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Wir sind nicht schwul (German Edition)

Wir sind nicht schwul (German Edition)

Titel: Wir sind nicht schwul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eireann Nóc
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Video.“
    „Du bist auf ihm eingeschlafen“, erinnert er mich ungeniert.
    Mir fällt nichts ein, womit ich kontern könnte. „Ja“, sage ich deshalb schlicht, weshalb er in schallendes Gelächter ausbricht. Das hilft meinem Selbstwertgefühl nicht sonderlich.
    „Wieso hast du damals eigentlich Oboyashi geschickt, um mich anzuwerben?“, will ich noch von ihm wissen, vor allem, um das Thema zu wechseln. „Das Gespräch mit ihr war schon sehr fragwürdig“, gestehe ich ihm.
    „So?“, fragt er verwundert nach. „Sie ist normalerweise die Richtige für diesen Job. Fragwürdiges Gespräch oder nicht,… es scheint doch geklappt zu haben, sonst wärst du jetzt nämlich nicht hier“, grinst er mich triumphierend an.
    Nachdenklich nickend stimme ich ihm zu. „Ja, aber… und,… naja, wieso überhaupt?“ Gespannt hoffe ich darauf, gelobt zu werden.
    „Du bist schnuckelig“, meint er stattdessen gleichgültig und futtert weiter.
    Ungläubig stiere ich ihn an. „Blödsinn. Warum wirklich?“, hake ich nach, doch Akio hüllt sich in Schweigen.
    Schweigen und ein selbstgefälliges Grinsen. So ein Idiot…

    Nach dem Essen, das das Fräulein aufräumt, führt er mich zurück in die Bibliothek und zeigt mir seine Bücher. Ihm ist nicht entgangen, wie sehr ich mich dafür interessiere. Noch haben wir genügend Zeit, bis wir abgeholt werden.
    „Ich möchte mich wegen vorhin entschuldigen.“
    „Wegen der Sache im Schlafzimmer? Du hast keinen Grund dazu. Ich wäre auch geschockt gewesen, wenn ich plötzlich bei jemand anderen aufgewacht wäre, den ich eigentlich gar nicht kenne. Hattest du Angst?“
    „Vielleicht“, antworte ich vage. „Nein. Angst hätte ich gehabt, wenn mich Jin-sama in der Früh begrüßt hätte.“ Jetzt lache sogar ich.
    „Reiiji-kun ist toll.“ Er lächelt verträumt seine Bücher an.
    „Du hast ihn als Katastrophe bezeichnet.“ Jetzt liegt es an mir, ihn daran zu erinnern, Unschickliches getan zu haben.
    „Eine schöne Katastrophe. Ich verdanke ihm so viel. Er ist es, der uns enger zusammengeschweißt hat und uns lockert. Er ist es, der mit seiner Offenheit und seinem Einfühlungsvermögen dafür sorgt, dass wir alle ehrlich mit uns selbst und unseren Gefühlen sind, dass es uns als Gruppe gut geht. Ich habe wirklich das Gefühl, dass wir mit ihm als Band ewig bestehen können. Er ist es auch, der fast alle Texte schreibt und er bemüht sich wirklich, Englisch zu lernen. Reiiji-kun ist ein kleines Genie, auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht.“ Er lächelt mich an und zündet sich eine Zigarette an.
    Keine Fenster zu haben und zu rauchen ist keine gute Angewohnheit. Die Lüftungsschächte können ein Fenster niemals ersetzen.
    „Ist das so?“, frage ich lächelnd zurück, obwohl es nicht wirklich eine Frage war, sondern mehr eine Feststellung.
    „Wie viele Sprachen sprichst du eigentlich?“ Beim überfliegen seiner Buchtitel, bleibe ich öfter hängen. Und das, was ich sehe, ist nicht nur Japanisch.
    „Japanisch, Koreanisch, Mandarin, Englisch und Französisch. Im Moment lerne ich Spanisch.“
    „Fließend?“
    „Ja, selbstverständlich.“
    „Ach, eh nur. Wieso hast du die Zeit für so etwas?“ Schläft er überhaupt mal?
    „Das geht so nebenbei. Ich merke mir Wörter relativ leicht.“ Und nicht nur Wörter, denke ich mir. Immerhin war er nicht nur als Rockmusiker tätig.
    „Ich komme mir richtig blöd vor.“ Ich schiebe einen Manga, den ich nicht kenne, ganz behutsam ins Regal zurück. Wer weiß, wie pingelig er ist.
    „Wieso?“ Er hat sich mit seiner Zigarette auf einem Sofa breit gemacht. Arme und Beine von sich gestreckt.
    „Ein Niemand im Haus eines wahrscheinlich weltweit bekannten Künstlers.“ In seinem Gesicht regt sich gar nichts. Schweigend bläst er den Rauch aus seinem Mund.
    „Sag doch bitte etwas.“ Unbehagen stehe ich im Raum, weil er keinen Ton von sich gibt. Irgendetwas wäre schon gut gewesen.
    Er stößt einen langen, tiefen Seufzer aus, beugt sich vor und drückt seine Zigarette im Aschenbecher aus, der die Form eines Teddybären hat. Einen flüchtigen Moment verschwende ich mit der Frage, wieso er, in Gottes Namen, so etwas besitzt.
    „Wenn du ein Niemand bist, dann müssen wir wohl dein Herz finden.“
    Eh?
    „Ist doch ganz klar.“ Er stellt den Ellenbogen auf seinem Knie ab und bettet sein Kinn auf seine Handfläche. „Kannst du dich noch daran erinnern, wann du es das letzte Mal hattest? Vielleicht liegt es dort noch

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