählte ich Biene und Otto die Geschichte vom heiligen Nikolaus, den jemand geklaut hatte. Und beim Zähneputzen fiel mir auf, dass ich heute kein Geschenk von meinem Wichtel bekommen hatte.
12. Dezember
I ch meinte, es sei mitten in der Nacht, als wir aus dem Schlaf geklingelt wurden. Tatsächlich war es wieder kurz nach sechs am Morgen, als wir vier in Nachthemd und Schlafanzug zur Haustür rannten, weil ein Trottel den Finger auf dem Knopf ließ.
Biene war als Erste an der Tür, riss sie auf und stöhnte laut, als sie Opa Cosimo sah.
»Der Baum muss weg!«, sagte er.
»Welcher Baum?«, erkundigte sich Biene schlaftrunken.
»Der Baum am Zaun!«
»Der Christbaum?«
»Genau. Der muss weg.«
Der Transport war abenteuerlich gewesen. Biene war gefahren, Otto hatte das dicke Ende des Stamms gehalten, Nell und ich hatten ihn ungefähr in der Mitte umklammert, aber mehr als ein Drittel ragte aus dem Kofferraum und wippte so heftig, dass Biene nur Schrittgeschwindigkeit fahren konnte.
Viele Autofahrer hupten und drohten uns mit dem Zeigefinger, aber wir lachten, bis uns die Tränen über die Wangen liefen.
Zu Hause banden wir meinen giftgrünen Schal von der Spitze, den wir anstelle des eigentlich vorgeschriebenen roten Tuches befestigt hatten, trugen zu viert das gute Stück in den Garten und lehnten es an den Zaun.
Und jetzt stand Opa Cosimo im dunklen Plüschmorgenrock vor uns und war damit nicht einverstanden.
»Warum muss er weg, Cosimo?«, fragte Otto.
»Das Gewicht drückt den Zaun ein.«
»Mensch, Cosimo! Hättest du uns das nicht schon gestern sagen können?«, jammerte Otto. »Wir sind schließlich keine Rentner wie du. Wir arbeiten und brauchen unseren Schlaf!«
Opa Cosimo hielt ihm den Zeigefinger vor die Nase. »Der Baum muss weg!«
Biene stöhnte wieder. »Herr Pitti, lassen Sie’s gut sein. Ich verspreche Ihnen, dass wir den Baum später …«
»Nichts da!«, fiel er ihr ins Wort. »Sofort!«
»Ich hole mir den Tod, wenn ich bei der Temperatur im Schlafanzug in den Garten gehe. Könntest du nicht aus nahmsweise ums Haus herum und …«
»Fremde Gärten betrete ich nicht«, sagte Opa Cosimo entschieden. »Zieh dir was an, dann legst du den Baum in den Schnee und dich ins Bett. Wo ist das Problem, Otto?«
Als Nell und ich wieder in unseren Betten waren, sagte ich: »Es war das erste Mal, dass dein Vater wütend geworden ist. Ich jedenfalls wäre niemals mit Pantoffeln und im Schlafanzug in den Schnee rausgegangen, nur weil es Opa Cosimo wollte.«
»Cosimo ist ein altes Ekel«, meinte Nell. Ich verstand sie kaum, weil ihre Zähne so klapperten.
»Klar ist er das«, stimmte ich ihr zu. »Wie kommt es, dass sich die beiden mit dem Vornamen anreden. Weißt du es inzwischen?«
»Keine Ahnung.«
»Frag doch mal Matteo«, schlug ich vor.
»Frag du ihn«, entgegnete Nell. »Und jetzt lass mich schlafen.«
Zum zweiten Mal am 3. Advent wachte ich gegen elf Uhr auf. Vorm Fenster schien ein weißer Vorhang zu hängen, und überhaupt kam es mir vor, als wäre das Haus in Watte gepackt. Dafür gab es natürlich eine Erklärung: Es schneite.
Es schneite so stark, dass auf dem Fenstersims eine zentimeterdicke Decke lag. Von unserem hart erkämpften Christbaum waren nur noch die Umrisse zu erkennen, und unsere Tannen, die die Grenze zum Pitti-Garten markierten, bogen sich unter der Last.
Ich rüttelte Nell wach, dann rannte ich die Treppe runter und wummerte gegen die Tür, hinter der Biene und Otto kuschelten. Als ich sicher war, dass ich sie geweckt hatte, schloss ich mich im Badezimmer ein und stellte mich unter die Dusche.
Neben der Eisbahn gab es die
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