Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
Vom Netzwerk:
haben wir bestimmt noch
eine Stunde gesessen und jeder hatte Zeit alles zu verarbeiten, die Last des
Weges, die Sorge um die Daheimgebliebenen. Wir hielten uns an den Händen und
jeder gab den anderen seinen Dank zurück. Danke, dass sie mich auf diesem Weg
begleitet hatte, sich immer um mich gekümmert und gesorgt hatte. »Schau mal
Heinz was ich von dir habe, du hast deine Stöcke vergessen, dann war es mein
Handy, mein Brustbeutel oder meine Geldbörse mit Kamera.« Ich hatte genug Grund
ihr zu danken. Ohne sie wäre ich bestimmt ohne meinen Kopf heim gekommen. Sie
äußerte den Wunsch ganz alleine das Grab des Apostels aufzusuchen. »Du musst
mich verstehen, sieben Wochen war das mein Ziel, nun möchte ich diesen Weg ganz
allein mit meinen Sorgen, Nöten, Bitten und Wünschen gehen.« Ich habe mir in
dieser Zeit in aller Ruhe diese herrliche Kathedrale angesehen. Ein Glück, dass
wir noch einen Tag Zeit haben. Ich werde bestimmt noch manche Stunden hier
verbringen! Als sie zurück kam suchen wir uns draußen eine schöne Stelle mit
Blick auf die Kathedrale und öffnen unsere Sektflasche. Er war sehr warm und
trotzdem für uns ein köstliches Getränk. Wir gratulieren uns zu unserem
Ankommen und suchen uns ein Plätzchen zum Sitzen. Es war heute sehr warm
geworden, ich schätze 25°C—27°C aber was macht das schon, wenn man vor lauter
Glück die Welt umarmen möchte, und das an meinen 67. Geburtstag. Wir sitzen nun
inmitten vieler Pilger aus aller Welt und man merkt förmlich ihre Freude,
angekommen zu sein. Immer wieder geht unser Blick zur Kathedrale, keiner von
uns beiden möchte gehen. Lange haben wir hier gesessen und gesehen, dass viele
Pilger ankamen. Viele waren gezeichnet vom langen und schweren Weg. Manche
hatten große Fußprobleme. Es wurde langsam Zeit ins Pilgerbüro zu gehen und
unsere große Compostela in Empfang zu nehmen. Drei Pilgerpässe hatte ich voller
Stempel. Schon von zuhause hatten wir jeder ein kleines Röhrchen in unserem
Rucksack mitgenommen, um diese Urkunde aufzunehmen. Wir bekamen sie mit
freundlichen Worten in deutscher Sprache überreicht. Schwierigkeiten hatten wir
nur, beide Urkunden in dieses enge Röhrchen unter zu bringen. Hoffentlich
bekommen wir sie zuhause da auch wieder unbeschädigt raus?
    Mit dem Bus
fahren wir zu unserer Albergue zurück. Wir wollen nicht in der Stadt zu Abend
essen, weil wir nicht wissen wann der letzte Bus fährt. Wir kommen an und haben
noch über zwei Stunden Zeit bis zur Schließung. Gegenüber ist eine Pizzeria,
wir studieren kurz die Speisekarte und gehen hinein. Wer sitzt dort? Helen und
Terry. Sie hatten drei Stunden länger wie wir auf diese Strecke benötigt und
hatten hundert Meter weiter in einem Hotel gebucht. Sie hatten sich ausgeruht
und waren noch nicht zur Kathedrale gegangen. Wir haben zusammen unsere Ankunft
und meinen Geburtstag gefeiert, gut gegessen und getrunken und noch lange über
unseren gemeinsamen Camino erzählt. Manche Story aus vergangenen Tagen wurde
erzählt und wir haben sehr viel gelacht. Manche Gäste haben uns vorwurfsvoll
angesehen, aber das waren keine Spanier, die hätten für uns Verständnis
gezeigt. Heute war ganz allein unser Tag. Ich darf zu Recht behaupten, ich habe
nie einen schöneren Geburtstag gehabt und das verdanke ich nur meiner
Partnerin. Sie hatte die Idee gehabt, die letzten Etappen so zu planen, dass
wir an meinem Geburtstag hier ankommen. »Diesen Tag wirst du nie in deinem
Leben vergessen.« Terry und Helen wollen genau wie wir noch einige Tage bleiben
und sich die Sehenswürdigkeiten der Stadt ansehen, wir werden sie bestimmt noch
einmal sehen. Kurz vor Schließung der Albergue haben wir uns verabschiedet und
gingen rüber. Der Nachtwärter verlangte von uns den Beweis, dass wir hier
gebucht hatten, sonst kämen wir nicht rein. Zum Glück hatte ich die Quittung
noch in meiner Geldbörse. Wir werden heute bestimmt einen glücklichen Schlaf
haben.

Zweiter
Tag in Santiago de Compostela
     
    Mittwoch,
den 1. Juni 2011
     
     
    H eute wollten
wir eigentlich einmal lange schlafen. Das ist einfacher gesagt als getan. Wenn
man jeden Tag rechtzeitig aufsteht, hat sich der Körper daran gewöhnt. So war
es auch heute. Um 8:00 Uhr war ich aufgestanden, rasiert, geduscht und meine
Wäsche gewaschen. Sie trocknet nun im überdachten Gang zwischen den Gebäuden.
Dort ist es sehr windig und sie wird schnell trocken sein. Ein kleines Problem
hatte ich in der Nacht. Jeder schläft in seiner Unterwäsche in

Weitere Kostenlose Bücher