Wir hatten mal ein Kind
eigentlich mit mir über Weihnachten?
Aber, Herr Gäntschow, sagt Haase vorwurfsvoll, und was wird hier auf dem Hof? Sie wissen doch, wie knapp wir mit dem Heu sind. Wir fänden ja wohl nicht ein Stengelchen mehr vor, wenn wir den Knechten das Füttern überließen.
Schönschön, sagt Gäntschow leichthin und seufzt ein bißchen.
Er seufzt. Es ist aber natürlich gar kein Gedanke daran, daß diese Weihnachtsreise aufgeschoben oder gar aufgehoben wird. Gereist wird am zwanzigsten Dezember, soviel steht fest. Es ist natürlich nicht ganz leicht, sich grade jetzt vom Hof zu trennen. Die Städter denken immer: im Winter hat der Bauer nichts zu tun. Aber im Winter muß man grade helle sein. Man muß ja die Leute beschäftigen, sie sollen die teure Zeit nicht unnütz vertrödeln, der Winterschlaf darf überhaupt nicht erst aufkommen. Vom halben Tag zum halben Tag grübelt man: was macht der und was tut jener? Holzfahren, Kompost umstechen, Baumgruben ausheben, Maschinen nachsehen, Messer schleifen – immerzu etwas Neues, ein tausendfältiges Mosaik von Kleinarbeit, aber sie macht den Hof für das nächste Jahr schlagfertig!
Haase bringt das natürlich nie fertig, wenn er es ihm auch noch so genau aufschreibt und immer wieder predigt. Er ist nicht wendig genug, er kann sich und seine Arbeit nicht in einer Stunde von Regen- auf Frostwetter umstellen. Wenn die schwarzbunte Färse wirklich grade in den Tagen zum Kalben kommt, wird er erst in Ekstase geraten und dann den Kopf verlieren.
Gäntschow sagt also: Schönschön, und seufzt ein bißchen. Die paar Tage muß es also gehen. Anfang Januar, gleich nach der Entbindung, wird er zurück sein. Die Färse wird ein Einsehen haben und so lange warten. Er schüttelt allen die Hand, |565| er verteilt Weihnachtsgeld, und Haase hat Weihnachtszigarren und Weihnachtsgetränk in Verwahrung. Ein Weihnachtsbaum ist nicht da. Aber wenn die Jungen einen haben wollen, werden sie schon einen besorgen.
Alles Gute, Kapitän! Feiern Sie man auch recht vergnügt, sagt Ziegenspeck im Namen der Mannschaft.
Am Windmühlenberg bleibt Gäntschow noch einmal stehen und sieht auf den Hof zurück. Es ist und bleibt ein schändlicher Anblick. In vier Monaten hat er sich noch nicht daran gewöhnt. Er wird sich auch in vier Jahren noch nicht daran gewöhnt haben. Die Bäume, die er neu gepflanzt hat, diese jämmerlichen, kleinen Besen machen es nur noch schlimmer. Es ist eine ewige, quälende Mahnung, was die Frau, seine Frau, was Elise in seinem Leben angerichtet hat.
Jetzt fährt er wieder einmal vom Hof fort, zu einer Frau. Aber er fährt nur über Weihnachten, aber es gibt keine Wiederholungen. Anfang Januar ist er zurück, und dann endgültig.
Der Zug ist gesteckt voll von Fiddichowern, die nach Bergen oder Stralsund zu den letzten Weihnachtsbesorgungen fahren. Aber er kennt immer noch keinen von seinen lieben Landsleuten. Außerdem sitzt er in der zweiten Klasse – allein. Er trägt einen Pelz und raucht eine gute Zigarre, er sitzt für sich allein. Er ist wirklich wie ein Seemann, der nach langer Fahrt an Land geht. Nun wird er zu seiner Familie hineinsehen – und dann wird er wieder auf Fahrt gehen.
Tausend Frauen leben so – zehntausend. Es ist keine schlechte Lösung. Er lächelt zufrieden, daß ihm dies eingefallen ist. Tia will Aussprache, Klärung. Nun gut, sie soll reden dürfen, so viel sie will, er wird sich alles anhören. Aber es wird auf diese Lösung hinauskommen. Es ist ja nicht einmal Platz genug für sie im Haus.
Der Zug rattert und rattert. Jede Radumdrehung bringt ihn ihr näher. Aber er denkt schon wieder an die Wirtschaft. Hoffentlich friert es jetzt nicht zu hart, wo kein Schnee liegt. Der Weizen gefällt ihm nicht recht. Er muß im Frühjahr |566| Chilesalpeter auf den Kopf haben. Den Roggen hätte er vielleicht doch gegen Schneeschimmel beizen sollen.
Er schläft ein. Als er in Bergen aufwacht und umsteigt, findet er kein leeres Abteil. Zwei Frauen sitzen da … Er ist verschlafen und unlustig. Vierzehn Tage liegen vor ihm, in denen er rein gar nichts zu tun hat, als bei einer Frau zu sitzen. Schon diese Bahnfahrt von drei Stunden wird unerträglich endlos. Er erheitert sich erst wieder, als er merkt, wie entrüstet die beiden Damen über seine qualmende Pfeife sind. Also nebelt er das ganze Abteil ein.
Schließlich gegen Abend kommt er in Tütz an. Es ist niemand an der Bahn. Das ist so schlecht nicht, so kann er nun noch seine anderthalb Stunden still durch
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