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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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Ich denke, dass da von uns bestimmt 8-10 kg
zusammen gekommen waren. Es war kurz vor 13:00 Uhr, wir fuhren mit dem Bus in
die Innenstadt. Heute haben wir alle Zeit der Welt, erst um 19:30 Uhr ist die
Abendmesse. Ich denke wir werden anderthalb Stunden vorher versuchen, einen
Platz in der ersten Bank zu bekommen. Sollte der Botafumeiro wirklich
geschwenkt werden, wollen wir dies auch von der ersten Reihe erleben. Gestern
hatten wir noch Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um etwas Näheres zu
erfahren, leider ohne Erfolg. Es stimmt wirklich, dass es nur noch zu
besonderen Kirchenfesten geschwenkt wird, es wird in der übrigen Zeit in der
Bibliothek aufbewahrt. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn das Schwenken von einer
Privatperson oder einer Gruppe bezahlt wird. Man munkelt von einem Preis von
450,00 Euro. Das versilberte Fass hat ein Eigengewicht von 60 kg. Wenn es
gefüllt ist 100 kg. Zwei Mal ist es dabei über das Ziel hinaus aus der Kirche
geschossen. Mal sehen ob sich unser Traum erfüllt. Wir schlenderten durch die
Innenstadt Richtung Kathedrale, die Stadt war gefüllt mit Menschen. Alle Cafés
und Restaurant waren brechend voll. Plötzlich hörten wir vor uns
Dudelsackmusik. Wir schieben uns durch die Menge und sehen eine sehr große
Gruppe Dudelsackspieler in herrlichen Trachten. Sie erfreuten mit ihrer
ausgefallenen Musik die Besucher. Eine ganze Zeit haben wir ihnen zugehört, was
haben wir für ein Glück, dies erleben zu dürfen. Bevor wir vorgestern den Platz
vor der Kathedrale betraten mussten wir durch einen langen Torbogen gehen. In diesem
stand ein Dudelsackspieler und erfreute mit seiner Musik die ankommenden
Pilger. Wir fanden es herrlich, so begrüßt zu werden. Wir kommen zum großen
Platz hinter der Kathedrale. Viele Stufen führen zum Eingang. Jetzt sitzen hier
hunderte festlich gekleidete Menschen und lauschen einer Dudelsackgruppe welche
zum Tanz aufspielt. Sehr viele Paare drehten sich zu dieser herrlichen Musik.
Was ist das? Die Musik hat kurz ausgesetzt und alle Tänzer und Tänzerinnen
schwärmten aus und suchen einen neuen Partner im Publikum. Leider war das auch
schon der letzte Tanz. Die Gruppe brach ab und verließ den Platz. Wir betreten
durch die Westfassade die Kathedrale und stehen wieder vor der Säule »Pórtico
de la Gloria. Auf ihr ist der Baum Jesse, also der Stammbaum Jesu dargestellt.
Oben auf ihr steht der Hl. Jakobus, darüber Christus der Erlöser, umgeben von
den vier Evangelisten. Links von der Säule stehen auf einem Pfeiler die
Propheten Jeremias, Jesaja, Moses und Daniel, letzterer verzückt lächelnd. Nach
Meinung des Volkes freut er sich über die von Künstlerhand geschaffene
barbusige Schönheit gegenüber. Die Oberen der Kathedrale ließen daraufhin die
für die unschicklichen Spekulationen verantwortlichen Brüste abflachen.
Daraufhin protestierte die Landbevölkerung auf ihre Weise. Sie formten einen
Käse in Form einer weiblichen Brust und nannten ihn Tetilla (Brüstchen). Er
wird heute in fast allen Geschäften zu einem teuren Preis angeboten. Wir gingen
durch das 97 Meter lange Mittelschiff und setzten uns im vorderen abgesperrten
Bereich, diese Bänke sind für Betende reserviert. Es war schön wieder hier zu
sitzen und seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Die Stadt Santiago de
Compostela ist neben Jerusalem und Rom eines der bedeutendsten Pilgerziele der
Christenheit. Wir waren sehr stolz, dieses Ziel nach vielen Wochen Pilgern vor
zwei Tagen erreicht zu haben. Die ganze Kirche liegt im gedämpften Tageslicht,
nur der Altarraum ist beleuchtet. In deren Mitte im Lichtgeflimmer barocker
Formen und Farben thront die Statue des Heiligen Jakobus. Sie wurde im 13.
Jahrhundert als Holzstatue gefertigt und im 17. Jahrhundert mit Silberplatten
und Edelsteinen verziert. In späteren Jahren wurde sie aufwendig vergoldet. In
einer höheren Nische steht er nochmals mit derselben Barocken Pracht geschmückt
als Maurentöter. Hinter dem Altar führt eine kleine Treppe nach oben. Erst wenn
man den Apostel umarmt und geküsst hat, ist die Pilgerreise beendet. Wir haben
ihn heute erneut umarmt und uns von ihm verabschiedet. Wir hatten die
Möglichkeit, einen Moment der Stille in der Krypta vor seinem Schrein zu
verweilen. So viele Gedanken und Bitten gehen einem in so einem Moment durch
den Kopf. Wie viele Bekannte hatte uns gebeten »Betet für uns in Compostela«.
Wir haben alle in diesen Tagen in unser Gebet eingeschlossen. Auch meine
Mitpilgerin hat diesen Ort sehr

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