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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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übrigen meinte der Sohn wieder, er koste ja so gut wie nichts. Und wenn das im Wege sei, so solle er ihn gar nichts kosten.
    Nein, nein, das Geld sei es nicht, sagte der Vater hastig. Nun, er werde es sich noch überlegen, er fahre ja erst morgen zurück.
    So führte der Sohn den Vater durch die Kreisstadt Greifswald. Sie trugen beide Anzüge vom Dorfschneider aus Kirchdorf auf Fiddichow, der Stoff aus einer Art Eisendraht gewebt, unverwüstlich. Und der Schnitt der Normalschnitt des alten Dorfschneiders, seit etwa dreißig Jahren unverändert: lange, fast bis ans Knie reichende Jacketts mit unendlich breiten Aufschlägen und zwei Reihen dicker Hornknöpfe, und Hosen, die unten so spitz und eng zuliefen, daß sie den oberen Rand der Stiefelschäfte eng umschlossen. Beim Vater Gummizugstiefel, beim Sohne hohe Schnürschuhe.
    Übrigens das Geld, was ich sagen wollte … setzt der Vater zögernd ein.
    Ja? fragt der Sohn, und eine Ahnung überkommt ihn.
    Du sprachst vorhin von dem Geld. Du hast übrigens Geld.
    Ja? fragt der Sohn nur und macht dem Vater nichts leichter.
    Der Graf schickt immer weiter die Erziehungsbeihilfe, setzt der Vater etwas mühsam fort.
    Und du hast es angenommen, Vater? fragt der Sohn.
    Kann ich es zurückgehen lassen? fragt der Vater dagegen. |272| Du weißt, wie der Postbote Mucki ist, gleich wüßte die ganze Insel, daß wir mit dem Grafen Streit gehabt haben – und wir haben doch keinen gehabt?!
    Und was machst du mit dem Geld, Vater? fragt der Sohn.
    Ich hab’s auf ein Sparbuch angelegt auf deinen Namen, sagt der Vater.
    Bei Raiffeisen? fragt der Sohn.
    Bei Raiffeisen, bestätigt der Vater.
    Der Sohn denkt nach. Er geht langsam neben dem Vater her und läßt die Arme baumeln. Ich will dir erzählen, was du tust, Vater, sagt der Sohn. Es ist doch mein Geld, nicht wahr, und du mußt damit tun, was ich sage?
    Und was müßte ich damit tun? fragt der Vater abwartend.
    Du mußt das Buch auf die Tochter umschreiben, erklärt der Sohn.
    Auf welche Tochter? fragt der Vater verständnislos.
    Nun, sagt der Sohn sachte, auf die Freiin. Und als der Vater immer noch nichts sagt: Auf Christiane, meine ich.
    Ein Sparbuch bei Raiffeisen für Christiane? fragt der Vater.
    Ja, sagt der Sohn.
    Es sind schon bald zweitausend Mark, gibt der Vater zu bedenken.
    Das hat damit nichts zu tun, erklärt der Sohn.
    Es wird mit den Jahren ein Haufen Geld zusammenkommen, sagt der Vater. Du könntest es wohl einmal gut gebrauchen.
    Nein, nein, protestiert der Sohn.
    Ich könnte dir nie so viel Geld geben, sagt der Vater und bleibt hartnäckig. Du weißt, zu essen haben wir immer, aber Bargeld ist auf einem Bauernhof knapp.
    Hat der Graf dir nie geschrieben? fragt der Sohn immer böser.
    Nein, er hat noch nicht geschrieben, sagt der Vater verlegen, vielleicht hat er noch keine Zeit gehabt.
    Also, du läßt das Buch für Christiane umschreiben, sofort, entscheidet Johannes.
    |273| Willst du darum Schlosser werden? fragt der Vater plötzlich.
    Ich will nicht Schlosser werden, schreit der Sohn wütend, ich will Ingenieur werden! Und wenn du
jetzt
nicht tust, was ich sage, gehe ich hier die Straße hinauf und spreche nicht wieder mit dir.
    Ich kann das Sparbuch
jetzt
aber nicht umschreiben lassen, lächelt der Vater. Übrigens soll die Christiane lange krank gewesen sein. Sie war schon in der Nacht sehr krank.
    Du sollst sagen, daß du es tun wirst, Vater. Dann wirst du es auch tun.
    Sie kann auch nicht immer machen, was sie möchte, gibt der Vater zu bedenken.
    Wovon redest du? schreit der Sohn. Wir reden vom Geld! Und jedenfalls kann
ich
tun, was
ich
will, und darum mußt du das Buch umschreiben lassen.
    Der Vater bricht in Lachen aus. Der Sohn sieht ihn überrascht an. Der Vater erklärt, noch immer lachend: Du kannst auch nicht tun, was du willst. Und darum muß ich tun, was du möchtest. So etwas meinst du doch?
    Also rede nicht mehr, sagte der Sohn mürrisch.
    Nein, nein, sagte der Vater beistimmend. Wenn man sieht, wie sie hier das schöne Land in lauter kleine Laubengärten zerschnitzeln, kann es einen grausen.
    Tust du es also? bestand der Sohn.
    Wir wollen nicht mehr davon reden, sagte der Vater. Du weißt, wie der Kaufmann Stavenhagen, der die Raiffeisensache macht, ist: von seinem Hinterzimmer aus erfährt es die ganze Halbinsel.
    Kommen wir nun zu einem Schluß oder kommen wir zu keinem? schrie der Sohn.
    Ich will es mir überlegen, sagte der Vater nachgiebig. Komm, laß uns noch das Stück gehen, bis die Felder

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