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Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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aber sie durfte zu Haus bleiben und seinen Leuten Essen kochen und seine Wirtschaft besorgen. Und wenn ihm grade mal so war, dann schlief er auch bei ihr. Und wenn er sie aus dem Arm losgelassen hatte, so hatte er sie auch schon vergessen!
    Ach, wie das Herz sich aufbäumte und wie es sich wehrte und wie es schrie: ich will nicht, ich ertrage es nicht, ich kann nicht …
    Und sie saß ihm gegenüber, und manchmal sagte er etwas, und das tat ihrem Herzen gut. Und sie lag im Bett neben ihm und lauschte auf seinen Atem, und das konnte die andere nun doch nicht. Und das tat ihrem Herzen wieder gut. Aber am nächsten Tage hörte sie eine Unruhe auf dem Hof. Sie lief hinaus, und da war ihr Mann mit dem Knecht zu Gange. Und sie hatten ein Pferd vor, einen Fuchs mit weißer Blässe, der noch das hanfene Reisehalfter trug…
    Aber das ist ja unser Harras, rief sie, unser Harras aus Schadeleben.
    Und ihr Mann drehte sich nach ihr um und sagte: Ja, natürlich ist das der Harras. Was ist da zu wundern! Ich habe Frau von Brest geschrieben, und sie hat ihn mir verkauft.
    |433| Aber haben wir denn Geld? fragte sie. Ich denke, unser Geld ist lange alle.
    Wir haben immer Geld, wenn wir Geld brauchen. Ernst, laß ihn nun langsam im Trab bis zur Scheune gehen. Es kommt mir vor, als wenn er links vorne etwas lahmt.
    Das macht die lange Bahnfahrt, Herr Gäntschow.
    Und sie wollte etwas sagen, daß er ihr so etwas doch wenigstens vorher mitteilen müßte. Aber der Harras trabte bis zur Scheune. Und sie war so vollständig vergessen, als gäbe es eine Elise Gäntschow, geborene Schütt auf der ganzen Welt nicht.
    Da ging sie ins Haus. Und weil ihr etwas eingefallen war und weil sie wußte, daß der Schlüssel zu ihrer Schlafzimmerkommode an seinem Schreibtisch paßte – sie hatte das aber nicht durch Probieren, sondern durch reinen Zufall gemerkt, und sie hatte diesen Zufall bisher auch noch nie benutzt –, so nahm sie also ihren Kommodenschlüssel und schloß sein Schreibtischfach auf.
    Da lag viel Geld. Viel Papiergeld. Und daneben lag das kleine, schwarze Sparkassenbuch. Und sie schlug es auf, und siehe, es stand nichts mehr darauf. Da legte sie das Buch still zurück. Und an diesem Mittag mußte Johannes Gäntschow allein essen. Und am Abend …
    Sie war nämlich nun schon fest überzeugt, daß ihr Mann sie betrog, und daß er Frau Wendland heimlich traf. Und daß die ihm zugeredet hatte, das Geld zu benutzen. Denn ohne diese Frau Wendland zu fragen, hätte er des Grafen Fidde Geld nie genommen. Also hatte er sie gefragt. Und da er sie doch unmöglich vor ihrem Mann fragen konnte, hatte er sie heimlich gefragt. Und da er sie nach so etwas nicht Rupps-Stupps fragen konnte, waren sie lange heimlich beisammen gewesen. Und wenn sie lange heimlich zusammenkamen, so hatte er sie auch betrogen.
    Und am Abend also nahm sie seine Betten und ging mit ihnen in sein Zimmer – die Mädchen wirtschafteten noch in der Küche, aber das war ihr jetzt alles ganz egal – und ohne |434| ein Wort zu sagen, machte sie ihm sein Bett auf der Chaiselongue zurecht.
    Er saß dabei an seinem Schreibtisch und las in einem Buch und rauchte. Aber nun hob er den Kopf und sah sie an und fragte:
    Schlafe ich jetzt hier?
    Ja, sagte sie und sah ihn herausfordernd mit brennenden Augen an, und die Tränen waren ihr ganz nahe.
    Dies Leben ist eine unübersichtliche Sache, sagte er und strich die Asche von seiner Zigarre ab. Es ist gut, wenn du mir Bescheid sagst. Ich finde mich sonst nicht zurecht.
    Er stand auf und ging an den Ofen und lehnte sich dagegen. Er sah sie an, er fragte: Ich nehme an, es ist wegen Harras?
    Nein, sagte sie und sah ihn wieder an.
    Er dachte nach. Wegen des Geldes? fragte er.
    Nein, sagte sie wieder.
    Er sagte langsam: Ich brauche niemanden, der mich beaufsichtigt und der mir sagt, was ich tun oder lassen darf. Verstehst du, niemanden!
    Du bist mein Mann, sagte sie weinend. O Hans, wir sind verheiratet und getraut, du mußt auch auf mich Rücksicht nehmen.
    Ich habe dir von eh und je gesagt, daß ich kein Ehemann bin, kein Ehemann werde. Ich tue, was ich will.
    Aber du hast mir hundertmal gesagt, daß du mich liebst! rief sie und die hellen, blanken Tränen liefen über ihr Gesicht.
    Er sah sie nachdenklich böse an. Jetzt liebe ich dich bestimmt nicht, sagte er.
    Hans, rief sie noch einmal, du hast es mir in allen deinen Briefen geschrieben, und du hast mir geschrieben, daß ich die Schönste von der ganzen Welt bin …
    Sein Gesicht zog sich

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