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Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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hatte sie verloren, obwohl das nicht ausgesprochen war. Ein Gefühl der inneren Gewissheit sagte ihr, dass es so war. Merkwürdig, sinnierte sie, wie das alles parallel läuft. Jetzt musste nur noch Thomas Broll verschwinden, dann hatte sie niemanden mehr, dem sie annähernd vertrauen und mit dem sie freundliche Worte wechseln konnte. Unversehens stand abermals Dirk vor ihrem geistigen Auge. Sie reflektierte die Gespräche mit ihm vorwärts, rückwärts und wieder von vorne. Versuchte, sich an den Tonfall einzelner Worte zu erinnern, bis der Schmerz in der Brust ihr alle Sinne nahm. Am liebsten würde sie ihr Leben beenden. Bei dieser Vorstellung setzte sie sich abrupt auf. Wieso meines?, dachte sie unvermittelt begleitet von aufkeimendem Zorn. Die Vögel zwitscherten bereits, als sie endlich einschlief.

12
     
    Pastor Lennart fuhr nach seinem Besuch bei seinem Freund Herbert Rosskamp nachdenklich zurück nach Trier. Die Autobahn war stark befahren und verlangte seine volle Konzentration. Dennoch konnte er es nicht verhindern, ständig in seinen Überlegungen abzuschweifen. Er war ausgesprochen besorgt. Rosskamp war so aufgewühlt gewesen, als er ihm seine Liebe zu Leonie offenbart hatte, dass ein kleiner Nadelstich genügte, und sein Freund würde um sich schlagen, nur um zu erreichen, was er sich in den Kopf gesetzt hatte. Er schien seinen Verstand verloren zu haben. Herbert erwartete etwas von ihm, dem er sich nicht fügen konnte. Niemals. Und überhaupt, dachte Lennart. Was würde Leonie dazu sagen? Würde sie mit einer Heirat einverstanden sein? Sie würde wahrscheinlich eher davon laufen. In der ganzen Aufregung hatte er vergessen, seinen Freund danach zu fragen. Ihn zu fragen, was er denn glaube, wie sie reagieren würde, wenn er ihr die Wahrheit sagte? Ob er tatsächlich annahm, dass sie ihm freudig in die Arme fallen würde? Im Gegenteil, einen Schock würde sie bekommen. Wenn Herbert wahr machte, was er ihm anvertraut hatte, dann gnade ihm Gott. Lennart wagte, nicht weiter zu denken. Und er sollte die beiden auch noch trauen. Lennart schüttelte den Kopf. Sein Freund schien total übergeschnappt. Das war alles absurd, so eine Verrücktheit konnte er nicht zulassen. Lennart versuchte, seine Gedanken zu jener Zeit zurückkehren zu lassen, deren Erinnerung er so lange sorgfältig vermieden hatte, und stellte fest, dass er es auch jetzt nicht konnte. Stattdessen musste er an seinen Vater denken, der zu jener Zeit hinter dem Steuer seines Wagens einem Herzanfall erlegen war und Mutter mit in den Tod gerissen hatte. Lennart holte schwer Luft. Noch immer spürte er ein schlechtes Gewissen. Wenngleich es ihn auch damals schwer getroffen hatte, so war es für ihn selbst doch das oft zitierte Glück im Unglück gewesen. Er erbte mit fünfundzwanzig Jahren die familieneigenen Weinberge, die er erfolgreich verpachtet hat. Lennart selbst hatte nie Winzer werden wollen. Vater war ihm lange gram darüber gewesen. Hatte aber akzeptiert, dass sein Sohn nach der Familie mütterlicherseits schlug, aus der schon mehrere Geistliche hervorgegangen waren. Lennart schickte ein Stoßgebet zum Himmel. „Herr, du warst all die Jahre auf meiner Seite. Du hast mich gefördert und die Erfolgsleiter hinauf klettern lassen.  Du kannst mich doch jetzt nicht herunterstoßen. Ich dachte, du hättest mir all meine Jugendsünden verziehen.“ Und er hatte so manche Streiche ausgeheckt, zusammen mit Herbert und seinem jüngeren Bruder Johannes. Lennarts Gedanken kehrten zu ihm selbst zurück. „Was hast du vor mit mir, mein Gott und Vater? Ich bitte dich, lass es nicht geschehen, nicht nur um meinetwillen“, murmelte er. Bei dem letzten Satz stieg ihm eine leichte Röte ins Gesicht. Hier war er nicht lückenlos ehrlich. Gerade um seinetwillen sollte es nicht geschehen. Und wenn der Herr gegen ihn arbeitete, so würde Lennart sich darüber hinwegsetzen, »verzeih mir, oh Herr«, murmelte er, und das tun, was er selbst für richtig und nötig hielt. Nicht umsonst war er soweit gekommen. Letztendlich war die Kirche ein Unternehmen wie jedes andere. Das hatte er sehr schnell erkannt, und wie in jedem anderen Unternehmen, in dem man weiter kommen wollte, waren auch im Kirchendienst Tricks und Schliche an der Tagesordnung. Und hier war er sicherlich durchtriebener als andere. Seine Gedanken glitten zu Leonie. Fast bereute er sein unwirsches Verhalten ihr gegenüber. Aber er war nervös und zu emotionalisiert gewesen, als dass er sich noch hätte

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